LG Köln zu Filesharing in Wohngemeinschaften: Hauptmieter treffen keine anlasslosen Prüfungs- und Belehrungspflichten gegenüber seinen Untermietern

Abmahnung Filesharing
21.03.2013409 Mal gelesen
Tausende Hauptmieter in deutschen Wohngemeinschaften können aufatmen. Sie sind nicht für die Filesharing-Aktivitäten ihrer Untermieter verantwortlich. Ohne konkreten Anlass müssen sie ihre Mitbewohner nicht belehren oder überwachen. So entscheid es jetzt das LG Köln (Urteil vom 14.03.2013 (Az.: 14 O 320/12, noch nicht rechtskräftig)) in einem von der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE geführten Verfahren.

Geklagt hatte wieder einmal die Musikindustrie gemeinsam mit der Hamburger Kanzlei Rasch. Über den Anschluss der WG sollten hunderte Songs getauscht worden sein. Der Hauptmieter wurde in Anspruch genommen, konnte aber nachweisen, dass er zur Tatzeit gar nicht anwesend war und sich für einen längeren Zeitraum in einer anderen Stadt aufhielt. Somit schied eine Haftung als Täter aus.

Blieb also noch die spannende Frage, ob der Hauptmieter allein deswegen haftet, da der Internetanschluss auf ihn angemeldet war. Auch diese Frage nach der so genannten Störerhaftung haben die Richter am LG Köln verneint. Zu der wichtigen Frage, ob den Hauptmieter und Internetanschlussinhaber Prüfungs- und Belehrungspflichten gegenüber seinen Untermietern treffen, bezog das Gericht klar Stellung:

"Nach Auffassung der Kammer bestehen auch keine anlasslosen Prüfungs- und Belehrungspflichten gegenüber seinen Untermietern, die nicht in seinem Haushalt wohnen. Prüfungs- und Kontrollpflichten vor Ort könnte der Hauptmieter, der die Räumlichkeiten und den Internetanschluss vollständig an die Untermieter überlässt, nicht erfüllen, wollte er nicht die im Rahmen des Mietverhältnisses geschuldete Unverletzlichkeit der Privatsphäre des Mieters verletzen. Auch eine gesonderte Belehrung ist nicht erforderlich, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für eine mögliche Verletzung bestehen. Denn aus dem Untermietverhältnis folgen Schutz- und Rücksichtnahmepflichten der Untermieter, die auch die ordnungsgemäße und rechtmäßige Nutzung des Internetanschlusses umfassen, die ihnen im Rahmen des Untermietverhältnisses gestattet war."

Gegenüber seinen Untermietern treffen den Hauptmieter und Anschlussinhaber nach Ansicht des LG Köln also ohne konkreten Anlass weder Prüfungs- und Kontrollpflichten noch Belehrungspflichten. Zwar bewohnte der Beklagte die Wohnung vorliegend nicht (mehr) selbst, die Begründung lässt sich jedoch auch auf "klassische" WG-Konstellationen mit Haupt- und Untermieter übertragen. Auch wenn der Hauptmieter ebenfalls Mitbewohner der Wohngemeinschaft ist, hat er die Privatsphäre seiner Untermieter zu achten, während diesen wiederum Schutz- und Rücksichtnahmepflichten obliegen.

Weiter stellt das Landgericht Köln auch deutlich den Unterschied zwischen Wohngemeinschaften gegenüber Familienhaushalten heraus:

"Hinzu kommt im vorliegenden Fall die Besonderheit, dass es sich bei dem Beklagten und den Zeugen um eine Gruppe von ungefähr gleichaltrigen Studenten gehandelt hat. Es ist von den Klägerinnen nicht vorgetragen oder sonst erkennbar, dass der Beklagte gegenüber den drei Beklagten einen Informationsvorsprung hinsichtlich der Benutzung und der Gefahren des Internets hatte, so dass er kraft überlegenen Wissens verpflichtet gewesen wäre, eine Belehrung auszusprechen, wie dies etwa im Verhältnis der sorgepflichtigen Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern der Fall ist."

Die jetzige Entscheidung ist die konsequente Fortführung der viel beachteten so genannten "Morpheus"-Entscheidung des BGH (Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 74/12). In dem Morpheus Verfahren, welches ebenfalls von der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE für die Beklagten und von der Kanzlei Rasch für die Klägerinnen geführt wurde, wurde die Haftung von Eltern für Filesharing-Aktivitäten ihrer minderjährigen Kinder erheblich eingeschränkt.

Mit Spannung erwartet werden können jetzt auch erste Urteile zu weiteren Konstellationen wie etwa Hotelbetrieben oder Internetcafés.