OLG Düsseldorf verurteilt Gewerbeauskunftszentrale, GWE GmbH, wegen Täuschung. Übernahme neuester BGH-Rechtsprechung zu Branchenbüchern.

Wirtschaft und Gewerbe
23.02.20122242 Mal gelesen
Nach mündlicher Verhandlung am 14.2.2012 hat das OLG Düsseldorf ein Urteil des LG Düsseldorf bestätigt, wonach die Angebotsformulare der GWE GmbH, sog. Erfassung gewerblicher Einträge, Sitz in Düsseldorf irreführend und damit wettbewerbsrechtlich unzulässig sind.

Die genannte Firma versendet behördlich aussehende Schreiben mit bereits bestehenden und öffentlich zugänglichen voreingetragenen Daten der Adressaten aus öffentlichen Telefonverzeichnissen und dergleichen. Es ist ein Angebot für einen Branchenbuch und wird, sofern man nicht reagiert, nochmals versendet mit dem Hinweis, auf das erste Schreiben habe man nicht geantwortet.

Die Firma, die gem. Impressum dahinter steht, ist eine GWE-Wirtschaftsinformations GmbH:

GWE-Wirtschaftsinformations GmbH, Hauptstr. 34, 40597 Düsseldorf, Tel: 49 (0) 211/6355938-0, GF: Sebastian Cyperski, HRB: 62320 AG Düsseldorf.

Der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität (DSW) hat vor dem LG Düsseldorf gegen die GWE GmbH geklagt.  Seitens der GWE-GmbH wurde gegen das Urteil Berufung eingelegt. Weitere Formularaussendungen sind im Umlauf.

Das Landgericht Düsseldorf (38 O 148/10) hatte sich in diesem Verfahrenl mit dem Formular der Gewerbeauskunft-Zentrale beschäftigt und die Verwendung untersagt.

Am 14.2.2012 war der Verhandlungstermin vor dem OLG Düsseldorf, AZ: I-20 U 100/11. Der Vorsitzende Richter führte hierbei aus, dass das Gericht keine Geschäftsmodelle billigen werde, die auf einen unaufmerksamen Adressaten spekulierten, egal, wie viele Betroffene tatsächlich irregeführt worden seien. Es werde deshalb diejenigen Rechtssätze anwenden, die das OLG Düsseldorf in einem älteren Verfahren und der BGH in seiner letzten einschlägigen Entscheidung, AZ: I ZR 157/10 vom 30.06.2011,  aufgestellt habe, auch wenn die zugrundeliegenden Formulare nicht identisch seien (Entscheidung zu "Branchenbuch Berg"). Das "Branchenbuch Berg" der Neuen Branchenbuch AG, Rödelheimer Landstraße 44, 60487 Frankfurt a.M., imitiert kein behördliches Schreiben, sondern die "Gelben Seiten".

Der Vorsitzende am OLG Düsseldorf wies bei der Verkündung des Urteils im Anschluß an die mündliche Verhandlung ausdrücklich darauf hin, daß das Geschäftsmodell der GWE GmbH nach Auffassung des Gerichts dazu diene, "Dinge dunkel zu halten". Die Revision gegen diese Entscheidung wurde nicht zugelassen. Die Urteilsgründe liegen noch nicht in schriftlicher Form vor.

Die GWE GmbH kann noch Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH einlegen, um Zeit zu gewinnen, solange ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.

Die GWE GmbH versucht zurzeit massiv über eine Firma namens Deutsche Direkt Inkasso GmbH, DDI, Toyota-Allee 99, 50858 Köln, das Inkasso zu forcieren.

Den mit den üblichen Drohkulissen versehenden Anschreiben dieser Firma liegen regelmäßig Urteile des AG Düsseldorf und anderer Gerichte bei, die lediglich ohne mündliche Verhandlungen ergingen und keine präjudizielle Wirkung haben.

Das  AG Düsseldorf, AZ 35 C 9172/11 hatte jedoch schon am 18.11.2011 im Wege des Beschlusses festgestellt, dass die GWE GmbH die Kosten des Rechtsstreits wegen der Verwendung eines zur Täuschung geeigneten Formulars tragen müsse. Der Vertrag sei sittenwidrig, darum entspreche es der Billigkeit, der GWE GmbH die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

In den AGB der GWE GmbH wird als Gerichtsstand das Amtsgericht Düsseldorf angegeben. Dieser Schuß könnte nun nach hinten losgehen. Das Amtsgericht Düsseldorf führte mit Urteil vom 23.11.2011, AZ: 42 C 11568/11, zum Vorgehen der GWE GmbH in seiner Urteilsbegründung aus:

"Zu Recht weist die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Form des Schreibens den Anschein erweckt, es würde sich bei der angepriesenen Eintragung um eine amtliche Eintragung handeln. Dies ergibt sich bereits aus der Überschrift des Schreibens mit den Worten "Gewerbeauskunft-Zentrale". Unter einer Gewerbeauskunft versteht man üblicherweise eine solche, die bei einem entsprechenden Amt eingeholt wird. Dass es sich bei dem Schreiben um ein Angebot auf den Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrages handelt, geht aus dem Schreiben nicht ausreichend deutlich hervor. Lediglich in dem eingerahmten Teil des Schreibens taucht beiläufig das Wort "Angebot" auf. Das von der Beklagten erwünschte Entgelt ist verdeckt aufgeführt in der Beschreibung der von der Beklagten zu erbringenden Leistungen. Erst am Ende des äußerst klein geschriebenen Textes wird in der rechten Spalte an einer Stelle, an der ein durchschnittlicher Betrachter des Lesens bereits müde ist, in einem orbiter dictum mitgeteilt, dass es sich um ein "behördenunabhängiges" Angebot handelt und durch die Unterzeichnung des Schreibens der Basiseintrag verbindlich für zwei Jahr bestellt wird. Einem durchschnittlichen Leser wird durch diese Gestaltung des Schreibens die Rechtsverbindlichkeit, die mit der Rücksendung des ausgefüllten Formulars einhergeht, verschleiert. Dies erfüllt den Tatbestand der Täuschung.

Die Beklagte handelte dabei auch ersichtlich arglistig, da die Art der Gestaltung des Schreibens ersichtlich den Sinn hat, Adressaten zum Abschluss eines Vertrages zu bewegen, den sie bei Kenntnis der wahren Folgen gar nicht abschließen würden. Die arglistige Täuschung war vorliegend auch erkennbar ursächlich für den Vertragsschluss."

Im übrigen sind Gewerbetreibende auch nicht weniger schutzwürdig als Verbraucher, weil diese regelmäßig mit belästigender Werbung oder Schreiben wie das der GWE GmbH per Brief, Fax oder Mail konfrontiert werden und die Tagespost zügig nach geschäftlicher Relevanz sortieren müssen.

Es wird allen Betroffenen geraten, diese Forderungen nicht zu zahlen und sich rechtlichen Beistand zu suchen. Sofern Sie einen Mahnbescheid erhalten, legen Sie unverzüglich Widerspruch ein - ohne Begründung.

Lesen Sie dazu bitte auch meinen Artikel: "Abofalle durch behördlich aussehendes Schreiben der Gewerbeauskunft-Zentrale, GWE-GmbH?"


Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im DAV.

E-Mail:kanzlei@anwalthesterberg.de