Wirtschaftliche Verwertbarkeit einer Teil-Zulassung

Gesundheit Arzthaftung
30.05.20081038 Mal gelesen

Gericht stärkt Rechte von Vertragsärzten - Beschluss des Sozialgerichts München vom 15.1.2008, Az. S 38 KA 17/08 ER

Das seit dem 1.1.2007 geltende Vertragsarztrechtsänderungsgesetz hat einige Neuerungen mit sich gebracht. Unter anderem ist es Vertragsärzten nunmehr möglich, ihren Versorgungsauftrag auf die Hälfte zu reduzieren. Als Folge dessen stellt sich die für den Arzt interessante Frage, ob sich der frei werdende Teil seiner Zulassung wirtschaftlich verwerten lässt. Liegt sein Vertragsarztsitz in einem Gebiet, für das Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, hängt diese Frage zusammen mit dem Problem der Teil- Übertragbarkeit des Vertragsarztsitzes. Der das sogenannte "Nachbesetzungsverfahren" regelnde § 103 SGB V sieht eine Ausschreibung des Vertragsarztsitzes nur in Fällen vor, in denen die Zulassung durch Erreichen der Altersgrenze, Tod, Verzicht oder Entziehung endet. Für den Fall der Reduzierung des Versorgungsauftrages auf die Hälfte ist gesetzlich kein Nachbesetzungsverfahren vorgesehen.

Das Sozialgericht München hatte sich kürzlich mit dem Antrag eines Arztes auf Ausschreibung der Hälfte seines Vertragsarztsitzes zur Nachbesetzung zu befassen. Ziel sollte sein, die Praxis mit dem "Teil-Nachfolger" in einer örtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis) fortzuführen. Unter Hinweis auf § 103 SGB V lehnte die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns die Ausschreibung der Hälfte des Vertragsarztsitzes ab. Das Sozialgericht München jedoch stellte sich auf die Seite des Arztes. Zwar sei die Beschränkung des Versorgungsauftrages auf die Hälfte vom Wortlaut des § 103 SGB V nicht erfasst. Sinn und Zweck der Regelung sei es aber, die wirtschaftliche Verwertungsfähigkeit einer Praxis in den für Neuzulassungen gesperrten Bezirken zu erhalten. Es handele sich um einen Ausfluss aus der grundrechtlich verbürgten Eigentumsgarantie und dem Recht am ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb. Im Sinne des Grundgesetzes sei § 103 SGB V daher so auszulegen, dass auf Antrag des Arztes ein Nachbesetzungsverfahren auch im Fall der hälftigen Reduzierung des Versorgungsauftrages einzuleiten sei. Laut Gericht spricht für diese Auslegung der Vorschrift auch der Umstand, dass andernfalls ein Nachbesetzungsverfahren zwar im Fall einer (unfreiwilligen) hälftigen Entziehung einer Zulassung durchgeführt werden könnte, nicht aber im Fall der freiwilligen Beschränkung auf die Hälfte des Versorgungsauftrages.

Der Entscheidung des Sozialgerichts München ist zuzustimmen. Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung des Bundessozialgerichts ist aber damit zu rechnen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder Anträge auf Teil-Ausschreibungen ablehnen werden. Ärzte sollten sich in einem solchen Fall an einen auf Medizinrecht spezialisierten Rechtsanwalt wenden.

Laux Rechtsanwälte