Wann ist der Abschluß eines Ehevertrages sinnvoll ?

Familie und Ehescheidung
28.02.2011999 Mal gelesen
Vereinbaren die Eheleute vor oder nach der Eheschließung nichts, leben sie im sogenannten gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die Ehe schwebt daher auch nicht im luftleeren Raum, sondern es sind mangels individueller Vereinbarung die gesetzlichen Regelungen, anzuwenden.

Nur wer etwas abweichendes für die Ehe und die Rechtsfolgen im Falle des Scheiterns der Ehe wünscht, sollte einen Ehevertrag schließen und darin regeln, die

a)  ehegestaltenden Vereinbarungen, wie Bestimmung des Ehenamens, eheliche Rollenverteilung und Familienwohnsitz, Schlüsselgewalt, Familienunterhalt, Vollstreckungsschutzvereinbarungen und Vereinbarungen über Verfügungsbeschränkungen;
b)  Vereinbarungen mit Scheidungsbezug also den Güterstand, Versorgungsausgleich, Unterhaltsvereinbarungen, Wohnungs- und Hausratsvereinbarungen.

Der Gesetzgeber ist  bei der Kodifizierung der Rechtsfolgen der Ehe und der Scheidung von dem archaischen Bild der Hausfrauenehe mit zwei Kindern ausgegangen. Beide Ehegatten heiraten üblicherweise in noch nicht allzu fortgeschrittenem Alter das erste mal. Der Ehemann arbeitet und verdient alleine, die Ehefrau versorgt Haushalt und Kinder. Die gesetzlichen Regeln über den Zugewinn, Unterhalt, Hausrat, Wohnung und Versorgungsausgleich dienen in erster Linie dazu, ehebedingte Nachteile, die ein Ehegatte  -in der Regel die haushaltsführende Ehefrau- dadurch erleidet, dass sie wegen der Haushaltsführung und Kinderbetreuung nicht berufstätig sein kann.

Wem eine solche Hausfrauenehe vorschwebt, braucht in der Regel weder einen Ehevertrag noch eine Trennungs- und Scheidungsvereinbarung, da der Gesetzgeber für diesen Fall ein umfangreiches gesetzliches Instrumentarium zur Verfügung stellt.

Nur wer von diesem gesetzlichen Leitbild abweichen will, sollte seine Ehe vertraglich regeln, da die gesetzlichen Regeln dann nicht "passen".

Ein Ehevertrag bzw. eine Trennungs- und Scheidungsvereinbarung sollte insbesondere in nachfolgenden Fallkonstellationen  geschlossen werden:

1. DINKS-Ehe (Double Income, No Kids):
Hier arbeiten beide Ehegatten nach Eheschließung weiter, wie zuvor auch. Nachteile, die ein Ehegatte "erleidet", weil er weniger verdient als der andere, sind nicht ehebedingt, da bereits vor Eheschließung der Einkommensunterschied da war. Ein Ausgleich für nicht erfolgte ehebedingte Nachteile ist nicht notwendig, wird aber vom Gesetzgeber aufgezwungen, wenn keine ehevertragliche Regelung Abweichendes vorsieht.

2. DINKS-Ehe mit Tendenz zur Einverdienerehe. Zuerst wollen beide noch arbeiten, erst wenn ein gemeinsamer finanzieller Grundstock geschaffen ist, sollen Kinder her und die Ehefrau das arbeiten aufgeben:
Hier können ausgleichungsbedürftige Nachteile erst im Laufe der Ehe entstehen, wenn die Ehefrau die Erwerbstätigkeit zugunsten der Haushaltsführung und Kinderbetreuung aufgibt. Hier kann durch notariellen Vertrag eine auflösende Bedingung (z.B. der Gütertrennung) oder ein Rücktrittsrecht vereinbart werden. Im Güterrecht kann auch nur die Zeit der Kinderbetreuung ausgeglichen werden, ebenso im Versorgungsausgleich.

3. Wiederverheiratung im vorgerücktem Alter:
Es dürfte auch einem rüstigen Greis einleuchten, dass die große Liebe der jugendlichen Angebeteten mehr dem potenten Bankkonto gilt als dem Inhaber. Zur Absicherung der Kinder aus vorangegangener Ehe empfiehlt sich hier ein wechselseitiger Erbverzicht, evt. sogar Pflichtteilsverzicht, Ausschluß des Versorgungsausgleichs und die Erteilung von Vorsorgevollmachten an vertrauenswürdige Drittpersonen.

4. Ehe von Unternehmern und Freiberuflern.
Die gesetzlichen Regelungen können hier zu groben Unbilligkeiten, mitunter sogar zur beruflichen Existenzvernichtung führen. Der Selbständige erzielt meist einen höheren Zugewinn, der angestellte Ehepartner dafür gesetzliche Rentenanwartschaften. Müsste dies ausgeglichen werden, könnte es nach langer Ehe dazu führen, dass der Selbständige sein Geschäft verkaufen muß um den Zugwinnausgleichsanspruch zahlen zu können. Der andere Ehegatte würde dafür fast die Hälfte seiner Rentenanwartschaften verlieren. Damit wäre beiden nicht gedient. Hier empfiehlt sich  die Vereinbarung einer modifizierten Zugewinngemeinschaft, der Ausschluß des Versorgungsausgleichs und Vollstreckungsschutzvereinbarungen.

5. Diskrepanzehen.
Darunter versteht man Alters- oder Vermögensdiskrepanzehen.
Für Altersdiskrepanzehen gilt das unter 3. gesagte. Für Vermögensdiskrepanzehen empfiehl sich entweder Gütertrennung oder die Modifikation der Zugewinngemeinschaft.  Denn Zugewinn aus Vermögen (Zinsen), das mit in die Ehe gebracht wurde, wurde nicht gemeinsam erwirtschaften, somit besteht keine Veranlassung ihn auszugleichen.

6. Ehe mit (hoch-)verschuldetem Ehegatten.
Auch hier ist die Zugewinngemeinschaft zu modifizieren, da ein Schuldenabbau während der Ehe nicht ausgleichungspflichtig ist.
Beispiel: Die Ehefrau hat zu Ehebeginn ein Vermögen von DM 10.000,--, zu Eheende von DM 50.000,--. Der Ehemann hat zu Ehebeginn Schulden in Höhe von DM 100.000,--, am Ende der Ehe nur noch in Höhe von DM 10.000,--. Mathematisch korrekt hat der Ehemann einen höheren Zugewinn erzielt als die Ehefrau, nämlich DM 90.000,-- (um soviel konnte er die Schulden abbauen). Die Ehefrau hat hingegen nur DM 40.000,-- hinzugewonnen.
Juristisch ist der Zugewinn des Ehemannes "Null", da der Zugewinn nicht höher sein kann als das Endvermögen und das ist immer noch negativ. Die Ehefrau müßte also DM 20.000,-- Zugewinnausgleich bezahlen. (DM 40.000,-- ./. DM 0,--):2 = DM 20.000,--)

7. Ehe mit Ausländern oder mit Auslandsbezug
Auch hier empfiehlt sich ein Ehevertrag mit Rechtswahl, insbesondere mit Ehegatten aus moslemischen Staaten. Selbes gilt bei deutschen Ehegatten, die entweder Grundvermögen im Ausland besitzen oder planen, die Ehe im Ausland zu führen, sei es aus beruflichen, sei es aus privaten Gründen. Hier sollte soweit wie möglich vereinbart werden, dass ein ganz bestimmtes Recht (z.B. deutsches Recht) auf die Ehe und eine mögliche Scheidung anwendbar sein soll, damit es nicht zu einem bösen Erwachen ("Nicht ohne meine Tochter") kommt. Beispiel: Es gibt ein deutsch-iranisches Kindschaftsabkommen, wonach sich die elterliche Sorge nach dem jeweiligen Heimatrecht des Ehemannes richtet. Wer also einen Perser heiratet, verliert de facto die elterliche Personen- und Vermögensfürsorge sukzessive mit fortschreitendem Alter der Kinder, wenn der Ehemann mit den Kindern in die Islamische Republik Iran übersiedelt! Wenn hier keine individuelle Regelung rechtzeitig erfolgt, weil keine Einigung zwischen den Ehegatten erfolgt, gilt der alte familienrechtliche Spruch "Ein Perser gehört vor das Bett und nicht in das Bett".