Versehentliche Zahlung an den vorläufigen Insolvenzverwalter ist Insolvenzforderung

Versehentliche Zahlung an den vorläufigen Insolvenzverwalter ist Insolvenzforderung
23.10.20131909 Mal gelesen
Überweist ein Schuldner auf das Anderkonto des vorläufigen Insolvenzverwalters versehentlich das Hundertfache des dem Insolvenzschuldner geschuldeten Betrages, muss der vorläufige Insolvenzverwalter nach Ansicht des Landgerichts Detmold die Überzahlung nicht herausgeben.

Onlinebanking ist eine feine Sache. Ärgerlich, aber nicht unbedingt katastrophal, wenn man sich mit dem Komma vertut und seinem Gläubiger versehentlich den hundertfachen Betrag überweist. Eine Katastrophe ist das Versehen indes, wenn der Empfänger ein vorläufiger Insolvenzverwalter ist. .

 

Am 14. Januar 2004 wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter über das Vermögen eines Büroservice-Unternehmens bestellt. Dieser ließ in der Folge die Firma ihre Rechnungen mit dem Hinweis versenden: "Zahlung mit schuldbefreiender Wirkung nur noch auf das Insolvenz-Anderkonto Volksbank E eG". Einer ihrer Kunden schuldete der Insolvenzschuldnerin für die Reparatur eines HP-Officejet einen Betrag in Höhe von 86,25 €. Der Kunde wollte den Betrag per Online-Banking überweisen, versah sich jedoch mit dem Komma, sodass satt der 86,25 € ein Betrag in Höhe von 8625,00 € überwiesen wurden, also 8.538,75 € zuviel.

Der Kunde forderte umgehend die 8.538,75 € Überzahlung vom vorläufigen Insolvenzverwalter zurück. Dieser meinte, die Überzahlung müsse schriftlich bei ihm angemeldet werden. Am 23. Februar meldete der Kunde den Betrag beim vorläufigen Insolvenzverwalter an, dieser gab das Schreiben am 25. Februar zurück: Er sei noch nicht der Vertreter der Insolvenzschuldnerin. Am 1. März wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der vorläufige Insolvenzverwalter wurde zum Insolvenzverwalter.

Dem Kunden reicht's jetzt und er verklagt den Insolvenzverwalter persönlich auf Zahlung der Überzahlung.

Dieser verteidigt sich mit dem Argument, dass da die Fehlüberweisung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattgefunden habe, der Bereicherungsanspruch eine reine Insolvenzforderung darstelle. Dies gelte auch, wenn die Bereicherung in Zeiten der vorläufigen Verwaltung eingetreten sei und wenn der Wert nach der Verfahrenseröffnung noch vorhanden sei. Gegen ihn persönlich bestünden gar keine Ansprüche, da er die Leistung nicht erhalten habe und ihm auch sonst keine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei.

 

Das Amtsgericht wies die Klage ab.

Dem Beklagten habe als vorläufigem Insolvenzverwalter die Verpflichtung oblegen, das Vermögen der Insolvenzschuldnerin zu schützen, auch im Hinblick auf die Gläubiger des Verfahrens. Besondere Treuepflichten gegenüber Dritten, die auf das Insolvenzanderkonto Geld überweisen, bestehen dagegen nicht. Diese konnten auch allein durch die Aufforderung der späteren Insolvenzschuldnerin, Zahlung solle mit schuldbefreiender Wirkung nur noch auf das Insolvenz-Anderkonto erfolgen, nicht begründet werden. Für die Kundin war zudem erkennbar, dass sie ihre Zahlung an die Insolvenzschuldnerin und nicht an den (vorläufigen) Insolvenzverwalter persönlich leistete. Es bestand lediglich die Besonderheit, dass die Zahlung auf das Insolvenzanderkonto anstelle des Geschäftskontos erfolgte.

Ansprüche aus unerlaubter Handlung seien nicht ersichtlich. Auch Anhaltspunkte für ein veruntreuendes Verhalten des Insolvenzverwalters seien nicht ersichtlich. Dieser handelte aufgrund seiner Ermächtigung in dem Beschluss des Amtsgerichts, in dem er zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden war.

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Fazit: Das Ergebnis ist mehr als ärgerlich, denn die Kundin muss jetzt die Überzahlung als Insolvenzforderung anmelden und bekommt dann, wenn überhaupt, nur eine (magere) Quote. Vielleicht hätte ein sofortiger Anruf bei der Bank die Ausführung der Überweisung noch aufhalten können. In jedem Fall bedarf der Umgang mit Vertragspartnern, die sich in vorläufiger Insolvenzverwaltung befinden der Vorsicht. Ohne anwaltliche Begleitung geht in vielen Fällen gar nichts.

 

(Quelle: Landgericht Detmold, Urteil vom 20.04.2005; 1 O 418/04)

  

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