WALDORF FROMMER: EuGH entscheidet, dass bereits der Verkauf eines Multimediaplayers, der für den Zugriff auf illegale Inhalte konfiguriert ist, eine Urheberrechtsverletzung darstellen kann

WALDORF FROMMER: LG Köln zur Höhe der klägerischen Ansprüche in einem Tauschbörsenverfahren – EUR 600,00 Schadenersatz für Filmwerk angemessen
10.05.201743 Mal gelesen
Mit seinem Urteil vom 26.04.2017 in der Sache „Stichting Brein gegen Jack Frederik Wullems (auch handelnd unter dem Namen „Filmspeler““ (Az. C-527/15) hat der EuGH Rechteinhabern den Rücken gestärkt, deren Inhalte illegal im Internet verbreitet werden.

Sachverhalt

Der Beklagte hatte in den Niederlanden unter dem Namen "Filmspeler" Streaming-Geräte verkauft und diese über sog. "Add-ons" so konfiguriert, dass Käufer bei bestehender Internetverbindung direkten Zugriff auf Inhalte erlangten, die auf Webseiten wie u.a. "Icefilms" oder "Glow Movies HD" bereitgehalten (bzw. verlinkt) wurden. Die Betreiber dieser Webseiten verfügten nicht über die erforderlichen Nutzungsrechte, es handelte sich bei den dortigen Angeboten vielmehr um Raubkopien. Der Beklagte bewarb seine Geräte mit Aussagen wie

"Nie mehr für Filme, Serien und Sport bezahlen, ohne Werbung und Wartezeit direkt empfangbar. Netflix ist damit Vergangenheit!"

Die Klägerin, die niederländische Stichting Brein, forderte ihn auf, den Verkauf der Geräte einzustellen. Sie warf dem Beklagten vor, mit dem Verkauf der vorkonfigurierten Geräte das Recht der öffentlichen Wiedergabe der Rechteinhaber verletzt zu haben. Das Bezirksgericht Midden-Nederland hat das Verfahren ausgesetzt und den EuGH im Wesentlichen um Beantwortung zweier Fragen gebeten:

  • Erstens: ob der Verkauf von Medienabspielgeräten wie im vorliegenden Fall eine "öffentliche Wiedergabe" im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Urheberrechts-Richtlinie (2001/29) darstellt
  • Zweitens: ob das Streaming aus einer illegalen Quelle, wenn nur eine vorübergehende Kopie angefertigt wird, rechtmäßig ist

 

Entscheidung des EuGH

Der EuGH hat beide Fragen deutlich im Sinne der Rechteinhaber beantwortet. Hinsichtlich des Verkaufs der Geräte kommt der EuGH zu dem Ergebnis, dass hierin eine "öffentliche Wiedergabe" liegt. Die Kommission hatte in einer Stellungnahme wie der Beklagte gemeint, der "bloße" Verkauf eines Geräts stelle - anders als bspw. das Setzen eines Links - lediglich eine Bereitstellung von Einrichtungen dar, die eine Wiedergabe ermöglichen. Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe dürfe nicht "unendlich ausgedehnt" werden.

Dieser Ansicht folgte der EuGH nicht. Er stellte vielmehr fest, dass nur durch eine weite Auslegung des Begriffs der Zweck der Richtlinie, nämlich ein hohes Schutzniveau für die Urheber zu erreichen und diesen damit die Möglichkeit zu geben, eine angemessene Vergütung zu erhalten, erreicht werden könne. Der Beklagte habe in voller Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Angebote die entsprechenden "Add-ons" auf den Geräten installiert und die Geräte unter Hinweis auf die so hergestellten kostenlosen Abspielmöglichkeiten beworben. Dies gehe über die bloße Bereitstellung einer Wiedergabeeinrichtung deutlich hinaus. Der Beklagte mache daher selbst die Inhalte der (durch die Add-ons) verlinkten Webseiten öffentlich zugänglich. Es ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht der Niederlande den Verkauf der Geräte verbieten wird.

Auch die zweite Frage beantwortete der EuGH im Sinne der Rechteinhaber. Er stellt klar, dass beim Streaming aus einer illegalen Quelle eine rechtswidrige Vervielfältigung stattfindet und insbesondere die Ausnahmen nach Art. 5 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie (entspr. dem deutschen § 44a UrhG) nicht greifen. Dies ist beachtlich, da der Deutsche Justizminister 2013 in Beantwortung einer kleinen Anfrage der Fraktion "DIE LINKE" mitteilen ließ, die Bundesregierung hielte das reine Betrachten eines Videostreams nicht für eine Urheberrechtsverletzung, auch wenn der Abruf von einer rechtswidrigen Quelle erfolgte. Die Antwort erfolgte damals unter dem einschränkenden Hinweis, die Frage sei bislang nicht höchstrichterlich entschieden und könne nur vom EuGH geklärt werden.

Das ist nunmehr erfolgt.

Der EuGH begründet seine Ansicht damit, dass alle fünf Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift gleichzeitig erfüllt sein müssten. Zudem sei die Vorschrift eng auszulegen. Im vorliegenden Fall fehle es schon an der Voraussetzung, dass alleiniger Zweck des in Rede stehenden Verfahrens sein darf, eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder eine rechtmäßige Nutzung eines Werkes zu ermöglichen. Beides sei hier nicht gegeben. Der Käufer eines der fraglichen Geräte verschaffe sich "in Kenntnis der Sachlage zu einem kostenlosen und nicht zugelassenen Angebot geschützter Werke Zugang". Die rechtmäßige Nutzung eines Werkes werde daher durch das Streaming vorliegend nicht ermöglicht.

Im Ergebnis stellt das Urteil eine deutliche Verbesserung der Position der Rechteinhaber dar. Bislang mussten sie zusehen, wie Dritte sich mit fragwürdigen Angeboten bereicherten, die sich vermeintlich in einer rechtlichen "Grauzone" bewegten. Nunmehr ist klar, welche Farbe diese "Zone" hat: nämlich schwarz!

zum Urteil des EuGH