Verkehrsunfallregulierung – was kann verlangt werden (Schadenspositionen)

Haftpflichtversicherungsrecht
09.10.20081989 Mal gelesen

Manche Verkehrsunfälle kann man auch als Geschädigter regulieren. Andere dagegen bergen (auch versteckt) Probleme in sich, die den Geschädigten bei der Unfallregulierung überfordern bzw. die er gar nicht erkennt. 

Von den gegnerischen Haftpflichtversicherern wird teilweise ein so genanntes Schadensmanagement angeboten, mit welchem eine schnelle Schadenabwicklung betrieben wird, die in den allermeisten Fällen zu Lasten des Geschädigten geht.

Wer glaubt, dass ihm die Versicherungen etwas schenken, der hat sich auf dem Holzweg verirrt! 

Nachstehend werden die einzelnen materiellen und immateriellen Schadenspositionen aufgelistet, um wenigstens einmal einen Überblick über die einzelnen Punkte zu geben.

Es sei aber auch darauf hingewiesen, dass demjenigen, der sich nicht einmal - für "kleines Geld" zum konkreten Unfall beraten lassen will, nicht mehr zu helfen ist. Er wird unweigerlich Geld verschenken und in die unerkannte Forderungs-Verjährung laufen.

 
Inhaltsverzeichnis
 
1. Materielle Schadenspositionen
a) Reparaturschaden
b) Wertminderung
e) Leasingfahrzeuge
f) Sachverständigenkosten
g) Nutzungsausfall
h) Mietwagenkosten
i) Abschleppkosten
j) Standgeld
k) Sicherheitsrelevante Gegenstände
l) Entsorgungskosten
m) Umbaukosten
n) An- und Abmeldekosten
 
2. Regulierungskosten
a) Verzinsung
b) Verzugsschäden
c) Finanzierungsschaden
d) Kreditaufnahme
e) Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung (Quotenvorrecht)
f) Kostenpauschale
g) Anwaltskosten
 
3. Schadenspositionen auf Grund von Verletzung
b) vermehrte Bedürfnisse
c) Heilbehandlungskosten
f) Umbaukosten
 
4.) Ansprüche bei Tötung
a) Beerdigungskosten
b) Unterhaltskosten
 
 
 
1. Materielle Schadenspositionen 
a) Reparaturschaden 

Ist die Reparatur am beschädigten Fahrzeug tatsächlich noch möglich und auch wirtschaftlich gesehen sinnvoll, dann kann auf Reparaturkostenbasis abgerechnet werden.

Der Geschädigte lässt sein Fahrzeug zunächst durch einen vereidigten und unabhängigen Sachverständigen bewerten und gibt das Fahrzeug danach in die Reparatur. 

Daneben kann auch auf so genannter fiktiver Basis abgerechnet werden. Fiktiv abzurechnen meint, dass der Fahrzeugschaden nicht repariert wird, die Reparaturkosten aber netto vom Schädiger erstattet verlangt werden können. 

Häufig nimmt die gegnerische Haftpflichtversicherung hier Abzüge bei den Positionen Unverbindliche-Preis-Empfehlung (UPE) und Verbringungskosten vor. Was dahinter steckt entzieht sich der Kenntnis des juristischen Laien ebenso wie deren rechtliche Einordnung.

Anwaltliche Beratung ist daher erforderlich!

 
b) Wertminderung 

Bei Pkw, die nicht älter als ein Jahr sind und nicht mehr als 30.000 km gelaufen sind, fällt regelmäßig eine Wertminderung des reparierbaren Pkw an. Zwar finden sich in den Sachverständigengutachten Angaben zur Wertminderung, es kommt aber ebenso häufig vor, dass die Sachverständigen die Wertminderung nur sehr gering ansetzen ohne auf die konkreten Feststellungen zur Wertberechnung eingegangen zu sein.

Hier besteht des öfteren (finanzieller) Handlungsspielraum, den man allerdings nur durch einen versierten Anwalt ausschöpfen kann.

 
c) Totalschaden 

Beim Totalschaden unterscheidet man zwischen dem echten und dem wirtschaftlichen Totalschaden. Bei beiden wird die Abrechnung anhand des Wiederbeschaffungswertes abzüglich Restwert vorgenommen. 

Wichtig ist, dass man beachtet, dass man bis zu einer Grenze von 130% des Wiederbeschaffungswertes den beschädigten Pkw reparieren lassen kann. Die Grenze wird anhand des entsprechenden Sachverständigengutachtens errechnet. Hinsichtlich der Angaben in dem Gutachten besteht Vertrauensschutz.

Wer also seinen Pkw anhand des Gutachtens auf der 130% - Basis reparieren lässt, dem muss die Versicherung den darüber hinausgehenden Schaden ersetzen, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Kosten höher ausfallen.

 

d) Abrechnung auf Neuwagenbasis 

Handelt es sich bei dem beschädigten Pkw um ein neuwertiges Fahrzeug, dass nicht mehr als 1.000 km Laufleistung aufweist, dann kann unter bestimmten Voraussetzungen auf Neuwagenbasis abgerechnet werden, mit der Folge, dass ein Neuwagen vom Schädiger zu erstatten ist. 

Hierzu bedarf es auf jeden Fall anwaltlicher Beratung!
 
 
e) Leasingfahrzeuge 

Die Leasing-Problematik soll hier nicht vertieft werden. Der "Geschädigte" sollte sich jedoch bewusst sein, dass er bei einem Unfall seinen Leasinggeber umgehend darüber zu informieren hat und etwaige Zahlungen zur Wertminderung allein dem Leasinggeber zustehen.

Gleichwohl hat der Leasingnehmer mit dem Leasingvertrag sämtliche Rechte zur Schadenregulierung in der Regel übertragen bekommen, und kann die Unfallregulierung grundsätzlich alleinverantwortlich übernehmen. Dennoch schadet ein Blick in den Leasingvertrag nicht!

 
f) Sachverständigenkosten 

Grundsätzlich muss der Schädiger sämtliche Kosten übernehmen, welche im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Unfall stehen. Zu diesen Kosten gehören auch die Kosten für die Beauftragung eines Sachverständigen. 

Der Geschädigte sollte jedoch nicht vergessen, dass er als Auftraggeber für die Erstellung des Gutachtens dessen Kostenschuldner bleibt, d.h. im Falle verzögerter Schadenregulierung für diese Kosten in Vorkasse treten muss. 

Achten Sie darauf, dass in Ihrem Gutachten keine Restwertangebote auftauchen! An solchen Angeboten im Gutachten erkennen Sie den schlechten Sachverständigen!

 
g) Nutzungsentgang / Nutzungsausfallentschädigung 

In einem Sachverständigengutachten wird zugleich die Dauer für die Wiederbeschaffung ausgewiesen. Das ist zunächst einmal der Zeitrahmen in dem sich die maximale Entschädigung für einen Nutzungsentgang bewegt.

Durch eine verzögerte Schadenregulierung kann sich dieser Zeitrahmen jedoch entsprechend verlängern. 

Der Geschädigte muss gegenüber dem Versicherer nachweisen, dass er die Möglichkeit hatte das Fahrzeug zu nutzen und auch den Willen. 

Wer sich bettlägerig im Krankenhaus befindet nach einem Unfall, der hatte in dieser Zeit nicht die Möglichkeit der Nutzung des Pkw, es sei denn, er kann nachweisen, dass ein anderes Familienmitglied den Pkw in diesem Zeitraum genutzt hätte. 

Der Nutzungswille wir in der Regel durch Vorlage der Reparaturrechnung oder des Kaufvertrages für das neue Fahrzeug nachgewiesen.

 
h) Mietwagenkosten
 
Auch die Mietwagenkosten bekommt der Geschädigte grundsätzlich erstattet. Mit dem Abschluss eines Mietwagenvertrags weist der Geschädigte grundsätzlich seinen Nutzungswillen bereits nach. 

Probleme ergeben sich hier meistens hinsichtlich der Einstufung der in eine bestimmte Mietwagenklasse sowie bei den so genannten Mietwagenersatztarifen.

In diesem Bereich ist anwaltliche Beratung erforderlich, sofern Einbußen nicht hingenommen werden sollen.

 
i) Abschleppkosten 

Auch die Abschleppkosten sind erstattungsfähig. Sie gehören zu den unmittelbaren Folgekosten des Unfalls. 

Achtung ist jedoch bei Abschleppunternehmen geboten, welche ein "Rundum-sorglos-Paket" der Schadenregulierung anbieten. Der Unternehmer handelt in den meisten Fällen auf Grund eigenem Profitstreben und nicht selten zu Ungunsten des Geschädigten.

 
j) Standgeld 

Auch bei dem Standgeld handelt es sich um so genannte Folgekosten. Der Geschädigte muss aber die anfallenden Kosten versuchen zu mindern und unnötige Standkosten vermeiden.

 
k) Sicherheitsrelevante Gegenstände 

Sachen wie Sicherheitsgurt, Motorradhelm, Schutzkleidung und Kindersitze, die durch einen Unfall beschädigt wurden, sind vom Schädiger zu ersetzen.

 
l) Entsorgungskosten 

Entsorgungskosten für vollständig beschädigte Fahrzeuge sind auf Nachweis hin zu erstatten.

 
m) Umbaukosten 

Der Schädiger muss grundsätzlich ein gleichwertiges Fahrzeug dem Geschädigten verschaffen. Das heißt, dass er auch die Kosten für eine entsprechende Radioanlage zu ersetzen hat. 

Achten Sie bei besonders wertvollen Musikanlagen darauf, dass die Bewertung der Anlage in das Sachverständigengutachten aufgenommen wird.

 
n) An- und Abmeldekosten 

Auch diese Kosten sind mit Vorlage der Belege durch den Schädiger zu erstatten.

 
2. Regulierungskosten 
a) Zinskosten 

Nur der Wertersatz beim Totalschaden sowie die Wertminderung unterfallen der sofortigen Verzinsung gemäß §§ 849, 246 BGB, jedoch erst nach Ablauf der Nutzungsentschädigung.

Eine Position, welche häufig übersehen wird!
 
 
b) Verzugsschaden 

Während der Zinsschaden mit vier vom Hundert (4%) anfällt, kann die Ersatzsumme mit Eintritt des Zahlungsverzugs mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Rechnung gestellt werden.

 
c) Finanzierungsschaden 

Der Finanzierungsschaden kann erst mit Verzugseintritt geltend gemacht werden. Finanzierungskosten fallen auch erst dann an, wenn der Geschädigte die Reparatur oder die Kosten für den Sachverständigen nicht aus eigenen und verfügbaren Mitteln bestreiten kann. 

Wichtig ist hier, dass der Schädiger zunächst - im Rahmen der Schadenminderungspflicht - darauf hingewiesen wird, dass auf Grund der aktuellen Lage eine Finanzierung angestrebt wird. Erst wenn eine diesbezüglich gesetzte Frist abläuft, kann ein entsprechender Kredit aufgenommen bzw. die Vorfinanzierung durch eigene Mittel (bspw. Auflösung eines Sparvertrags etc.) vorgenommen werden.

 
d) Kreditaufnahme
 
Hierzu gilt das bei 2.c) Gesagte entsprechend.
 
 
e) Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung 

Wer mit seinem vollkaskoversicherten Pkw in einen Unfall verwickelt wurde, dann den Unfall zunächst über seine Vollkaskoversicherung regulieren. Dadurch muss er zwar seine Selbstbeteiligung aufwenden und wird im Schadenfreiheitsrabatt höher gestuft, kann diese weiteren Schäden aber gegenüber dem Schädiger unmittelbar geltend machen. 

Der Vorteil liegt darin, dass der nicht rechtsschutzversicherte Geschädigte im Falle streitiger Haftung oder Mithaftung seinen Schaden größtenteils reguliert bekommt und nur noch auf einem Restrisiko "sitzen bleibt". 

Hier ist jedoch auf jeden Fall anwaltliche Beratung notwendig, um eine konkrete Berechnung vornehmen zu können.

 
f) Kostenpauschale 

Die Kostenpauschale ist ebenfalls vom Schädiger zu erstatten. Hier ist jedoch streitig, ob die Pauschale mit 20,00 ? oder 25,00 ? zu bemessen ist.

Allein daran erkennt man nicht selten die kleinlichen Haftpflichtversicherer.

 
g) Anwaltskosten 

Allein der Beratungsumfang beim einfachen Verkehrsunfall lässt erkennen, dass eine Unfallregulierung keineswegs als einfach zu bezeichnen ist.

Die Anwaltskosten werden daher in der Regel erforderlich sein und müssen von dem Schädiger getragen werden.

 
 
3. Schadenspositionen auf Grund von Verletzungen 
a) Schmerzensgeld 

Im Verständnis des juristischen Laien stellt der Anspruch auf Schmerzensgeld einen wesentlichen Faktor dar - auch wenn dem nicht in allen Fällen so ist. 

Die Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes wird nicht anhand einer so genannten Schmerzensgeldtabelle vorgenommen.

Diese "Tabelle" ist tatsächlich eine Ansammlung verschiedener Urteile diverser Gerichte und auf keinen Fall statisch anzuwenden. 

Jeder Fall ist im Bereich des Schmerzensgeldes auf seine konkreten Einzelheiten hin abzufragen. Das ist ureigene Aufgabe eines Rechtsanwalts! 

Probleme stellen sich bei Halswirbel-Schleudertraumata (HWS) im Bereich einer Anstoßkollision und einer Anstoßgeschwindigkeit im Bereich von 11 km/h und weniger. Das Märchen der Haftpflichtversicherer, dass in diesem Bereich eine Verletzung nicht möglich sei, ist falsch und vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen worden.

Gleichwohl ist dieser Themenbereich derartig komplex und schwierig, dass ohne anwaltliche Hilfe hier interessengerechte Ergebnisse nicht zu erreichen sind.

 
b) vermehrte Bedürfnisse 

Unter dem Begriff "vermehrte Bedürfnisse" fallen alle unfallbedingten und ständig wiederkehrenden Aufwendungen, welche das Ziel haben, diejenigen Nachteile auszugleichen, die dem Geschädigten infolge dauernder Beeinträchtigung seines körperlichen Wohlbefindens entstehen. 

Hierunter können Kosten für unfallbedingte Ausstattungen der Wohnräume oder Fahrzeuge fallen. Auch eine etwaige häusliche Pflege oder die Kosten für eine Unterbringung im Pflegeheim werden darüber erfasst.

 
c) Heilbehandlungskosten 

Heilbehandlungskosten müssen vom Schädiger erstattet werden, sofern sie medizinisch notwendig sind. Eine fiktive Abrechnung scheidet hier aus. 

Ggf. sind auch die Besuchskosten naher Angehöriger erstattungsfähig, sofern auch sie medizinisch notwendig sind.

 
d) Haushaltsführungsschaden 

Der Haushaltsführungsschaden ist der Schaden, der dadurch entsteht, dass der Geschädigte nicht mehr seinen Beitrag zur Haushaltsführung leisten kann. 

Dieser Anspruch steht auch Männern zu! 

In der täglichen Regulierungspraxis wird diese Position ständig übersehen. Den Geschädigten gehen dadurch nicht unerhebliche Beträge verloren.

Die Berechnung des Haushaltsführungsschadens ist jedoch sehr kompliziert und gehört allein in den Verantwortungsbereich eines versierten Rechtsanwalts.

 
e) Erwerbsschaden 

Wird jemand auf Grund eines Verkehrsunfalls derart geschädigt, dass er seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, dann entsteht ihm ein Erwerbsschaden, der in voller Höhe zu ersetzen ist. Der Anspruch wird durch das Renteneintrittsalter begrenzt. Bei der Bemessung des Schadens sind etwaige Lohn- und Gehaltsentwicklungen zu berücksichtigen.

Auch ist das Vorleben zu berücksichtigen. 

Bei Arbeitslosen ist die Entwicklung des Arbeitsmarktes zu kontrollieren, damit ggf. eine Anpassung vorgenommen werden kann. 

Bei Geschädigten, die sich im Studium oder der Ausbildung befunden haben, ist deren Entwicklung zu prognostizieren, unter Berücksichtigung der Entwicklung von Eltern und Großeltern. 

Auch dieser Bereich gehört allein in Anwaltshand!
 
 
f) Umbaukosten 

Muss auf Grund einer Schädigung die bisherige Wohnung oder der Pkw bspw. behindertengerecht umgebaut werden, so muss der Schädiger diese Kosten tragen.

 
4. Ansprüche bei Tötung
 

Die Hinterbliebenen haben zunächst einen Anspruch darauf, dass angemessene Beerdigungskosten vom Schädiger übernommen werden.

Auch stehen Ihnen ggf. Unterhaltsansprüche zu, sofern diese Ansprüche schon zum Zeitpunkt des Unfalls bestanden haben.

 

Die Rechtsanwälte Stüwe & Kirchmann sind im Schwerpunkt auf dem Gebiet des Verkehrsrechts tätig. Rechtsanwalt Kirchmann verfügt über den erforderlichen Nachweis gemäß § 14d der Fachanwaltsordnung (FAO). Sie erreichen uns:

 
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