Sparkasse Paderborn-Detmold: Vergleich im Streit um erfolgten Widerruf

Sparkasse Paderborn-Detmold: Vergleich im Streit um erfolgten Widerruf
01.02.2017245 Mal gelesen
Wieder musste eine Sparkasse im Streit um einen Darlehens-Widerruf schweren Herzens einen teuren Vergleich eingehen.

Das OLG Hamm hatte der beklagten Sparkasse Paderborn-Detmold nicht viele Aussichten auf einen vorteilhaften Prozessausgang machen können. 

Der Kläger schloss am 10.10.2005 einen Darlehensvertrag über 185.000 Euro mit der Beklagten. Dies tat er unter anderem, um einen Darlehensvertrag mit der Aachener Bausparkasse abzulösen. Am 15.01.2013 erklärte der Kläger den Widerruf des Vertrages, die Sparkasse Paderborn-Detmold lehnte ab. Die Parteien stritten nun vor dem Oberlandesgericht Hamm darüber, ob durch die Widerrufserklärung ein Rückgewährschuldverhältnis entstanden ist. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. 

Der Senat erkannte maßgebliche Fehler in der Widerrufsbelehrung der beklagten Sparkasse.  Dem Einwand der Beklagten, es handele sich gar nicht um einen Verbraucherdarlehensvertrag, weil das Vertragsformular unter anderem "(.) und für Existenzgründung" lautete, lehnte der Senat ab. Man richte sich nicht lediglich nach bloßen Formulierungen in ohnehin zu überprüfenden Formularverträgen. 

Auch der Einwand der Beklagten, es handele sich nicht um einen echten Darlehensvertrag, sondern nur um eine unechte Abschnittsfinanzierung, konnte nicht durchdringen. Der 31. Senat konnte keine Anhaltspunkte hierfür erkennen. Es sei eine bloße Ablösung des Vertrages bei der Aachener Bausparkasse, welcher bei der Beklagten gesondert abgesichert wurde. 

Gleichfalls lehnte der Senat eine analoge Anwendung des §144 I BGB ab. Nur weil ein Vertrag nach Widerruf ordnungsgemäß bedient werde, sei noch lange keine Bestätigung des Darlehensvertrags ersichtlich. Außerdem sei keine planwidrige Regelungslücke erkennbar - der Widerruf sei gültig und wirksam. 

Bezüglich des vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzes hielt es der Senat für fraglich, ob eine Pflichtverletzung bejaht werden könne. Die Pflichtverletzung könne einerseits in der nicht ordnungsgemäßen Widerrufbelehrung zu sehen sein, andererseits ebenso in der Rückweisung des berechtigten Widerrufs durch die Beklagte.  Die Beklagte hätte zum Zeitpunkt des Widerrufs die Rechtslage kennen müssen.

Dem Senat stellt sich allerdings die Frage, ob diese Pflichtverletzungen nicht nur bloße Rechtsauffassungen darstellen. Hier müsse eine Plausibilitätsprüfung der Verteidigungshaltung der Beklagten vorgenommen werden, mit der Frage, ob die Beklagte vorliegend eine vertretbare Rechtsauffassung vorgebracht hat. Dies ließ der Senat offen, wies aber auf die uneinheitliche obergerichtliche beziehungsweise fehlende höchstrichterliche Rechtsprechung zum Thema Verwirkung u.a. in solchen Fällen hin. 

Sollte eine Pflichtverletzung vorliegen, sei jedenfalls das Verschulden fraglich. Der Schutzzweck des Widerrufs enthalte nicht die Abschöpfung von günstigen Bedingungen auf dem Markt im Wege des Schadensersatzes.  

Die Nutzungsentschädigung in Höhe von 5943 Euro sei als Verpflichtung aus dem Rückgewährschuldverhältnis von der Beklagten zu begleichen. Als Parameter könne hier der Vertragszins dienen, wenn dieser bei Vertragsschluss dem Marktzins entsprochen habe - wobei der Senat ausdrücklich einen Spielraum für Schwankungen des Marktzinses zulässt (Der Vorsitzende sprach von ungefähr einem Prozentpunkt). 

Bezüglich des vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzes wegen der nicht nutzbaren Alternativfinanzierung für einen Zins von 2,38 Prozent (im Vergleich zum Darlehen bei der Sparkasse: 4,52 Prozent), lässt der Senat die Differenz von 2,14 Prozent als Schaden gelten. Für die in Frage kommenden drei Jahre sei so ein Schaden in Höhe von 11.877 Euro entstanden. Der Senat blieb bei seinen Bedenken, führte dies aber für ein Vergleichsangebot aus. 

Auf Vorschlag des Senats schlossen die Parteien folgenden Vergleich: 

  1. Die Beklagte bezahlt die Nutzungsentschädigung und die Hälfte des geltend gemachten Schadens, also insgesamt 12.000 Euro an den Beklagten.
  2. Alle sonstigen auf dem Rückgewährschuldverhältnis beruhenden möglichen Ansprüche sind erloschen.
  3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 3/4, der Kläger zu 1/4.
  4. Die Kosten des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.
  5. Widerrufsvorbehalt: Drei Wochen
  6. Stillschweigensvereinbarung
 

Rechtsanwalt Ralf Buerger, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht: "Das Beispiel zeigt wieder einmal, dass das Oberlandesgericht in Hamm als Berufungsinstanz voll auf Linie der maßgeblichen BGH-Urteile liegt und die Fehlerhaftigkeit der von Sparkassen verwendeten Belehrungen klar erkennt. Darlehensnehmer sollten sich von anderslautenden Entscheidungen der Vorinstanzen nicht beirren lassen!"


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