VW-ABGASSKANDAL: ANSPRÜCHE BETROFFENER FAHRZEUGINHABER

VW-ABGASSKANDAL: 	ANSPRÜCHE BETROFFENER FAHRZEUGINHABER
15.09.2016290 Mal gelesen
Käufer von Fahrzeugen der Volkswagen-Gruppe, die vom Abgasskandal betroffen sind, können Ansprüche gegen den Verkäufer des Fahrzeugs geltend machen. Dies umfasst in jedem Fall die Nachbesserung des Fahrzeugs. Ebenso ist die Rückabwicklung des Kaufs möglich.

Die Europäische Kommission wirft der Volkswagen AG nunmehr ausdrücklich vor, im Rahmen des VW-Abgasskandals gegen europäische Verbrauchergesetze verstoßen zu haben. Laut "Die Welt" sollen noch im September Gespräche zwischen der EU-Kommission und nationalen Verbraucherschutzbehörden sowie Aufsichtsbehörden stattfinden, um zukünftig gemeinsam mit Verbraucherschützern eine Strategie zur Durchsetzung von Entschädigungen zugunsten der Verbraucher zu erarbeiten. Dafür wertet die EU-Kommission derzeit Informationen zum VW-Abgasskandal aus allen EU-Ländern aus.

 

Dies nährt die Hoffnung der Verbraucher, ihre Rechte erfolgreicher durchsetzen zu können.

 

Bereits am 18.09.2015 hatten die US-Behörden die Öffentlichkeit in den USA informiert, dass bei Abgastests an Diesel-Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns Manipulationen festgestellt wurden und hierdurch gegen amerikanische Umweltgesetze verstoßen werde. Dieser von US-Behörden aufgedeckte Abgasskandal der Volkswagen AG ist seit dem 20.09.2015 auch der deutschen Öffentlichkeit bekannt.

 

Aktuell kann festgehalten werden, dass die Volkswagen AG in Fahrzeugen mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189 eine Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung zur Umgehung gesetzlicher Abgasnormen verwendet hat. Die im Fahrzeug eingebaute Software optimiert die Stickoxidwerte (NOx) im Prüfstandlauf, so dass die Überschreitung der gesetzlichen Abgaswerte verschleiert wird. Zum einen wurden hierdurch diejenigen Kunden getäuscht, die beim Fahrzeugerwerb Wert auf die beworbenen, umweltfreundlichen Emissionswerte legten. Zum anderen weist das erworbene Fahrzeug damit einen Mangel auf, der zu einem Wertverlust und schlimmstenfalls sogar zur Stilllegung des Fahrzeugs führen könnte. Beide Umstände rechtfertigen Rechtsschritte.

 

Dabei bestehen für die Käufer von Fahrzeugen der Volkswagen AG grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

 

Sie können entweder den Kaufvertrag über den Erwerb des Fahrzeugs anfechten und den Kauf rückabwickeln (siehe 1.). Alternativ können die Käufer auch Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag geltend machen (siehe 2.).

 
  1. Anfechtung des Kaufvertrages
 

Kunden, die ihr Fahrzeug jedenfalls ab Ende Mai 2014 direkt von der Volkswagen AG erworben haben, haben die Möglichkeit, den Kaufvertrag auf Grund einer arglistigen Täuschung über die tatsächlichen Emissionswerte anzufechten. Dies gilt zumindest dann, wenn die Emissionswerte für den Kunden mit kaufentscheidend waren und sie das Fahrzeug in Kenntnis der höheren Emissionswerte nicht erworben hätten. Nach Auffassung der ARES Rechtsanwälte liegt es nahe, dass der Vorstand bereits vor Ende Mai 2014 Kenntnis von der Abgasmanipulation im Konzern hatte und der Volkswagen AG deshalb eine arglistige Täuschung ihrer Kunden für Fahrzeugerwerbe vor Mai 2014 vorzuwerfen ist. Dies ist derzeit jedoch nicht sicher belegbar.

 

Für diejenigen Käufer, die ihr Fahrzeug über einen Vertragshändler erworben haben, besteht die Möglichkeit der Anfechtung des Kaufvertrages nur, wenn der Vertragshändler von der Täuschung der Volkswagen AG wusste oder die Täuschung der Volkswagen AG auch als solche des Vertragshändlers gewertet werden kann. Dies ist im Einzelfall zu prüfen. Das LG München I (vgl. LG München I, Urteil vom 14.04.2016, Az.: 23 O 23033/15) hat bereits entschieden, dass der Kaufvertrag über ein Fahrzeug (hier: Seat Ibiza) mit eingebauten Dieselmotor vom Typ EA 189 anfechtbar ist. In diesem Fall erwarb der Käufer das Fahrzeug im Mai 2014 von einem Vertragshändler, den das LG München I als Teil des Volkswagen-Konzerns wertete.

 

Rechtsfolge der Anfechtung ist es, dass der Kauf rückgängig gemacht wird. Der Kunde erhält den Kaufpreis gegen Rückgabe des Fahrzeugs zurück. Er muss sich jedoch sog. Gebrauchsvorteile für die Nutzung des Fahrzeuges anrechnen lassen.

 

Kunden müssen die Anfechtung grundsätzlich innerhalb eines Jahres nach Bekanntwerden der Täuschung (vgl. § 124 Abs. 2 BGB) erklären. Die Frist ist grundsätzlich individuell zu bestimmen. Entscheidend ist, wann der Käufer zuverlässig wusste, ob sein Fahrzeug vom Abgasskandal tatsächlich betroffen ist.

 
  1. Gewährleistungsansprüche

Alternativ zur Anfechtung können Kunden gegen den Verkäufer des Fahrzeugs Gewährleistungsansprüche geltend machen. Mehrere Gerichte haben bereits die überhöhten Emissionswerte bei Dieselmotoren des Typs EA 189 als Mangel qualifiziert und deshalb Gewährleistungsansprüche bestätigt (vgl. u. a. LG Lüneburg, Urteil vom 02.06.2016, Az.: 4 O 3/16; LG München I, Urteil vom 14.04.2016, Az.: 23 O 23033/15; AG Lehrte, Pressemitteilung vom 23.06.2016, Az.: 13 C 549/16 sowie OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, Az.: 28 W 14/16).

 

Der Kunde kann zunächst vom Verkäufer verlangen, das Fahrzeug auf den vertraglich zugesagten technischen Stand nachbessern zu lassen. Kommt der Verkäufer diesem Anliegen trotz zweimaliger Aufforderung nicht nach, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten. Die Rechtsfolgen beim Rücktritt sind ähnlich wie bei der Anfechtung. D. h. der Verkäufer muss das Fahrzeug zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten, erhält aber vom Käufer Ersatz für die Nutzung des Fahrzeuges. Daneben kommen Schadenersatzansprüche des Käufers in Betracht.

 

Darüber hinaus kann der Käufer den Kauf auch ohne eine Aufforderung an den Verkäufer rückabwickeln, wenn sich die Nachbesserung für den Käufer als unzumutbar erweist. Drohen also durch die Software-Updates Leistungsminderungen beim Fahrzeug oder ggf. ein höherer Wartungsaufwand, so kann dies den sofortigen Rücktritt vom Kaufvertrag rechtfertigen (vgl. hierzu Presseberichte zu Urteilen des LG Krefeld vom 14.09.2016, Aktz. 2 O 72/16 und Aktz. 2 O 83/16).

 

Entsprechend hat u. a. das LG Lüneburg (vgl. LG Lüneburg, Urteil vom 02.06.2016, Az.: 4 O 3/16) bereits einen VW-Händler dazu verurteilt, einen VW Passat Variant Diesel wegen des Mangels zurück zu nehmen. Die Frist zur Nacherfüllung von zwei Monaten war nach Auffassung des Gerichts ausreichend und zudem erfolglos verstrichen. Auch das LG München I (vgl. LG München I, Urteil vom 14.04.2016, Az.: 23 O 23033/15) hat entschieden, dass die Kläger auf Grund des wirksamen Rücktritts vom Kaufvertrag einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises unter Abzug des gezogenen Gebrauchsvorteils für die bisherige Nutzung gegen Rückgabe des Fahrzeuges haben.

 

Gewährleistungsansprüche verjähren regelmäßig zwei Jahre nach Ablieferung des Fahrzeuges an den Käufer (vgl. §§ 438 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BGB). Die Volkswagen AG bzw. auch deren Vertragshändler erklären gegenüber betroffenen Kunden regelmäßig, auf die Einrede der Verjährung bzgl. der aus dem VW-Abgasskandal resultierenden Ansprüche - verjährt oder unverjährt - zu verzichten. Vor diesem Hintergrund sollte man auch zwei Jahre nach Übergabe des Fahrzeugs nicht auf Rechtsschritte verzichten und diese zeitnah einleiten. Bestätigt sich die Auffassung der ARES Rechtsanwälte, dass der Vorstand bereits vor Mai 2014 Kenntnis von der Abgasmanipulation im Konzern hatte und der Volkswagen AG deshalb Arglist vorzuwerfen ist, würden die Gewährleistungsansprüche frühestens zum 31.12.2018 verjähren. Vom Abgasskandal betroffene Kunden sollten ihre möglichen Ansprüche sowie die individuellen Fristen im Zweifel zeitnah überprüfen lassen.

 
  1. LG Essen: Rechtschutzversicherung muss Kosten tragen
 

Nach der Rechtsprechung des LG Essen (vgl. LG Essen, Urteil vom 18.05.2016, Az.: 18 O 68/16)  hat ein Rechtsschutzversicherer auch die Kosten für die außergerichtliche und gerichtliche Vertretung aus Anlass der Rückabwicklung des Fahrzeugkaufs zu tragen. Nach Auffassung des Gerichts machte der Versicherte seine Ansprüche auf Rückabwicklung des Fahrzeugkaufs nicht mutwillig geltend. Zudem bestehe kein grobes Missverhältnis zwischen dem Kostenaufwand (Kosten außergerichtliche und gerichtliche Vertretung) und dem angestrebten Erfolg (Rückabwicklung des Kaufvertrages). Der Versicherer hatte seine Ablehnung lediglich auf die Mutwilligkeit der vom Kläger beabsichtigten Klage gestützt.

 

Vom Abgasskandal der Volkswagen AG betroffene Kunden können sich mit den Anwälten der Kanzlei ARES Rechtsanwälte in Verbindung setzen, wenn sie ihre Vertretung gegen die Volkswagen AG bzw. deren Vertragshändler zur Geltendmachung möglicher Ansprüche wünschen. Ob Ihr Fahrzeug von den Manipulationen betroffen ist, können Sie mittels "FIN"-Check auf der Internetseite der Volkswagen AG problemlos feststellen.

 

Die Kanzlei ARES Rechtsanwälte ist auf die Vertretung von Anlegern und Bankkunden im Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert und vertritt klagende Aktionäre gegen die Volkswagen AG. Daneben vertreten die ARES Rechtsanwälte Mandanten auch außergerichtlich und gerichtlich gegen die Volkswagen AG bzw. deren Vertragshändler im Hinblick auf Gewährleistungs- und Rückabwicklungsansprüche bezüglich der vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge.