Urteil AG Ludwigsburg: Kündigung Bausparvertrag durch Bausparkasse Wüstenrot gemäß § 489 Abs. 1 Nr.2 BGB unwirksam

Urteil AG Ludwigsburg: Kündigung Bausparvertrag durch Bausparkasse Wüstenrot gemäß § 489 Abs. 1 Nr.2 BGB unwirksam
13.08.2015347 Mal gelesen
Amtsgericht Ludwigsburg erklärt die Kündigung eines Bausparvertrages durch die Wüstenrot Bausparkasse nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Urteil vom 07.08.2015 – Az. 10 C 1154/15) für unwirksam.

Das Amtsgericht Ludwigsburg hat einem von der Kanzlei ARES Rechtsanwälte aus Frankfurt am Main vertretenen Bausparer, der sich mit einer Klage gegen die Kündigung seines Bausparvertrages nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gewehrt hat, nun Recht gegeben (Urteil vom 07.08.2015 - Az. 10 C 1154/15 - nicht rechtskräftig). Es hat festgestellt, dass der Bausparvertrag trotz der Kündigung der Wüstenrot Bausparkasse weiter fortbesteht. Wie bei tausenden Kunden von Bausparkassen war auch dem Kläger in diesem Verfahren mit Verweis auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gekündigt worden. Dies hat das Gericht klar als rechtswidrig eingestuft und sich gegen ein Kündigungsrecht der Bausparkassen gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ausgesprochen. Der gegenständliche Bausparvertrag war zum Kündigungszeitpunkt noch nicht vollständig bespart.

Nach Auffassung des Gerichts findet § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB schon nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich keine Anwendung auf Bausparverträge. Darüber hinaus sind auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht erfüllt:

Das Gericht bestätigte die klägerische Auffassung, dass der Gesetzgeber mit § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lediglich der Vertragspartei ein Kündigungsrecht einräumen wollte, die sich einseitig einem "Zinsbestimmungsrecht" der anderen Vertragspartei ausgesetzt sieht. Da das Zinsbestimmungsrecht bei einem Bausparvertrag auch bezüglich der Guthabenverzinsung ausschließlich bei der Bausparkasse liegt, kann diese sich auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht berufen. Der Gesetzgeber hatte mit der Kündigungsregelung den "normalen" Darlehensfall im Auge, bei dem der Darlehensgeber der "zinsbestimmende" wirtschaftlich stärkere Vertragsteil ist und der Darlehensnehmer der wirtschaftliche schwächere Teil. Dies trifft jedoch auf die gegenständliche Konstellation (Bausparer = Darlehensgeber bgzl. des Guthabens; Bausparkasse = Darlehensnehmer bzgl. des Guthabens) nicht zu, so dass eine Anwendung der Kündigungsregelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf Bausparverträge grundsätzlich ausscheidet.

Weiter folgte das Gericht ausdrücklich nicht der Argumentation der bisher ergangenen Rechtsprechung einiger Landgerichte, nach der die "Zuteilungsreife" eines Bausparvertrages mit dem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gleichzusetzen sei. Damit fehlt es auch an der zur Kündigung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB notwendigen Voraussetzung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, könnte aber als erstes Urteil nach der Kündigungswelle zugunsten der Bausparer Signalwirkung haben, meint Rechtsanwalt Simon Bender: "Wir hoffen, dass sich nun auch weitere Gerichte dieser Rechtsauffassung anschließen werden, um der rechtswidrigen Kündigungspraxis der Bausparkassen Einhalt zu gebieten." Sein Kollege Rechtsanwalt Philipp Neumann führt weiter aus: "Bausparern kann geraten werden, sich weiterhin gegen Kündigungen ihrer Verträge zur Wehr zu setzen und sich von den Ausführungen der Bausparkassen in den Kündigungsschreiben nicht beeindrucken zu lassen.".

Mit ausführlichen Begründungen zur Berechtigung der Kündigung und unaufgeforderten Auszahlungen oder Scheckzusendungen versuchen die Bausparkassen Bausparer zu beeindrucken. Sich mit fachlicher Hilfe zur Wehr zu setzen, kann sich jedoch auch ohne Urteil lohnen. Bereits im Juni nahm die Wüstenrot Bausparkasse nach eigenen Angaben im Rahmen eines Vergleiches vor dem Landgericht Stuttgart ihre Kündigung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zurück und bekräftigte auch im Rahmen des Verfahrens vor dem Amtsgericht Ludwigsburg, dass sie "bereit ist, bei entsprechendem Einlenken der Bausparer zur Vermeidung einer langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzung Vergleiche mit den Bausparern abzuschließen, in welchen die Interessen beider Seiten berücksichtigt werden".

Betroffene Bausparer können sich an die auf die Vertretung von Kapitalanlegern spezialisierte Kanzlei ARES Rechtsanwälte in Frankfurt am Main wenden. Gerne vertreten wir auch Ihre Interessen im Falle einer Kündigung Ihres Bausparvertrages. Die Kostenübernahme einer möglicherweise bestehenden Rechtsschutzversicherung klären wir für Sie vorab.

http://ares-recht.de/news/2015/08/urteil-ag-ludwigsburg-kuendigung-bausparvertrag-durch-bausparkasse-wuestenrot-gemaess-489-abs-1-nr-2-bgb-unwirksam/