Urlaubsabgeltung gibt es auch bei langjähriger Erkrankung des erwerbsunfähigen Arbeitnehmers

Urlaubsabgeltung gibt es auch bei langjähriger Erkrankung des erwerbsunfähigen Arbeitnehmers
25.04.2013472 Mal gelesen
Der Anspruch auf Abgeltung wegen nicht genommen Urlaub besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer wegen jahrelangem Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente bei lediglich suspendiertem Arbeitsverhältnis seinen Urlaub nicht habe nehmen können, meint das Arbeitsgericht Herne.

Mit Arbeitsvertrag vom 1. April 1969 wurde eine 1951 geborene Frau zum 1. April 1969 in den Justizdienst des Landes Nordrhein-Westfalen als Angestellte beim Amtsgericht Recklinghausen eingestellt. Am 11. November 1996 erkrankte die Justizangestellte und nahm ihren Dienst nie wieder auf. Am 11. Mai 1997 endete ihr Bezug von Krankengeld.

Mit Rentenbescheid vom 30.September 1999 wurde ihr rückwirkend ab dem 1. März 1998 eine zum 28. Februar 2010 befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bewillig. Gleichzeitig wurde ihr eine Schwerbehinderung in Höhe von 50% zuerkannt. Ab dem 1. März 2010 erhält sie eine unbefristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Zum 1. März 2010 wurde sodann ihr Dienstverhältnis zum Land Nordrhein-Westfalen beendet.

Die Justizangestellte hat in der Zeit zwischen dem 11. November 1996 und dem 1. März 2010 keinen Urlaub nehmen können. Hierfür beansprucht sie nunmehr Urlaubsabgeltung. Ihr Anspruch bestand aus 20 Tagen Mindesturlaub 5 Tage Schwerbehindertenurlaub 10 Tage tariflicher Zusatzurlaub = 35 Tage je Jahr = 420 Tage für den gesamten Zeitraum. Hieraus errechnete sie einen Abgeltungsbetrag in Höhe von 46.362 €.

Da das Land ihr diesen Betrag nicht zahlen wollte, klage sie vor dem Arbeitsgericht.

Das Gericht gibt der Justizangestellten vom Grundsatz her Recht. Es spricht ihr indes nur einen Abgeltungsanspruch für  den Mindesturlaub und den Schwerbehindertenurlab zu und kommt so in Abweichung von der Rechnung der Justizangestellten zu 304 Urlaubstagen; die mit 32.373 € abzugelten seien.

Nach der neueren maßgeblich von der europäischen Rechtsprechung beeinflussten Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichte, sei ein auch für viele Jahre nicht genommener Urlaub mit Geld abzugelten. Dieser Anspruch sei im vorliegenden Fall auch nicht verjährt, denn der Urlaubsanspruch sei im Falle krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht befristet. Dies habe zur Folge, dass der Urlaubsanspruch der Vorjahre durch weitere Übertragungen unter Anderem dann erhalten bleibe, wenn das krankheitsbedingte Hindernis für die Inanspruchnahme fortbestehe. Zum Urlaubsanspruch gehört folglich nicht nur der jeweils neueste, am 1. Januar eines jeden Kalenderjahres entstehende Anspruch, sondern auch der infolge der Übertragung hinzutretende, noch zu erfüllende Anspruch aus dem Vorjahr. Auf diese kumulierende Weise wachse der Urlaubsanspruch und somit auch der Abgeltungsanspruch mithin an; beide zusammen bilden einen einheitlichen Anspruch. So beginne die Verjährungsfrist für Abgeltungsansprüche erst mit der Genesung oder der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass die Abgeltungsansprüche sich kumuliert haben und nicht verjährt seien.

Der Entstehung des gesetzlichen Urlaubs für die Jahre stehe auch nicht entgegen, dass der Justizangestellten bereits mit Bescheid vom 30. September 1999 eine befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligt worden sei und sie diese sodann aufgrund mehrfacher befristeter Weiterbewilligungen bis zu ihrem Ausscheiden durchgehend bezogen hat. Denn Erwerbsunfähigkeit und Arbeitsunfähigkeit schließen sich nicht aus. Die Justizangestellte sei trotz ihrer Erwerbsunfähigkeit ja auch arbeitsunfähig gewesen und konnte daher wegen ihrer Arbeitsunfähigkeit keinen Urlaub nehmen.

Maßgeblich für den Anspruch auf Urlaub und somit auch auf Urlaubsabgeltung sei allen das bestehende Arbeitsverhältnis. Und dieses habe im vorliegenden Fall bestanden.

Der Justizangestellten musste daher der Abgeltungsanspruch zuerkannt werden.

  

(Quelle: Arbeitsgericht Herne, Urteil vom 01.02.2012;  1 Ca 1751/10)

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