Polizeiliche Maßnahmen gegenüber Fußballfans / Versammlungsteilnehmern

Staat und Verwaltung
05.06.2015365 Mal gelesen
Bei Versammlungen und Ansammlungen, welche die Polizei als konfliktträchtig ansieht, werden Teilnehmer regelmäßig in Gewahrsam genommen, durchsucht, werden die Personalien aufgenommen und Lichtbilder angefertigt.

Die Polizei hat zwei wesentliche Aufgaben.

  1. Sie soll die Begehung von zu erwartenden Gesetzesverstößen vorbeugend abwehren; §§ 12, 14 ff. Polizeigesetz für Nordrhein-Westfalen (PolG NRW). Die anderen Bundesländer haben jeweils eigene Polizeigesetze, welche dem nordrhein-westfälischem Recht entsprechen.
  2. Sie soll eingetretene Gesetzesverstöße verfolgen; § 163b Strafprozessordnung (StPO). Bei der Strafverfolgung nimmt die Polizei durch den Bund zugewiesene Aufgaben wahr.
 

Man unterscheidet somit zwischen dem präventiven (vorbeugend) und dem repressiven Handeln (strafverfolgend) der Polizei.

 

Polizeiliche Eingriffe, wie die Ingewahrsamnahme, die Durchsuchung, Identitätsfeststellung und die Anfertigung von Lichtbildern sind Eingriffe in die persönlichen Freiheitsrechte des Bürgers. Insbesondere das Wegsperren einer Person nebst den zugehörigen Begleiterscheinungen stellt den schwersten Eingriff dar (vgl. VG Düsseldorf, Urteil v. 30.1.2013, 18 K 5912/11, Rdnr. 17).

 

Bei einer Versammlung oder Ansammlung von Menschen, welche die Polizei als kritisch mit Blick auf zu erwartende Gesetzesverstöße bewertet, kann sie also

 

- die Person in Gewahrsam nehmen, § 35 PolG NRW;

- die Identität von Personen feststellen, § 12 PolG NRW;

- die Person erkennungsdienstlich behandeln, § 14 PolG NRW;

- die Person durchsuchen, § 39 PolG NRW.

 

Ist die Polizei der Meinung, die zu überprüfende Person habe einen Gesetzesverstoß begangen (randaliert, Steine geworfen, Pyrotechnik abgebrannt etc.), dann handelt sie als repressives Staatsorgan zur Verfolgung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit. Dann finden allein die Vorschriften der StPO Anwendung. Es stellt sich dann die Frage, ob dem Festgehaltenen eine Straftat im Sinne des Strafgesetzbuches vorgeworfen werden kann.

 

Ist die Polizei der Meinung, jemanden kontrollieren zu müssen, welcher sich in der Nähe einer randalierenden Gruppe aufhalte bzw. dazu gehöre, dann wird sie präventiv tätig. Dann nimmt sie Maßnahmen ausschließlich im Rahmen des Polizeigesetzes wahr.

 

Sachverhalt:

In einem vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf entschiedenen Verfahren wurde der Kläger ca. 40m entfernt von einer randalierenden Gruppe angetroffen, fest- und in Gewahrsam genommen.

Das Verwaltungsgericht hatte auf seinen Antrag hin festgestellt, dass die Ingewahrsamnahme rechtswidrig gewesen ist. Nach § 35 PolG NRW kann nämlich nur in Gewahrsam genommen werden, wenn das unerlässlich ist, um eine unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit zu verhindern.

 

Das beklagte Land konnte nicht nachweisen, dass der Festgehaltene zu der 40m entfernten Gruppe gehörte. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass er durch irgendeine Handlung gegenüber den eingesetzten Polizeikräften aufgefallen ist.

Deshalb durfte der Kläger nicht festgenommen werden. Das Gericht hat weiter erwogen (vgl. VG Düsseldorf, a.a.O., Rdnr. 20):

 

"Auch als Kollateralschaden ist eine derartige Vorgehensweise der Polizei nicht zu rechtfertigen. Der Kläger hielt sich legal 40m von der Werfergruppe entfernt auf, ein Platzverweis war ihm gegenüber nicht ausgesprochen worden. Dann kann es auch nicht angehen, dass der Kläger quasi als Beifang in polizeilichen Gewahrsam genommen wird. Die Rechtswidrigkeit dieser polizeilichen Maßnahme erfasst zwangsläufig alle äußeren Umstände, die mit dem unmittelbaren Vollzug der zeitweisen Freiheitsentziehung verbunden sind."

 

Gleichwohl hat das Verwaltungsgericht die allererste Identitätsfeststellung und die körperliche Durchsuchung des Klägers gebilligt, mit Hinweis darauf, dass sich der Kläger in der Nähe (40m) einer gewaltbereiten Gruppe befunden habe.

 

Bewertung:

Die verwaltungsgerichtliche Entscheidung enthält "Licht und Schatten".

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf wird in den Worten deutlich, wenn es um rechtswidrige Festnahmen geht. Die Fest- bzw. Ingewahrsamnahme stellt eine der stärksten Eingriffe in die Bürgerrechte dar und muss sich als solche einer sehr genauen Prüfung unterziehen lassen.

 

Problematisch ist aber, dass alle Eingriffe unterhalb der Schwelle der Ingewahrsamnahme mit dem Argument der Gefährdung der Polizei im unmittelbaren Einsatz gegen randalierende Gruppen gerechtfertigt werden. Das ist insofern problematisch, weil das Gericht zuvor noch in den Urteilsgründen mitgeteilt hatte, dass der Kläger durch eine konkrete Polizeimaßnahme erst in die Nähe der randalierenden Gruppe gedrängt worden sei.

 

Die Entscheidung zeigt, dass das Verwaltungsgericht dort die Rechte des Bürgers schützt, wo der betroffene Bürger nicht in die Nähe von Gewalttaten Dritter gerückt werden kann. Sobald seitens der Polizei eine Verbindung zwischen Festgehaltenem und randalierender Gruppe hergestellt werden kann, bedarf es einigen (anwaltlichen) Aufwands diese Zuordnung zu wieder zu durchbrechen.

 

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