Medizinische Notwendigkeit einer alternativen Behandlungsmethode bei unheilbarer, lebenszerstörender Krankheit

Schaden, Versicherung und Haftpflicht
13.03.2014410 Mal gelesen
Zu den Anforderungen an die Erfolgsaussichten einer alternativen Behandlungsmethode für die Beurteilung ihrer medizinischen Notwendigkeit bei unheilbarer, lebenszerstörender Krankheit des Versicherungsnehmers

Die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit einer Heilbehandlung richtet sich nach einem objektiven Maßstab: den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung. Eine "medizinisch notwendige" Heilbehandlung liegt jedenfalls dann vor, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen (so die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs).

Von der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung ist im Allgemeinen dann auszugehen, wenn sich eine Behandlungsmethode dazu eignet, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegen zu wirken. Steht diese Eignung nach medizinischen Erkenntnissen fest, ist der private Krankenversicherer eintrittspflichtig, muss mithin die Kosten für eine solche Behandlung übernehmen.

Leidet der Versicherungsnehmer an einer unheilbaren Krankheit, bei der es selbst für eine auf die Verhinderung einer Verschlimmerung abzielende Heilbehandlung keine in der Praxis angewandte Behandlungsmethode gibt, welche sich nach medizinischen Erkenntnissen zur Herbeiführung wenigstens dieses Behandlungsziels eignet, kommt jeder gleichwohl durchgeführten Behandlung zwangsläufig Versuchscharakter zu und kann der Nachweis medizinischer Eignung naturgemäß nicht geführt werden.

Das schließt jedoch die Annahme der medizinischen Notwendigkeit einer solchen Behandlung jedenfalls dann nicht aus, wenn die Behandlung auf eine schwere, lebensbedrohende oder gar lebenszerstörende Krankheit zielt:

Bei einer lebensbedrohenden oder lebenszerstörenden, unheilbaren Erkankung des Versicherungsnehmers kann nicht mehr darauf abgestellt werden, ob sich die gewünschte Behandlung zur Erreichung des vorgegebenen Behandlungsziels tatsächlich eignet. Vielmehr ist in solchen Fällen die objektive Vertretbarkeit der Behandlung bereits dann zu bejahen, wenn sie nach medizinischen Erkenntnissen im Zeitpunkt ihrer Vornahme als wahrscheinlich geeignet angesehen werden kann, auf eine Verhinderung der Verschlimmerung der Erkrankung oder zumindest auf ihre Verlangsamung hinzuwirken.

Leidet der Versicherungsnehmer an einer fortgeschrittenen lebenszerstörenden Erkrankung, hängen die Anforderungen, die an die Erfolgsaussichten der von ihm gewünschten Behandlung zu stellen sind, davon ab, ob auch geeignete schulmedizinische Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen:

Bietet die Schulmedizin nur noch palliative, d.h. auf eine Reduzierung der Krankheitsfolgen gerichtete, Therapien an, da sie jede Möglichkeit kurativer Behandlung als aussichtslos ansieht, kommt die Notwendigkeit einer Alternativbehandlung bereits dann in Betracht, wenn sie eine durch Indizien begründete Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinausreichenden Erfolg bietet.

Wenn eine Alternativbehandlung die nicht ganz entfernte Aussicht auf eine weitergehende Heilung bietet, kann der an einer schweren lebensbedrohenden oder lebenszerstörenden Erkrankung leidende Versicherungsnehmer somit nicht auf allein der Eindämmung oder Linderung von Krankheitsbeschwerden dienende Standardtherapien verwiesen werden.