Zuwendungen an Ärzte ist korruptives Verhalten aber nicht strafbar – BGH

Strafrecht und Justizvollzug
25.06.2012512 Mal gelesen
Zuwendungen und Geschenke an Ärzte durch Pharmareferenten oder Pharmaunternehmen sind nicht selten. Bezweckt wird damit die Verschreibung von Medikamenten eines Unternehmens.

Der BGH hat am Freitag durch Beschluß (AZ: GSSt 2/11) entschieden, daß Kassenärzte, die zum Zwecke der Verordnung von Arzneimitteln Zuwendungen von Pharmaunternehmen entgegennehmen, sich nicht strafbar machen. Der niedergelassene Arzt handele weder als Amtsträger, noch als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen. Daher seien auch Mitarbeiter von Pharmaunternehmen, die Ärzten Zuwendungen zukommen ließen nicht wegen Korruption strafbar.

Der zugrundeliegende Sachverhalt war, daß eine Pharmareferentin Kassenärzten Schecks im Gesamtwert von ca. 18.000 EUR übergeben hatte. Dafür wurde Sie wegen Bestechung im Geschäftlichen Verkehr zu einer Geldstrafe verurteilt. Grundlage der Zahlungen war ein Prämiensystem des Pharmaunternehmens, das vorsah, dem Arzt für die Verordnung von Arzneimitteln des Unternehmens 5 % des Abgabepreises zukommen zu lassen.

Die entsprechende Strafnorm § 299 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr) lautet:

(1) Wer als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er ihn oder einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise bevorzuge.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Handlungen im ausländischen Wettbewerb.

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung begrüßte die Entscheidung, ebenso wie der Präsident der Bundesärztekammer. Ärzte nähmen keine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung war. Das Urteil berücksichtige die freiberufliche Stellung des Arztes.

Vertreter gesetzlicher Krankenkassen, des GKV-Spitzenverbandes oder Vertreter bestimmter Parteien sehen das natürlich anders.

Jedoch entspricht das Urteil der Rechtslage. Der BGH hat nochmals klargestellt: "Darüber zu befinden, ob die Korruption im Gesundheitswesen strafwürdig ist und durch Schaffung entsprechender Straftatbestände eine effektive strafrechtliche Ahndung ermöglicht werden soll, ist Aufgabe des Gesetzgebers."

Diese Angelegenheit zeigt einmal wieder, daß bis auf in fast jeder Kultur der Vergangenheit und Gegenwart als strafbare und nicht hinnehmbare Handlungen (z.B. Mord, Totschlag, Raub, Vergewaltigung) die Schaffung von Straftatbeständen grundsätzlich keiner moralischen Wertung unterliegt und willkürlich sein kann.

So erkennt man einen Wertungswiderspruch, wenn einerseits bestimmte sog. Drogen illegal, Alkohol oder Nikotin aber überall erhältlich und frei konsumierbar sind - und der Staat dafür sogar noch Steuern kassiert.

Ein weiteres Beispiel ist das Verbot des Telefonierens am Steuer (schon das Halten des Handys reicht aus) und die Tatsache, daß andererseits in einem Fahrzeug, daß mit explosiven Verbrennungsgasen betrieben wird, geraucht werden kann, obwohl zusätzlich durch Ablenkung und Anstieg des Kohlenmonoxyds in Blut und Fahrzeugluft nachweisbar die Fahrtauglichkeit gemindert wird.

Beim geplanten neuen Punktesystem zeichnet sich ebenfalls ab, daß keine sachgerechte Gewichtung von Verkehrsverstößen vorgenommen wird.

Als Straftat wird ein Verhalten bezeichnet, daß durch ein Strafgesetz mit Strafe bedroht ist. Dies bezieht sich auf Ordnungswidrigkeiten. Gemäß Artikel 103, Abs.2 Grundgesetz und § 1 StGB kann eine Tat nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Keine Strafe ohne Gesetz.

Die sog. Volksvertreter sollten bei Forderungen von Schaffung neuer Strafgesetze sogleich auch eigenes Fehlverhalten analysieren und unter Strafe stellen, insbesondere, wenn der Bürger die Folgen durch seine Steuern finanziert - aktuelle Beispiele bis auf höchster Ebene gibt es genug.

Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im DAV.

Mail:kanzlei@anwalthesterberg.de