Trunkenheitsfahrt und Trunkenheit im Verkehr - § 316 StGB und § 24a StVG

Strafrecht und Justizvollzug
14.07.20111089 Mal gelesen
Für viele Fahrzeugführer ist das Ermittlungsverfahren wegen einer Trunkenheit im Verkehr der erste Kontakt mit den Strafverfolgungsbehörden.

Absolute Fahruntüchtigkeit wird bei vorwerfbarer
Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,1 ? und mehr unwiderlegbar vermutet.

Beim Fahrradfahren macht man sich erst ab
einer BAK von 1,6 ? strafbar. Die Folge ist Geldstrafe. Eine
Fahrerlaubnis-Entziehung nach dem StGB ist nicht möglich.

Bei relativer Fahruntüchtigkeit kommt es zu
einer Verurteilung wegen Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) mit Geldstrafe etwa eines Monatsnettoeinkommens und i.d.R. Entziehung der Fahrerlaubnis für ca. ein Jahr. Diese liegt vor bei einer BAK von 0,2 bis unter 1,1 ? sowie einem Nachweis von Medikamenten oder Drogen im Blut und dadurch bedingten Fahrfehlern bzw. für die Fahrtauglichkeit
bedeutsamen Ausfallerscheinungen.

Bei Verdacht auf absolute oder relative
Fahruntüchtigkeit wird der Führerschein generell beschlagnahmt und der Fahrer
darf kein Fahrzeug mehr führen.

Da Fahrfehler aber auch bei nüchternen
Fahrern vorkommen, ist entscheidend, ob das konkrete Fahrverhalten typischerweise bei alkohol- bzw. drogenbeeinflussten
Fahrern vorkommt und deshalb den Schluss rechtfertigt, dass man
sich in nüchternem Zustand anders verhalten hätte (z.B. Schlangenlinien fahren,
um Straßenschäden ausweichen zu wollen).

Erfolgt keine Fahrerlaubnisentziehung, wird die Tat weiterhin mit 7 Punkten im Verkehrszentralregister (VZR) erfasst.
Maßgebend für eine relative Fahruntüchtigkeit sind Umstände in der Person desFahrers bzw. seiner Fahrweise, die den Schluss zulassen, dass er nicht mehr fähig ist, sein Fahrzeug sicher zu führen.

Ordnungswidriges Fahren unter Alkohol- oder Rauschmitteleinwirkung nach § 24a StVG liegt dann vor,
wenn keine Fahrfehler bzw. alkohol- bzw. drogenbedingte Ausfallerscheinungen
gegeben sind, obwohl eine Fahrt unter Alkohol (0,25 mg/l
Atemalkoholkonzentration [AAK] oder mehr oder 0,5 bis unter 1,1 ? BAK) bzw.
Drogeneinwirkung stattgefunden hat.

In diesen Fällen untersagt die Polizei dem Betroffenen regelmäßig das Führen eines
Kfz für die nächsten 12 Std. Der Vorgang wird zur Ahndung der
Ordnungswidrigkeit an die für den Tatort zuständige Bußgeldstelle abgegeben.
Von dort erhält der Betroffene zunächst eine Anhörung und darauf einen
Bußgeldbescheid. Die Folgen sind wie folgt gestaffelt: 1. Verstoß: Geldbuße 500
EUR, 1 Monat Fahrverbot; 2. Verstoß: Geldbuße 1.000 EUR, 3 Monate Fahrverbot;
ab 3. Verstoß: Geldbuße 1.500 EUR, 3 Monate Fahrverbot. Weiterhin erfolgt ein
Eintrag mit 4 Punkten im VZR. Der Fahranfänger in der Probezeit erhält nach §
24c StVG
zwei Punkte und eine Geldbuße von 250 EUR.

Für den Widerspruch gegen die Beschlagnahme
des Führerscheins (Abgabe an einen Richter innerhalb von 3 Tagen gem. § 111a
StPO) kommt es entscheidend auf die Beobachtungen der Polizei oder sonstiger
Zeugen an. Insbesondere bei Medikamenten ist ggf. die Stellungnahme des
behandelnden Arztes entscheidend. Dies gilt aber nur für die relative Fahruntüchtigkeit,
da bei absoluter ein Widerspruch keine Aussicht auf Erfolg hat.

Bei Anordnung der Blutprobe unter Verstoß gegen den
Richtervorbehalt (§ 81a StPO) kommt die Rechtsprechung nur ganz
ausnahmsweise zu einer Unverwertbarkeit.

Auch wenn Sie die Polizei wegen eines
Fahrfehlers kontrolliert, wird nicht empfohlen einzuräumen, man habe getrunken
oder nehme Medikamente. Der Fahrfehler könnte auch andere Gründe haben (s.o.).
Auch verschriebene Medikamente können die Fahrtauglichkeit beinflussen, diese
werden aber als ursächlich i.d.R. vor Ort nicht erkannt, sofern deren Einnahme
nicht eingeräumt wird.

Wichtig ist, bis zur Akteneinsicht des Verteidigers konsequent zu schweigen.

Erst nach Akteneinsicht kann die angezeigte Verteidigungsstrategie mit dem Mandanten besprochen werden.

Bei Verdacht auf Drogen- oder Alkoholabhängigkeit oder Verdacht auf Medikamentenmißbrauch u.a. muss beachtet
werden, daß der Betroffene sich für einen Abstinenznachweis in einer zum
späteren Zeitpunkt stattfindenden medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU)
sofort einer entsprechenden Untersuchung unterziehen soll. Der Urin muss dabei
an nicht vorhersehbaren Terminen unter Aufsicht gesichert werden (Beauftragung
von Gesundheitsämtern, MPU-Stellen u.a). Dies ist mit dem Ablauf von
Doping-Kontrollen im Sport zu vergleichen.

Schwerwiegender als die strafrechtlichen Konsequenzen wiegen oft die Maßnahmen der Führerscheinbehörde:

Ist es zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis und
Verhängung einer Sperrfrist für deren Neuerteilung gekommen, kann der
Verurteilte 3 Monate vor Sperrfrist-Ablauf bei der für seinen Wohnort
zuständigen Führerscheinstelle eine neue Fahrerlaubnis beantragen. Die
beizubringenden Unterlagen gibt Ihnen die Fahrerlaubnisbehörde bekannt.

Eine erneute theoretische und praktische Fahrprüfung ist nicht erforderlich, aber
eine positive MPU kann erforderlich sein: Bei einer BAK von 1,6 ? oder mehr
oder wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss
oder Rauschmitteleinwirkung. Desweiteren die Fahrerlaubnisentziehung wegen
Medikamenten oder Drogen oder wenn bereits Straftaten begangen wurden, die im
Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen oder Anhaltspunkte für hohes
Aggressionspotenzial geben.

Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im DAV

mail:kanzlei@rechtsanwalthesterberg.de