Widerspruch Lebensversicherung: Was bedeuten die beiden im Sommer 2014 ergangenen BGH-Urteile für Versicherte, die selbst widerrufen möchten?

Widerspruch Lebensversicherung: Was bedeuten die beiden im Sommer 2014 ergangenen BGH-Urteile für Versicherte, die selbst widerrufen möchten?
12.09.2014289 Mal gelesen
Der Widerspruch als Abwehr gegen den Rückkaufswert beschäftigt Versicherte, Versicherungen und auch die Gerichte. Dass es sich jedoch um eine komplizierte Thematik handelt, zeigen zwei sehr unterschiedliche BGH-Urteile aus diesem Sommer demonstrieren.

Dass normale Versicherungsverträge für Schlagzeilen sorgen, ist eher selten. Nicht so im Sommer 2014, im welchem Renten- und vor alllem Lebensversicherungen wiederholt zum Gegenstand der Presseberichterstattung wurden. Zum einen wurden mit dem Lebensversicherungsreformgesetz die Weichen für die Zukunft dieser Versicherungsart gestellt. Zum anderen sorgten auch Altverträge für Schlagzeilen. Denn der Bundesgerichtshof hatte sich wiederholt mit dem Widerruf von Renten- und Lebensversicherungsverträgen auseinandergesetzt.

 

In zwei Fällen hatten die Richter zu entscheiden, ob Versicherte ihren Versicherungsvertrag auch noch nach einer Kündigung wiederrufen können und ob sie mehr Geld als den ausbezahlten Rückkaufswert erhalten können. Der BGH kam in den beiden Fällen zu unterschiedlichen Ergebnissen: Einmal wurde der Widerspruch des Versicherten als rechtmäßig erachtet und einmal wurde dem Versicherten dieses Recht verwehrt. Für Verbraucher senden diese beiden Urteile in erster Linie das Signal aus, dass es es nicht einfach zu erkennen ist, ob der Widerruf ein gangbarer Weg ist, um mehr Geld als den Rückkaufwert von der Versicherung zu fordern.

 

BGH-Entscheidungen verdeutlichen, wie kompliziert die Rechtslage beim Widerruf von Versicherungsverträgen ist

 

Dass zwei Widersprüche von Versicherten unterschiedlich beurteilt wurden, ist auf die komplexe Rechtslage zurückzuführen. Denn Kleinigkeiten in den einzelnen Vertragswerken können entscheidenden Einfluss auf die juristische Bewertung haben. Und die gesetzlichen Vorschriften, die den Widerruf - genauer den Widerspruch - ausgestalten und regeln, sind komplex und haben sich im Lauf der Jahre auch immer wieder verändert. Dass diese gesetzlichen Regelungen große Auswirkungen auf den Einzelfall haben, zeigte sich auch bei dem beiden schlagzeilenträchtigen BGH-Urteilen aus dem Sommer 2014.

 

Eine besonders bedeutende Entscheidung ist das Urteil vom 16.07.2014. Der BGH hatte zu entschieden, ob ein Lebensversicherungsvertrag bereits deshalb wiederrufbar ist, weil beim Vertragsabschluss das Policenmodell angewendet wurde. Der Versicherungsvertrag galt erst dann als abgeschlossen, wenn der Versicherte nach Erhalt der Unterlagen 14 Tage lang nicht dem Vertragsschluss widersprach. Diese spezielle Variante des Vertragsabschlusses wurde von Versicherten als nicht europarechtskonform angegriffen, sodass deswegen ein Widerspruch gegen den Versicherungsvertrag möglich sei solle. Dieser Auffassung schloss sich der BGH nicht an - das Policenmodell sei kein Verstoß gegen Europarecht. Eine Lebensversicherung sei nicht schon deshalb widerrufbar und rückabwickelbar, weil sie im damals gesetzlich vorgeschriebenen Policenmodell abgeschlossen wurde (Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 73/13). Und auch den zusätzlich erklärten Widerspruch des Klägers behandelte der BGH als verspätet, da die gesetzlich vorgeschriebene Höchstfrist für den Widerruf von einem Jahr nach der ersten Prämienzahlung schon abgelaufen war.

 

Ob ein Widerspruch gegen einen Lebens- oder Rentenversicherungsvertrag noch möglich ist, ist einzelfallabhängig

 

Dass dieses Urteils aber nicht mit dem Aus des Widerruf einer Lebens- oder Rentenversicherung gleichzusetzen ist, zeigt ein weiteres BGH-Urteil aus diesem Jahr. Dort wurde der Widerspruch viele Jahre nach dem Vertragsschluss und nach einer Kündigung zugelassen. Denn in diesem Fall war ein entscheidenden Detail anders als bei dem im Juli 2014 entschiedenen Fall: Der Kläger war beim Vertragsabschluss nicht ordnungsgemäß auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen. Dies führte, dazu, dass die Rechtslage anders beurteilt wurde: Die einjährige Höchstfrist für den Widerspruch ist dann nicht mit europarechtlichen Vorgaben vereinbar, wenn es an einer ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung mangelt (Urteil vom 07.05.2014, Aktenzeichen: IV ZR 76/11). Der Kläger konnte daher wirksam widersprechen und Geld fordern.

 

Diese beiden BGH-Urteile demonstrieren, wie komplex die Rechtslage rund um den Widerspruch bei Lebens- und Rentenversicherung ist. Aber es wurde auch bestätigt, dass der Widerruf einer Renten- und Lebensversicherte ein Ansatzpunkt ist, wenn sich Versicherte gegen unbefriedigende Ergebnisse einer Kündigung oder ähnliches wehren möchten. Wenn Lebens- oder Rentenversicherte sich nicht mit dem Ergebnis einer Kündigung abfinden möchten und sich angesichts dieser verzweigten Rechtslage fragen, wie ihr konkreter Fall zu bewerten ist, sollten sie sich Rechtsrat einholen.

 

Mehr Informationen rund um den Widerruf von Versicherungsverträgen befinden sich auf der von der Kanzlei Dr. Stoll & Kollegen herausgegebenen Internetseite www.widerrufsrecht-anwalt.de.

 

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