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§ 8 LVerfSchG
Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Schleswig-Holstein (Landesverfassungsschutzgesetz - LVerfSchG)
Landesrecht Schleswig-Holstein

Abschnitt I – Aufgaben und Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde

Titel: Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Schleswig-Holstein (Landesverfassungsschutzgesetz - LVerfSchG)
Normgeber: Schleswig-Holstein
Amtliche Abkürzung: LVerfSchG
Gliederungs-Nr.: 12-2
Normtyp: Gesetz

§ 8 LVerfSchG – Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde

(1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben Informationen erheben und verarbeiten.

(2) Die Verfassungsschutzbehörde darf Methoden und Gegenstände einschließlich technischer Mittel zur heimlichen Informationsbeschaffung (nachrichtendienstliche Mittel) anwenden. Nachrichtendienstliche Mittel sind insbesondere

  1. 1.

    die Verwendung fingierter biografischer, beruflicher oder gewerblicher Angaben (Legenden),

  2. 2.

    die Beschaffung, Erstellung und Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen,

  3. 3.

    die Beobachtung des Funkverkehrs auf nicht für den allgemeinen Empfang bestimmten Kanälen und

  4. 4.

    das heimliche Aufklären des Internets, soweit dadurch nicht nach § 1 Abs. 1 Artikel 10-Gesetz vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198), Telekommunikation überwacht oder aufgezeichnet wird, mit Ausnahme öffentlich zugänglicher Informationen.

Nachrichtendienstliche Mittel sind ferner

  1. 1.

    der Einsatz von verdeckten Ermittlerinnen und Ermittlern, Vertrauensleuten, Gewährspersonen und sonstigen geheimen Informantinnen und Informanten sowie von zum Zwecke der Spionageabwehr überworbenen Agentinnen und Agenten,

  2. 2.

    die Anfertigung verdeckter Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen,

  3. 3.

    die planmäßig angelegte Beobachtung, welche

    1. a)

      innerhalb einer Woche länger als 24 Stunden oder

    2. b)

      über den Zeitraum einer Woche hinaus

    vorgesehen ist oder tatsächlich durchgeführt wird (langandauernde Observation),

  4. 4.

    das Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes unter Einsatz technischer Mittel,

  5. 5.

    der Einsatz sonstiger besonderer, für Observationszwecke bestimmter, technischer Mittel zur Erforschung des Sachverhaltes oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes der Zielperson,

  6. 6.

    der Einsatz technischer Mittel zur Ermittlung

    1. a)

      der Geräte- und Kartennummer eines Mobilfunkendgerätes sowie

    2. b)

      des Standortes eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgerätes

    (Ausfindigmachen eines Mobilfunkendgerätes),

  7. 7.

    die Post- und Fernmeldeüberwachung nach dem Artikel 10-Gesetz.

(3) Mit dem Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel dürfen keine strafbaren Handlungen begangen werden. Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel ist nur zulässig, wenn

  1. 1.
    er sich gegen Organisationen, unorganisierte Gruppen, in ihnen oder einzeln tätige Personen richtet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht der Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 5 Abs. 1 bestehen,
  2. 2.
    auf diese Weise Erkenntnisse über gewalttätige Bestrebungen oder geheimdienstliche Tätigkeiten gewonnen werden können,
  3. 3.
    auf diese Weise die zur Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 5 Abs. 1 erforderlichen Nachrichtenzugänge geschaffen werden können oder
  4. 4.
    dies zur Abschirmung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge des Verfassungsschutzes gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist.

Die Verfassungsschutzbehörde darf die so gewonnenen Informationen nur für die in Satz 2 genannten Zwecke verwenden. Unterlagen, die für diese Zwecke nicht erforderlich sind, sind unverzüglich zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Informationen von anderen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können; in diesem Fall sind sie zu sperren und entsprechend zu kennzeichnen.

(4) Die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel ist unzulässig, wenn sich tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dadurch allein solche Informationen erhoben werden, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind. Eine bereits laufende Datenerhebung sowie die Auswertung der erhobenen Daten ist in diesem Falle unverzüglich und solange wie erforderlich zu unterbrechen. Sind bei der Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel versehentlich Informationen aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erhoben worden, sind diese unverzüglich zu löschen. Die Löschung ist zu dokumentieren. Informationen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, dürfen in keiner Weise verwertet oder übermittelt werden.

(5) Die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel nach Absatz 2 Satz 3 ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhaltes oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes der Zielperson auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre. Die Maßnahmen dürfen sich nur gegen Zielpersonen und Kontaktpersonen richten. Sie dürfen auch dann durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(6) Der Einsatz von verdeckten Ermittlerinnen und Ermittlern, Vertrauensleuten, Gewährspersonen und sonstigen geheimen Informantinnen und Informanten sowie von zum Zwecke der Spionageabwehr überworbenen Agentinnen und Agenten (Absatz 2 Satz 3 Nr. 1) und langandauernde Observationen (Absatz 2 Satz 3 Nr. 3) werden von der Leitung der Verfassungsschutzabteilung angeordnet. Im Falle der langandauernden Observation ist die Maßnahme auf höchstens drei Monate zu befristen. Die Verlängerung der Maßnahme bedarf der Anordnung durch die Innenministerin oder den Innenminister; § 8b Abs. 1 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend. Die Verlängerungsanordnung ist der betroffenen Person gemäß § 8b Abs. 3 mitzuteilen; das Parlamentarische Kontrollgremium ist gemäß § 8b Abs. 4 zu unterrichten.

(7) Der Einsatz technischer Mittel zum Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes (Absatz 2 Satz 3 Nr. 4) ist nur zulässig, wenn

  1. 1.

    die Voraussetzungen des § 8a Abs. 2 vorliegen und

  2. 2.

    ohne den Einsatz der technischen Mittel die Ermittlung des Aufenthaltsortes der Zielperson auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

Innerhalb von Wohnungen ist die Maßnahme unzulässig. Sie wird gemäß § 8b Abs. 1 von der Innenministerin oder dem Innenminister angeordnet. Die Anordnung ist der betroffenen Person gemäß § 8b Abs. 3 mitzuteilen. Das Parlamentarische Kontrollgremium ist gemäß § 8b Abs. 4 zu unterrichten. Für die Verarbeitung der erhobenen Daten ist § 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden.

(8) Der Einsatz technischer Mittel zum Ausfindigmachen eines Mobilfunkendgerätes (Absatz 2 Satz 3 Nr. 6) ist nur zulässig, wenn

  1. 1.

    die Voraussetzungen des § 8a Abs. 2 vorliegen und

  2. 2.

    ohne den Einsatz der technischen Mittel die Ermittlung der Geräte- oder Kartennummer oder die Ermittlung des Standortes aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

Die Maßnahme darf sich nur gegen Zielpersonen oder Nachrichtenmittler richten. Sie wird gemäß § 8b Abs. 1 von der Innenministerin oder dem Innenminister angeordnet. Über die Anordnung unterrichtet die Verfassungsschutzbehörde die G 10-Kommission (§ 8b Abs. 2). Ferner teilt sie die Anordnung der betroffenen Person mit; § 12 Abs. 1 und 3 des Artikel 10-Gesetzes findet entsprechende Anwendung. Nach der Mitteilung steht der betroffenen Person der Rechtsweg offen. Das Parlamentarische Kontrollgremium ist gemäß § 8b Abs. 4 zu unterrichten. Für die Verarbeitung der erhobenen Daten ist § 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden, wobei Daten, die von Dritten erhoben worden sind (Absatz 5 Satz 3), einem Verwendungsverbot unterliegen und nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich zu löschen sind. Das Grundrecht des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.

(9) Die Befugnis der Verfassungsschutzbehörde zur Post- und Fernmeldeüberwachung (Absatz 2 Satz 3 Nr. 7) ergibt sich aus dem Artikel 10-Gesetz, wobei die Beschränkungsmaßnahmen gemäß § 8b Abs. 1 von der Innenministerin oder dem Innenminister angeordnet werden. Zuständig für die Anordnung des Verzichts auf die Kennzeichnung von zu übermittelnden Daten, die durch eine Post- und Fernmeldeüberwachung gewonnen worden sind (§ 4 Abs. 3 Satz 1 des Artikel 10-Gesetzes), ist die Leitung der Verfassungsschutzabteilung; die für die Zustimmung zuständige Stelle ist die G 10-Kommission (§ 26a).