Sittenwidrigkeit eines Erbvertrages

Sittenwidrigkeit eines Erbvertrages
21.04.2013965 Mal gelesen
Im Vorfeld einer Ehe wird manchmal eine umfassende ehe- und erbrechtliche Regelung getroffen. Wird nach dem Tod der Erblassers dann dieser Verzicht bereut, so soll dann der Gang zum Gericht die ungewollten Folgen wieder beseitigen.

Im Vorfeld einer Ehe wird manchmal eine umfassende ehe- und erbrechtliche Regelung getroffen. Diese kann auch einen Erbverzicht beinhalten. Verstirbt dann ein Ehepartner so sichert der Erbverzichtsvertrag die Rechte der Erben, da weder testamentarische noch gesetzliche Rechte eine Erbenstellung des überlebenden Ehegatten begründen. Der Verzicht wurde nach dem Tod des Vertragspartners dann als sittenwidrig angegriffen Die überlebende Ehefrau behauptete, durch Täuschung über die Höhe des Vermögens zum Abschluss von Erbverzichts- und Ehevertrag verleitet worden zu sein.

Andreas Keßler, Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht aus Bad Vilbel bei Frankfurt am Main, www.Kanzlei-Andreas-Kessler.de weißt in diesem Zusammenhang auf die Maßstäbe in der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 21.2.2013, 3 Wx 193/12 hin:

  • Der Erbverzicht gem. § 2346 BGB hat unmittelbar den Verlust des gesetzlichen Erbrechts zur Folge. Die Folge ist nicht davon abhängig, ob der Verzicht unentgeltlich erfolgt oder ob eine Abfindung vereinbart wird. Grundsätzlich gelten hier die allgemeinen Regeln zu Rechtsgeschäften unter Lebenden. Dieser ist nicht mehr anfechtbar, wenn der Erbfall eingetreten ist.
  • Hier wurde der Erbverzicht mit der Behauptung angegriffen, die überlebende Ehegattin sei vom Erblasser über die Vermögensverhältnisse getäuscht worden, da sie über ein Bankguthaben in Luxemburg nicht informiert wurde. Die behauptete Sittenwidrigkeit hätte dann die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge gehabt.
  • Eine Gesamtschau der Umstände des Vertragsabschlusses kann auf Sittenwidrigkeit des Erbverzichtsvertrages hindeuten, wenn dem Vertragspartner ein Erbverzichtsvertrag angetragen wird, der auf der Schilderung falscher Tatsachen beruht. Ein Beispiel hierfür ist die Berechnung des Ausgleichsanspruchs auf der Basis einer Unterhaltsschuld, obwohl die Berechnung auf der Basis des Vermögens vorgespiegelt wurde, OLG München vom 25.2.2006, 15 U 4751/04.
  • Ebenso kann die Unerfahrenheit des Vertragspartners auf Sittenwidrigkeit hindeuten, wenn diese zu einer schwächeren Position in den Verhandlungen führt.
  • Im vorliegenden Fall ergab die Gesamtschau, dass keine Sittenwidrigkeit vorlag. Eine Abfindung wurde nicht gezahlt, so dass die Vermögensverhältnisse ersichtlich keine Rolle spielten. Eine freiwillige Darlegung der Vermögensverhältnisse durch den Erblasser fand auch hinsichtlich des inländischen Vermögens nicht statt, so dass, da gar keine Angaben zum Vermögen gemacht wurden, keine Sittenwidrigkeit aus dem Verschweigen einzelner Vermögensteile abgeleitet werden konnte.
  • Dies galt auch für den gleichzeitig abgeschlossenen Ehevertrag, da konkrete Feststellungen zu einer unterlegenen Verhandlungsposition der Ehefrau nicht getroffen werden konnten.
  • Wird die Erbverzichtsvertragsgestaltung durch einen Rechtsanwalt begleitet muss klargestellt werden, dass dieser berufsrechtlich gezwungen ist, bei der Gestaltung immer nur die Interessen einer Partei wahrzunehmen. Vor Unterschrift sollte daher im Zweifelsfall auch noch eine Beratung der anderen Vertragspartei erfolgen.

Der Erbverzichtsvertrag hat eine enorme Tragweite, da man sich zu Lebzeiten bereits sämtlicher Erbrechte begibt, ohne abschätzen zu können, welche Rechte man in der Zukunft überhaupt gehabt hätte. Trotzdem ist dieser Vertrag ein probates Mittel, um die Erbverhältnisse sicher zu regeln und insbesondere im Bereich der Unternehmensnachfolge häufig unverzichtbar, da ansonsten künftige Pflichtteilsrechte eine sichere Planung erheblich erschweren.

Andreas Keßler, Kasseler Str. 30., 61118 Bad Vilbel, Tel.: 06101-800660

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