Zur Mithaftung des Tierarztes bei dessen Verletzung durch eine Stute während der Behandlung ihres Fohlens

Zur Mithaftung des Tierarztes bei dessen Verletzung durch eine Stute während der Behandlung ihres Fohlens
21.01.2017138 Mal gelesen
Die versuchte Behandlung eines Fohlens durch einen Tierarzt endete für diesen mit ganz erheblichen Verletzungen und zu einem Rechtsstreit, in dem über die Haftung des Halters und ein Mitverschulden des Tierarztes zu entscheiden war.

Das OLG Hamm hat durch Urteil vom 19.12.2016 (6 U 104/15) bei einem Tierarzt für dessen erlittene Verletzungen durch eine Stute eine Mitschuld zu 1/4 festgestellt. Dieser hatte die Behandlung ihres Fohlens ohne hinreichende räumliche Trennung in unmittelbarer Nähe zu ihr durchzuführen versucht.

Der klagende Tierarzt war von einem Hobbypferdezüchter wegen eines Notfalls zu einem an Durchfall erkrankten ca. drei Wochen alten Fohlen gerufen worden.

Beim Eintreffen des Klägers war die Mutter des Fohlens, eine ungerittene Zuchtstute, in einer Pferdebox von ca. 3m x 3m mit dem Kopf zu hinteren Ecke gerichtet an den Gitterstäben angebunden. Ihr Fohlen befand sich in der vorderen linken Ecke derselben Box mit dem Kopf zu Boxentür. Kläger und Beklagter gingen davon aus, dass für die Behandlung Fohlen und Stute getrennt werden müssten und rechneten mit Widerstand der Stute. Nachdem mehrere Versuche, dem Fohlen ein Halfter anzulegen, scheiterten, begab sich der Kläger ca. 1m weit in den vorderen Teil der Box, um den Fox des Fohlens zu fixieren. In diesem Moment trat die Stute nach ihm und traf den Kläger am Oberschenkel. Dieser erlitt durch den Tritt einen offenen Mehrfachbruch des linken Oberschenkel und weitere Muskel- und Knieverletzungen.

Das Landgericht stellte eine 50%ige Haftung des Beklagten fest. Ein Handeln des Klägers auf eigene Gefahr scheide aus, da er nur aufgrund vertraglicher Absprache mit dem Tierhalter tätig werde. Jedoch müsse sich der Kläger ein Mitverschulden anrechnen lassen, da er bei der Untersuchung fehlerhaft vorgegangen sei. Vor der Behandlung hätte das Fohlen - ggf. unter Mithilfe weiterer Personen - von der Stute getrennt werden müssen.

Das OLG ist der Entscheidung des Landgericht im wesentlichen gefolgt. Das OLG sah bei dem Kläger jedoch ein lediglich leichtes Mitverschulden. Demgegenüber habe der Beklagte die erste Ursache für die zum Schaden gefährliche Situation geschaffen, indem er Muttertier und Fohlen in einer erheblich zu kleinen Box gehalten hatte und das Muttertier zudem unsachgemäß mit vom Fohlen  abgewandten Kopf angebunden habe. Dem Kläger sei insoweit nur vorzuwerfen, dass er keine Einwendungen gegen die vom Beklagten vorgenommenen Vorbereitungshandlungen erhoben und die Gefährdung seiner eigenen Gesundheit nicht vollständig im Blick gehabt habe. Die Gefährlichkeit der Situation sei nicht aus einer risikobehafteten Untersuchungsmethode entstanden, die der Kläger gewählt habe, sondern allein aus der besonderen Situation heraus. Der Kläger habe nicht die Gefahr an sich, sondern lediglich ihr Ausmaß verkannt. Dies zudem nicht aus eigennützigen Gründen, sondern aus Gründen der Hilfsbereitschaft gegenüber dem Beklagten.

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