Strafbefreiende Selbstanzeige ist kein die Festsetzungsfrist hemmender Antrag auf Steuerfestsetzung

Strafbefreiende Selbstanzeige ist kein die Festsetzungsfrist hemmender Antrag auf Steuerfestsetzung
09.07.2013387 Mal gelesen
Ergibt sich aus einer strafbefreienden Selbstanzeige lediglich, dass die Anzeige darauf gerichtet ist, Einkünfte aus Kapitalvermögen nachzuerklären, welche bis dahin nicht erklärt worden waren, stellt die Anzeige nach Ansicht des Finanzgerichts Bremen nicht deshalb einen Antrag auf

Steuerfestsetzung dar, weil der Steuerpflichtige eine Akontozahlung auf die Nachzahlungsbeträge angekündigt und geleistet hat.

Mit Schreiben vom 28. September 2001 meldete ein Steuerpflichtiger Einkünfte aus Kapitalvermögen nach.  Der Steuerberater des Steuerpflichtigen schrieb an das Finanzamt:

"Unser Mandant hat bei Durchsicht seiner Unterlagen festgestellt, dass versehentlich nicht alle Einkünfte aus Kapitalvermögen in den vergangenen Jahren .. erklärt wurden. Wir melden daher die .. aufgeführten Einkünfte für die Jahre 1990 bis 1999 nach. Da es sich hierbei um Einkünfte aus verschiedenen Konten  handelt, listen wir zur besseren Übersichtlichkeit die Einkünfte zunächst nach Konten auf und fassen anschließend die von uns ermittelten Einkünfte für die ausländischen Konten für das jeweilige Kalenderjahr zusammen."

Darüber hinaus ergaben sich aus dem Schreiben die jeweiligen Einnahmen und Werbungskosten der einzelnen Kalenderjahre sowie die sich daraus ergebenen Einkünfte. Zusätzlich enthielt es eine Zusammenfassung der Erträge auf den ausländischen Konten nach Jahren.

Das am 01.10.01 eingegangene Schreiben des steuerlichen Beraters  leitete das  Finanzamt mit Schreiben vom 5. Februar 2002 im Original nebst Belegen an die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts Bremen-Ost weiter. Diese übermittelte  den Vorgang in Kopie an die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts Bremen-Ost und bat um Prüfung, ob Erkenntnisse vorliegen, die weitere Ermittlungen über den bekannten Sachverhalt hinaus erforderlich erscheinen lassen. Anderenfalls sei beabsichtigt, nach Vorliegen der Mitteilung der Steuerfahndungsstelle das Verfahren von der Bußgeld- und Strafsachenstelle aus zu erledigen.

Im Juli 2002 leistete der Steuerpflichtige auf die nachgemeldeten Einkünfte aus Kapitalvermögen 1990 bis 1999 eine Einkommensteuer-Akontozahlung in Höhe von 78.550,-- Euro. Davon entfielen 6.250,-- EUR auf die Einkommensteuerschuld des Veranlagungszeitraums 1990.

Die Steuerfahndungsstelle begann ihre Prüfung im Jahr 2004 und teilte dem Finanzamt am 11. Januar 2005 mit, dass der Steuerpflichtige die bisher unterlassenen Angaben vollständig nachgeholt hat. Daraufhin wurden die Steuerakten zur Steuerfestsetzung zurückgesandt.

Mit Datum vom 1. November 2005  wurde der Bescheid für 1990 über die Einkommens- und Kirchensteuer geändert. In einer Anlage zum Steuerbescheid führte das Finanzamt aus, dass für die Festsetzungsfrist des Streitjahres die Ablaufhemmung  eingetreten sei, da vor Ablauf der Frist ein Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung gestellt worden sei. Es sei unerheblich, wie der Antrag bezeichnet worden sei, der Wortlaut der Norm  erwähne ohne Differenzierung zwischen verschiedenen Änderungsnormen nur den "Antrag auf Änderung".

Mit Einspruch vom 3. November 2005  wandte sich unser Steuerpflichtiger gegen den geänderten Steuerbescheid für 1990 und machte geltend, dass mangels Ablaufhemmung die Festsetzungsverjährung für die Einkommensteuer 1990 abgelaufen sei. Er habe keinen Antrag auf Steuerfestsetzung gestellt. In seiner strafbefreienden Selbstanzeige sei kein solcher Antrag zu sehen.

Das das Finanzamt dies anders sah, musste sich das Finanzgericht Bremen mit dieser Frage beschäftigen.

Das Finanzgericht gab unserem Steuerpflichtigen Recht.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid vom 1. November 2005 ist rechtswidrig, da er nach Ablauf der Festsetzungsfrist ergangen ist.

Die Änderung einer Steuerfestsetzung  ist nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist beträgt  4 Jahre und verlängert sich im Falle der Steuerhinterziehung  auf 10 Jahre. Soweit vor Ablauf der Festsetzungsfrist ein Antrag auf Änderung einer Steuerfestsetzung gestellt wird, läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist. Einen solchen Antrag hat der Steuerpflichtige indes nicht gestellt.

Das am 1. Oktober 2001 beim Finanzamt eingegangene Schreiben stellt keinen Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung dar. Vielmehr handelt es sich bei dem Schreiben um eine strafbefreiende Selbstanzeige, so dass die Festsetzungsfrist mit Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige, also mit Ablauf des 1. Oktober 2002, endete. Im Zeitpunkt des Erlasses des geänderten Einkommensteuerbescheides 1990 am 1. November 2005 war dementsprechend Festsetzungsverjährung eingetreten.

Das Finanzgericht macht sodann noch ausschweifende Ausführungen dazu, dass ein einer strafbefreienden Selbstanzeige keinesfalls zugleich ein Antrag auf Steuerfestsetzung zu sehen ist.

Nach alledem war der Einkommensteuerbescheid 1990 vom 1. November 2005 aufzuheben.

(Quelle: Finanzgericht Bremen, Urteil vom 07.09.2006; 1 K 69/06)

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