Verstoß gegen Unterlassungserklärung, Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 EUR verwirkt: LG Bochum I-17 O 94/09

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19.12.20092737 Mal gelesen
Wird gegen eine abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung verstoßen, dann ist an den Gläubiger eine Vertragsstrafe zu zahlen. So auch in diesem Fall. Die Klägerin wurde von mir vertreten. Hier die Einzelheiten:

"Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.751,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.07.2009 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %  des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 "Tatbestand:
Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Vertragsstrafenanspruch sowie die Erstattung der Kosten im Hinblick auf eine Abmahnung geltend.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.05.2009 mahnte die Klägerin die Beklagte ab. Im Schreiben war eine von der Klägerin vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung zur Unterschrift durch die Beklagte beigefügt. In dem Schreiben heißt es u.a.

Zur Vermeidung sofortiger gerichtlicher Schritte gebe ich Ihnen daher Gelegenheit, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bis spätestens Mittwoch, den 20.05.2009, 12:00 Uhr, hier eingehend abzugeben. Für die Fristwahrung genügt Übersendung per Telefax an 02307/9731284.

In der vorformulierten Unterlassungserklärung verpflichtete sich die Schuldnerin u.a. zu Folgendem:

a) den Hinweis ?Die Ware wird als DEFEKT verkauft." zu verwenden, sofern auch darauf hingewiesen wird, dass es sich um originalverpackte Neuware handelt;

b) den Verbraucher nicht gesetzeskonform über die nach
§ 312 c Abs. 1 BGB iVm. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoVO erforderlichen Angaben (nämlich das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechtes, sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung, insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und die Rechtsfolgen) in einer dem eingesetzten Kommunikationsmittel entsprechender Weise klar und verständlich vor, während und nach einem Geschäftsabschluss zu informieren.

Ferner heißt es in der vorformulierten Unterlassungserklärung:

Diese Unterlassungserklärung senden Sie bitte im Original an: 
Rechtsanwaltskanzlei Gerstel
Postfach 1469
59157 Kamen
(Zusendung vorab per Telefax an 02307 - 97 31 284 oder per E-Mail an info©rechtsanwalt-gerstel.de
genügt nur zur Fristwahrung)

Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens. vom 11.05.2009 und der vorformulierten Unterlassungserklärung wird auf Bl. 6 bis 8 der Akten verwiesen.

Unter dem Datum vom 29.05.2009 unterschrieb der Geschäftsführer der Beklagten die vorformulierte Unterlassungserklärung und sandte sie per Fax an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Eine parallele Übersendung des Originals erfolgte nicht.

In einem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 03.06.2009 bestätigte die Klägerin den Eingang der Unterlassungserklärung per Fax und erklärte diese anzunehmen. Gleichzeitig erklärte sie in dem Schreiben, auf den Zugang des Originals zu verzichten.

  

Widerrufsrecht
Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von einem Monat ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, E-Mail, Fax) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens am Folgetag des Tages, an dem wir Ihnen die vorliegende Widerrufsbelehrung gesondert in Textform (z.B. Brief, E-Mail, Fax) mitgeteilt haben, jedoch nicht bevor Sie, die. Wäre erhalten haben. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache. Der Widerruf ist zu richten an:

XXXXX


Wegen der weiteren Einzelheiten der Angebote wird auf Blatt 11 ff. der Akte verwiesen.

Mit Schreiben ihre Prozessbevollmächtigten vom 17.07.2009 mahnte die Klägerin die Beklagte daher erneut ab und forderte sie zur Zahlung der Vertragsstrafe von 5.100,00 ? und zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten für das Schreiben nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 ? auf. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf BI. 29/29 R verwiesen.

Die Klägerin behauptet, das Schreiben vom 03.06.2009 der Beklagten am 03.06.2009 vorab per Telefax übermittelt zu haben.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.751,80 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.07.2009 zu zahlen,

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die Gesellschafter der Beklagten hätten das Schreiben vom 03.06.2009 erstmalig mit der Klage zur Kenntnis erhalten. Ein Fax vom 03.06,2009 sei der Beklagten nicht bekannt. Die Beklagte ist der Auffassung, dass eine vertragliche Vereinbarung über die Vertragsstrafe zwischen den Parteien nicht zustande gekommen sei, weil die Beklagte der Klägerin das Original der unterschriebenen Unterwerfungserklärung vom 29.05.2009 nicht übersandt habe. Zudem ist sie der Auffassung, dass die Unterwerfungserklärung zu weit gefasst und pauschaliert sei und nicht auf den Sachverhalt passe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich der dortigen Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll ergänzend Bezug genommen.


Entscheidungsgründe: 
Die Klage ist vollumfänglich begründet.

Die Klägerin kann sowohl die begehrte Vertragsstrafe als auch die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren von 651,80 ? netto verlangen.

1.
Ein Vertragsstrafenanspruch in Höhe von 5.100,00 ? besteht.


a)
Zwischen den Parteien ist ein dahingehender Vertrag zustande gekommen.

Gibt der Abmahner dem Abgemahnten eine inhaltlich komplett ausformulierte Unterlassungserklärung vor, so ist darin das Angebot des Abmahnenden auf Abschluss des Vertrages zu sehen. Dieses Angebot nimmt der Abgemahnte an, wenn er die ihm übermittelte Unterlassungserklärung ohne Änderung unterzeichnet und dem Abmahner zukommen lässt.

Demgemäß kann in dem Schreiben der Klägerin vom 11.05.2009 und der mit übersandten vorformulierten strafbewehrten Unterlassungserklärung ein Angebot gesehen werden. Dieses Angebot weist jedoch die Besonderheit auf, dass die Klägerin im Anschreiben vom 11.05.2009 und auch in der Unterlassungserklärung deutlich macht, dass sie die Unterwerfungserklärung im Original wünscht und ein Fax nur zur Fristwahrung genügt. Damit stellt die Klägerin für die zum Vertragsschluss führende Erklärung der Beklagten ein besonderes Formerfordernis auf. Die nur per Fax übersandte Unterlassungserklärung vom 29.05.2009 genügt diesem Formerfordernis nicht, so dass es dadurch zunächst zu keinem Vertrag gekommen ist.

Da aus dem maßgebenden Empfängerhorizont Zweifel an dem Rechtsbindungswillen der Beklagten bei Abgabe der nur per Fax übersandten Unterwerfungserklärung vom 29.05.2009 nicht ersichtlich sind, ist in der der von der Klägerin vorgegebenen Form nicht genügenden Erklärung entsprechend
§ 150 Abs. 2 BGB eine Annahme mit Modifikationen, d.h. ein Angebot der Beklagten zu sehen. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin das Formerfordernis - Original - selbst aufgestellt hat, liegt es auch in ihrer Hand, darauf wieder zu verzichten und das nun von der Beklagten kommende Angebot anzunehmen. Dies hat die Klägerin mit dem Faxschreiben vom 03.06.2009, in dem sie auch ausdrücklich auf den Zugang des Originals verzichtet hat, getan.

Soweit die Beklagte den Zugang dieses Faxschreibens bestreitet, ist dies zur Überzeugung des Gerichts durch den von der Klägerin vorgelegte Sendebericht vom 03.06.2009 (BI. 66 der Akte) widerlegt. Dieser Sendebericht weist aus, dass am 03.06.2009 um 11:20 Uhr das Schreiben der Klägerin vom 03.06.2009 mit dem Ergebnis ?OK" an die Faxnummer XXXXX, bei der es sich ausweislich der vorliegenden ebay-Anbote der Beklagten um deren Faxnummer handelt, gesandt wurde. Zweifel daran, dass das Faxschreiben nicht bei der Beklagten eingegangen sein sollte, hegt das Gericht unter diesen Umständen nicht.

Einem wirksamen Vertragsschluss stehen schließlich auch etwaige gesetzliche Formerfordernisse nach
§§ 780 f. BGB nicht entgegen, weil dann jedenfalls § 350 HGB einschlägig wäre.

b)
Die Beklagte hat durch die ebay-Angebote mit den Nummern XXXXX und XXXXX die vereinbarte Vertragsstrafe von 5.100,00 ? verwirkt.

Sie hat sich unter 1 b) der Unterwerfungserklärung verpflichtet, es zu unterlassen, den Verbraucher nicht gesetzeskonform über die nach
§ 312 c Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB - infoVO erforderlichen Angaben (nämlich das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts, sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung, insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf der Klägerin ist, und die Rechtsfolgen) zu informieren. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese Verpflichtung sehr weit gefasst ist und dass dieses über das mit der Abmahnung vom 11.05.2009 unter 2.2 im Einzelnen gerügte Verhalten hinausgeht. Mithin bestand seinerzeit keine Veranlassung für die Beklagte, sich in diesem Umfang zu unterwerfen. Wenn die Beklagte dies jedoch gleichwohl getan hat, ist sie auch in diesem Umfang gebunden.

Die somit von der Beklagten eingegangene Verpflichtung umfasst insbesondere auch, eine unzureichende Belehrung über die Bedingungen des Widerrufsrechts zu unterlassen. Zu den zentralen Bedingungen des Widerrufsrechts gehört die einzuhaltende Widerrufsfrist, d.h. deren Beginn und Dauer. Bei Fernabsatzverträgen beginnt die Widerrufsfrist nach
§ 312 d Abs. 2 BGB unter drei Voraussetzungen. Danach ist für den Fristbeginn neben der Widerrufsbelehrung in Textform (§ 355 Abs. 2 BGB) und dem Eingang der Ware beim Empfänger auch das zur Verfügungstellen einer den Anforderungen des § 312 c Abs. 2 BGB entsprechenden Informationen erforderlich. Eine ordnungsgemäße Belehrung muss - wie es auch die Musterbelehrung zur BGB-InfoVO vorsieht - diese drei Elemente enthalten, um über den Fristbeginn zutreffend zu informieren.

Indem die Beklagte in den Widerrufsbelehrungen ihrer Angebote Nrn: XXXXX und XXXXX zwar die beiden ersten Voraussetzungen des Fristbeginns, nicht aber das Zurverfügungstellen einer der Anforderungen des
§ 312 c Abs. 2 BGB entsprechenden Informationen aufnimmt, verstößt sie gegen die gesetzlichen Vorgaben und damit auch gegen die von ihr abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung.

2. 
Die Klägerin kann von der Beklagten gern.
§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ferner die Erstattung der Kosten für die Abmahnung vom 17.07.2009 in Höhe von netto 651,80 ? verlangen. Insoweit hat der Beklagte nach Maßgabe der obigen Ausführungen zu 1 b) gegen die gesetzlichen Vorgaben über die Widerrufsbelehrung verstoßen und sich damit im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG unlauter verhalten. Ein Bagatellverstoß im Sinne von § 3 UWG ist im Hinblick auf die Bedeutung der Widerrufsbelehrung darin nicht zu sehen. Schließlich ist auch der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Berechnung der Kosten zugrunde gelegte Gegenstandswert von 10.000,00 ? im Hinblick auf den geltend gemachten Wettbewerbsverstoß nicht zu beanstanden.

3. 
Der geltend gemachte Zinsanspruch ist unter Verzugsgesichtspunkten nach
§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB berechtigt.

4.
Die Kostenentscheidung beruht auf
§ 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO."


Mit Beschluss vom 03.11.2009 (LG Bochum, Geschäftsnummer I-17 O 94/09) wurde der Gegenstandswert dieses Rechtsstreits auf 5.751,80 ? festgesetzt.


Fazit:
Prüfen Sie sehr sorgfälltig, ob sich Ihr Mitbewerber an die Ihnen gegenüber abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung hält. Stellen Sie einen Verstoß fest, dann sollten Sie die Beweise durch Screenshots, Ausdrucke etc. sichern und mich mit der Geltendmachung der Vertragsstrafe beauftragen. Die Kosten meiner Inanspruchnahme muss Ihnen der Gegner erstatten. Macht er dies nicht, dann können diese Kosten im Klagewege geltend gemacht werden, wie vorgenannter Fall zeigt. Ich stehe Ihnen zur Verfügung.



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