Wieso erhalten die Plattenverlage die hinter der IP stehenden Verkehrsdaten?

Medien- und Presserecht
23.10.2010914 Mal gelesen

Nach einer aktuellen Entscheidung des OLG Köln (Beschluss vom 05.10.2010 zum Aktenzeichen 6 W 82/10) kann dem Inhaber eines Internetanschlusses bei illegalen Up-/Downloads ein Beschwerderecht im Auskunftsverfahren eingeräumt werden. Nach § 101 Abs. 9 UrhG kann dem Rechteinhaber ein Auskunftsanspruch zuerkannt werden gegen den Provider auf Bekanntgabe entsprechender Verkehrsdaten.

Den Abmahnschreiben in Filesharerfällen ist häufig die Kopie eines entsprechenden landgerichtlichen Beschlusses beigefügt. Damit soll dokumentiert werden, wie die hinter der IP stehenden Verkehrsdaten zugeordnet werden konnten. Der Anschlussinhaber selbst wird in das Verfahren regelmäßig nicht eingebunden und erkundigt sich dann in der anwaltlichen Beratung, wieso denn ein gerichtliches Verfahren geführt wurde und wieso der Anschlussinhaber nicht beteiligt wurde?

Konkret ging es um einen Rechteinhaber, der nach Feststellung eines illegalen Downloades/Uploades über den Provider die IP des Anschlussinhabers erlangt hatte und dann den Inhaber zur Abgabe der strafbewährten Unterlassungserklärung aufgefordert hat. Der Anschlussinhaber selbst hat sich dann gegen die vom Provider erteilte Auskunft ohne Inkenntnissetzung gewandt. Mit ihrer Beschwerde beanstandet die Anschlussinhaberin, dass der Provider Informationen über ihren Internetanschluss weitergegeben und das LG dies gestattet habe, ohne sie davon in Kenntnis zu setzen.

Das OLG Köln hat folgende Punkte herausgearbeitet: Das Beschwerderecht stehe dem Anschlussinhaber auch dann noch zu, wenn der Provider die Auskunft erteilt hat und sich damit der Streitstand erledigt hat. Der Inhaber des Internetanschlusses werde durch die gerichtliche Verpflichtung zur Herausgabe der Daten weiterhin erheblich beeinträchtigt, da nach erteilter Auskunft der Rechteinhaber sich an ihn wende und er sich einer vorgeworfenen Urheberrechtsverletzung ausgesetzt sehe. Ohne eigenes nachträgliches Beschwerderecht im Anordnungsverfahren wäre die Verteidigung wesentlich erschwert. Die im Einzelfall fehlerhafte Feststellung der Verkehrsdaten kann ja erst in einem späteren Verfahren gegen den Rechteinhaber wegen eines Down-/Uploades geprüft werden.

Also kann gegen den Beschluss auf Herausgabe der Verkehrsdaten hinter der IP auch der Anschlussinhaber Beschwerde einlegen. In eine andere Richtung hatte das OLG Köln (MMR 2009, 547) noch in der Entscheidung "John Bello Story 2" entschieden und dort ein Beschwerderecht des vermeintlichen Täters verneint.

Das Beschwerdegericht prüft aber nicht, ob der Provider z.B. eine falsche IP-Zuordnung vorgenommen hat, der Anschlussinhaber im Urlaub war zum vermeintlichen Tatzeitpunkt oder andere den Anschluss genutzt hatten.

Geprüft wird, ob eine Urheberrechtsverletzung im gewerblichen Ausmaß vorgeworfen wird. Wann das der Fall ist, bleibt nach wie vor umstritten. Bei dem Download eines älteren Albums kann nach Auffassung des OLG das gewerbliche Ausmaß wegfallen. In einer etwas älteren Entscheidung hat das LG Kiel (MMR 2009, 643) das gewerbsmäßige Ausmaß bei einem einmaligen Herunterladen auch in einem Filesharing-System verneint.

Gegen den Beschluss ist die Einlegung einer Rechtsbeschwerde zugelassen worden. Es muss also noch abgewartet werden, ob und wie sich der BGH dazu äußern wird.

Im Einzelfall sind also die von den abmahnenden Kanzleien beigefügten Beschlüsse genau zu prüfen, gerade auch im Hinblick auf Vorgaben des Datenschutzrechtes und im Hinblick auf die Frage eines im Einzelfall eintretenden Verwertungsverbotes.