Plattdeutsche Unhöflichkeiten rechtfertigen keine fristlose Kündigung

Plattdeutsche Unhöflichkeiten rechtfertigen keine fristlose Kündigung
23.05.2013355 Mal gelesen
Wenn ein Arbeitnehmer zu seiner Vorgesetzen: „Klei mi ann Mors“ sagt, ist dies zwar unhöflich, sei jedoch nach Ansicht des Arbeitsgericht Hamburg nicht mit einer schweren Vertragsverletzung zu vergleichen, die „an sich“ geeignet wäre, einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung zu geben.

Der Arbeitgeber beschäftigt in Deutschland rund 3.500 Arbeitnehmer, davon rund 450 in Hamburg. Der Arbeitnehmer ist für den Arbeitgeber seit dem 1. Dezember 1999 tätig. Er wurde 1966 geboren und ist verheiratet und hat ein Kind. Am 13. Oktober 2008 entstand zwischen dem Arbeitnehmer und seiner Vorgesetzten Frau G. ein Konflikt. Der Arbeitnehmer und Frau G. führten ein Gespräch, in dem es unter anderem um Urlaubswünsche ging. Dritte waren nicht zugegen. Eine Einigung wurde nicht erzielt, die Atmosphäre und der Tonfall verschärften sich zunehmend.

Da sagte dann der Arbeitnehmer zu seiner Vorgesetzten: "Klei mi ann Mors."

Der Arbeitgeber und Frau G. empfanden diese Äußerung als grobe Beleidigung. In einem Gespräch unter Teilnahme der Frau G., des Betriebsratsvorsitzenden und der Personalverantwortlichen sagte der Arbeitnehmer, dass ihm die Aussage Leid tue.

Eine Abmahnung ist dem Arbeitnehmer nicht erteilt worden. Es gab seitens des Arbeitnehmers in der Vergangenheit auch kein Vorkommnis, das vergleichbar wäre. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2008 teilte der Arbeitgeber dem bei ihm gebildeten Betriebsrat mit, dass beabsichtigt sei, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen. In diesem Schreiben wird vom Arbeitgeber angegeben, dass der Arbeitnehmer verheiratet ist, es wird hingegen nicht mitgeteilt, dass er ein Kind hat. Der Betriebsrat widersprach der beabsichtigten Kündigung. Trotzdem sprach der Arbeitgeber die fristlose Kündigung aus.

Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage und begehrt seine Weiterbeschäftigung.

Im Gütetermin entschuldigte sich der Arbeitnehmer in aller Form.

Trotzdem musste das Gericht ein Urteil finden. Es gab der Kündigungsschutzklage statt und verurteilte den Arbeitgeber zudem zur Weiterbeschäftigung.

Die außerordentliche Kündigung sei aus vielen Gründen unwirksam. Zum einen sei sie unwirksam, weil der Betriebsrat vom Arbeitgeber nicht ordnungsgemäß unterreicht wurde. Ihm wurde nämlich nicht mitgeteilt, dass der Arbeitnehmer gegenüber einem Kind unterhaltspflichtig sei. Schon aus diesem Grunde sei der Kündigungsschutzklage stattzugeben.

Im Übrigen liege aber auch kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vor. Zum einen wurde der Angestellte nicht zuvor abgemahnt, zum anderen sei überhaupt kein wichtiger Grund für eine außerordentliche  Kündigung ersichtlich.

Der Arbeitnehmer habe sich zwar gegenüber Frau G. nicht korrekt verhalten, indem er ihr gegenüber erklärte: " Klei mi ann Mors ". Dies ist plattdeutsch und bedeutet auf Hochdeutsch: "Kratz mich am Hintern", nicht, wie der Arbeitgeber vermutet, das "Götz-Zitat". Gleichwohl sei die Äußerung ungehörig, denn sie ist unhöflich. Ein solcher Ton verbietet sich gegenüber einer Vorgesetzten, zumal wenn es sich um eine Frau handelt. Das Gewicht dieser Unhöflichkeit komme jedoch nicht einer schweren Vertragsverletzung gleich, die "an sich" geeignet wäre, einen wichtigen Grund eine fristlose Kündigung zu geben.

Die fristlose Kündigung wäre zudem selbst dann unwirksam, wenn man in der Äußerung des Arbeitnehmers einen Grund sehen würde, der "an sich" eine fristlose Kündigung rechtfertigt, denn die vorzunehmende Interessenabwägung würde zu dem Ergebnis führen, dass die Voraussetzungen für die Kündigung gleichwohl nicht gegeben sind. Zu Gunsten des Arbeitnehmers wäre nämlich zu berücksichtigen, dass er bereits seit 1999 für seinen Arbeitgeber tätig ist, dass er inzwischen gegenüber 3 Personen unterhaltspflichtig ist, dass es sich um den ersten Vorfall dieser Art handelt, dass eine Abmahnung fehlt, dass die Äußerung nicht in Gegenwart Dritter gefallen ist, dass er seiner Äußerung unter anderem gegenüber der Personalleiterin dem Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung bedauert hat, und dass er sich im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens auch gegenüber Frau G. in aller Form entschuldigt habe.

Nach alledem war der Klage stattzugeben.

 

(Quelle: Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 12.05.2009; 21 Ca 490/08)

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