Sozialversicherungspflicht bei der Beschäftigung von Familienangehörigen, insbesondere Ehegatten: Statusklärung nicht vergessen!

Soziales und Sozialversicherung
28.08.20141321 Mal gelesen
So hartnäckig die Sozialversicherungsträger die Beitragszahlung der Arbeitgeber überwachen und mitunter hohe Nachforderungen stellen, so zurückhaltend können sie sein, wenn Versicherte Leistungen in Anspruch nehmen wollen. Das trifft oft im Betrieb beschäftigte Familienangehörige.

Familienhafte Mitarbeit

Worum geht es? Wer als Arbeitnehmer abhängig beschäftigt ist, unterliegt der Sozialversicherungspflicht. Dies gilt auch für mitarbeitende Familienangehörige. Selbstverständlich ist es nicht verboten, den Ehepartner oder sonstige Angehörige anzustellen. Es sind aber Besonderheiten zu beachten. Aufgrund der persönlichen und familiären Nähe zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden diese Beschäftigungen häufig recht locker gehandhabt. Man spricht von familienhafter Mitarbeit. Im Vordergrund steht oft mehr das Interesse an einer Absicherung der Familienmitglieder in der Kranken- und Rentenversicherung als der Einsatz für den Betrieb. Anwesenheitszeiten und konkrete Mitarbeit werden reduziert, ebenso das Gehalt. Das ist eine Falle. Wird in einer Krise des Unternehmens ein Familienmitglied zuerst entlassen, um die Weiterbeschäftigung der anderen Mitarbeiter nicht zu gefährden und stellt der Angehörige dann einen Antrag auf Arbeitslosengeld, schaut die Bundesagentur für Arbeit besonders genau hin. Sobald man dort feststellt, dass sich die Beschäftigung von der Mitarbeit der übrigen Arbeitnehmer signifikant unterschieden hat, wird die Zahlung von Arbeitslosengeld abgelehnt.

Merkmale des echten Beschäftigungsverhältnisses

Ob die Ablehnung zu Recht oder zu Unrecht erfolgt, hängt davon ab, ob das Beschäftigungsverhältnis des Ehepartners die Merkmale eines "echten" Beschäftigungsverhältnisses aufweist. Das Bundessozialgericht hat schon vor Jahrzehnten eine Reihe von Kriterien für die Anerkennung eines Beschäftigungsverhältnisses aufgestellt. So muss der mitarbeitende Familienangehörige in den Betrieb eingegliedert und weisungsabhängig sein, wobei das Weisungsrecht gegenüber Verwandten abgeschwächt sein, aber nicht vollständig entfallen darf. U.a. darf sich das Entgelt nicht nur auf ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten beschränken, sondern muss einen angemessenen Gegenwert für die Arbeit darstellen und über einen freien Unterhalt hinausgehen.

Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses unter Verwandten nicht mehr entscheidend, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist. Ein solcher Umstand kann zwar ein weiteres Indiz für die Ernsthaftigkeit des Beschäftigungsverhältnisses sein. Den Umkehrschluss, dass eine abhängige Beschäftigung ausscheidet, wenn die wirtschaftliche Bedürftigkeit fehlt, lässt das Bundessozialgericht allerdings nicht zu.

Ehegattenbeschäftigung

Die vorgenannten Grundsätze gelten insbesondere auch für die Beschäftigung von Ehegatten. Ernsthaft zwischen Ehegatten abgeschlossene Arbeitsverträge sind wirksam und sozialversicherungsrechtlich unter den genannten Voraussetzungen als abhängige Beschäftigungsverhältnisse zu behandeln. Allerdings ist auch bei einem Beschäftigungsverhältnis unter Ehegatten die Arbeitnehmereigenschaft zu prüfen. Es ist auszuschließen, dass der Arbeitsvertrag zum Schein abgeschlossen wurde (§ 117 BGB), der Ehegatte Mitunternehmer oder Mitgesellschafter des anderen Ehegatten ist oder seine Tätigkeit lediglich eine familienhafte Mithilfe darstellt. Das Beschäftigungsverhältnis muss von den Eheleuten ernsthaft gewollt und auch vereinbarungsgemäß durchgeführt werden. Insbesondere die persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten vom Arbeitgeber muss auch bei Ehegattenbeschäftigungsverhältnissen nachweisbar sein. Diese für die Abgrenzung zum Mitunternehmer oder Mitgesellschafter erforderliche Voraussetzung wird durch die Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Ort und Art der Arbeitsausführung erfüllt. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht dabei grundsätzlich nicht entgegen, daß die Abhängigkeit unter Ehegatten im allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird.

Krankenkasse zur Statusklärung verpflichtet

Das Gesetz verpflichtet die Krankenkassen, bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund in Berlin eine Statusklärung zu beantragen, wenn sie von einer Familienkonstellation erfahren. Die Einzugsstelle muss gemäß § 7a Abs. 1 S. 2 SGB IV u.a. immer dann diesen Antrag stellen, wenn sich aus einer Meldung des Arbeitgebers ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers ist. Es ist zu beobachten, dass die Krankenkassen dieser Pflicht nicht immer nachkommen, obwohl die familiäre Zusammengehörigkeit erkennbar ist.

Grund genug, sich eigenständig um eine Statusklärung zu kümmern. Zwar besteht keine Rechtspflicht, Statusklärungen zu beantragen. Bei Unsicherheit und in Zweifelsfüllen ist jedoch grundsätzlich immer eine Statusklärung zu empfehlen. Hierzu finden Sie weitere Hinweise auf unserer Website:

Statusklärung - Anfrageverfahren

Betriebsprüfung der Rentenversicherungsträger


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