Illegales Streaming – Der EuGH nimmt gewerbliche Geräteanbieter, die den Usern den Zugriff auf illegale Streaming-Angebote bewusst eröffnen wollen, nun verschärft in die Verantwortung

Urheberrecht Werk
20.06.2017240 Mal gelesen
Die User illegaler Streaming-Seiten haben sich bisher allenfalls in einer rechtlich strittigen Grauzone bewegt. Nach Auffassung des EuGH verstößt aber der Verkauf eines multimedialen Medienabspielers mit vorinstallierter Open-Source-Software gegen die Urheberrechte der betroffenen Filmproduzenten.

Der Grundsatz

Die User illegaler Streaming-Seiten haben sich bisher allenfalls in einer rechtlich strittigen Grauzone bewegt. Denn anders als beim Filesharing, bei dem illegale Inhalte zum Download und permanenten Verbleib auf dem eigenen Rechner zur Verfügung gestellt werden, konsumiert der Streamende das geschützte Werk "nur" im Browser.

Die Entscheidung des EuGH.

Nach Auffassung des EuGH verstößt aber der Verkauf eines multimedialen Medienabspielers mit vorinstallierter Open-Source-Software, die ihrerseits Hyperlinks zu Websites mit urheberrechtlich geschützten Inhalten (hier: Filme) zugänglich machen, ohne Einwilligung des Rechtsinhabers in jedem Einzelfall gegen die Urheberrechte der betroffenen Filmproduzenten (EuGH, Urteil vom 26. April 2017, Az.: C-527/15).

Der Sachverhalt

Der Mediaplayer "filmspeler" hat den Usern die Möglickheit eröffnet, über das Internet auf ihre Endgeräte eine frei zugängliche Software zu installieren, mit der durch nur einen weiteren Klick ein Zugriff auf Streaming-Angebote ermöglicht wurde. Es handelte sich hierbei um Filmmaterial, für dessen öffentliche Verbreitung nicht in allen Fällen eine Zustimmung des Urhebers vorgelegen hat.

Eine niederländische Stiftung zum Schutz von Uhreberechten hat mit dem Argument gegen den Vertrieb des Gerätes geklagt, dass dessen Verkauf bereits eine "öffentliche Wiedergabe" darstelle und gegen Urheberrechte verstoße, wenn hierdurch einfach und ohne Kosten der Zugriff auf illegal im Internet bereitgestellt Filme möglich gemacht werde.

Die Urteilsgründe

Der EuGH hat dem Kläger Recht gegeben und klargestellt, dass der Verkauf des "filmspelers" eine "öffentliche Wiedergabe" im Sinne der Urheberrechtsrichtlinie (2001/29/EG) ist und nicht lediglich eine "vorübergehende Vervielfältigungshandlung".

In den Urteilsgründen hat der EuGH hervorgehoben, dass durch die Urheberrichtlinie ein hohes Schutzniveau für Urheber sichergestellt werden müsse und daher der Begriff der "öffentlichen Wiedergabe" weit auszulegen sei.

Entscheidend sei in diesem Fall insbesondere, dass die User die Streaming-Seiten durch den Einsatz des Abspielgerätes einfach und ohne weiteren Aufwand erreichen konnten.

Darüber hinaus werde das Gerät in großem Umfang mit Gewinnerzielungsabsicht angeboten.

Nach Auffassung des EuGH liege auch nicht der Ausnahmefall einer nur vorübergehenden Vervielfältigungshandlung vor. Denn dafür sei insbesondere Voraussetzung, dass die Vervielfältigung nur vorübergehend, flüchtig und Teil eines technischen Verfahrens sei und vor allem keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung habe. Dies sei im Falle des "filmspelers" gerade nicht der Fall, weil die Gewinnerzielungsabsicht im Vordergrund des Vertriebs stehe.

Darüber hinaus dürfe die Ausnahme nur angewandt werden, wenn die Verwertung des Werks nicht beeinträchtigt werde. Auch dies sei hier nicht gegeben, weil der Kaufanreiz für die User des Mediaplayers gerade darin bestehe, auf einfache Art und Weise Zugang zu nicht zugelassenen Angeboten zu erhalten. Die Möglichkeit, die Filme auch ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers ansehen zu können, sei im Übrigen vom Anbieter besonders beworben worden.

Fazit

Mit seiner Entscheidung dehnt der EuGH die Verantwortlichkeit für durch Dritte begangene Urheberrechtsverletzungen jedenfalls für gewerbliche Anbieter von Produkten weiter aus, die gezielt für die Nutzung illegaler Inhalte eingesetzt werden können.

Dies ergänzt die Urteile in den Angelegenheiten Svensson und Best Water, in denen der EuGH ebenfalls eine öffentliche Wiedergabe angenommen hat. Dies aber in beiden Fällen mit dem Argument, dass der Link auf bzw. das Einbinden in eine Webseite (sog. Framing) das geschützte Werk einem "neuen Publikum" zugänglich mache. Im Gegensatz zu diesen Fällen, bei denen es um Links zu konkreten Werken ging, die im Wege des Framing zugänglich gemacht worden sind, kann nach der aktuellen Entscheidung des EuGH für das Vorliegen einer "öffentlichen Wiedergabe" schon der Vertrieb eines Mediaplayers ausreichen, der Zugang zu nicht näher spezifizierten urheberrechtlich geschützten Werke ermöglicht.

Der EuGH hat im Übrigen an die Vorentscheidung in Sachen GS Media angeknüpft. In dieser Sache wurde entschieden, dass eine öffentliche Wiedergabe in aller Regel vorliege, wenn Links zu urheberrechtlich geschützten Werken mit Gewinnerzielungsabsicht gesetzt werden. Unter Hinweis auf dieses Urteil entschied das LG Hamburg kürzlich (Beschluss vom 18.11.2016, Az. 310 O 402/16), dass ein Link zu einer Website, auf der ein Foto urheberrechtswidrig angeboten wurde, eine Urheberrechtsverletzung darstelle.

Ganz aktuell hat das LG Hamburg mit Urteil vom 22. Mai 2017 (Az.: 310 O 221/14), den Betreiber der illegalen Live-Streaming-Plattform Stream4u.tv und dessen Zulieferer für die Hardware als Gesamtschuldner zur Zahlung von über 18.000 EUR Schadensersatz verurteilt - die erste gesamtschuldnerische Verurteilung wegen illegalen Streamings.