LG Hamburg - Webseitenbetreiber haftet für verlinkte Inhakte

LG Hamburg - Webseitenbetreiber haftet für verlinkte Inhakte
10.12.2016230 Mal gelesen
Erstmalig hat ein deutsches Gericht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs umgesetzt. Das Landgericht Hamburg hat mit Beschluss vom 18. November 2016 (Az. 310 O 402/16) Links auf urheberrechtsverletzende Inhalte verboten, sofern diese nicht bereits an anderer Stelle legal im Netz zu finden sind. Sind die verlinkten Inhalte nicht an anderer Stelle legal im Internet zu finden, dann haften Betreiber gewerblicher Webseiten für die urheberrechtsverletzenden Inhalte auf die sie verlinken- und zwar auch ohne Kenntnis der Rechtswidrigkeit. Entscheidend ist: Sofern das Bild irgendwo im Internet legal zu finden ist, darf auch auf die illegale Version verlinkt werden.

Bereits im September urteilte der EuGH

Bereits im September 2016 hatte der Europäische Gerichtshof darüber entschieden, wann Verlinkungen auf illegale Inhalte anderer Webseiten das Urheberrecht verletzen (Rechtssache C-160/15). Der Europäische Gerichtshof urteilte, dass wenn erwiesen ist, dass der Link-Setzer wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm gesetzte Link Zugang zu einem unbefugt im Internet veröffentlichten Werk verschafft, die Bereitstellung dieses Links eine "öffentliche Wiedergabe" darstellt. Sofern Links mit Gewinnerzielungsabsicht gesetzt werden, könne von demjenigen, der sie gesetzt hat, erwartet werden, dass er die erforderlichen Nachprüfungen vornimmt, um sich zu vergewissern, dass das betroffene Werk nicht unbefugt veröffentlicht wurde. Deshalb ist nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs zu vermuten, dass ein Setzen von Links, das mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt, in voller Kenntnis der Geschütztheit des Werks und der eventuell fehlenden Erlaubnis des Urhebers zu seiner Veröffentlichung im Internet vorgenommen wurde. In diesen Fällen stellt das Verlinken zu einem unbefugt im Internet veröffentlichten Werk, eine "öffentliche Wiedergabe" dar und ist verboten.

Das durch diese Entscheidung enorme Probleme auf eine Vielzahl von Webseiten-Betreiber zukommen würden, war bereits im September abzusehen. Denn jede Webseite handelt ab dem Moment der ersten Einblendung einer Werbung mit der Absicht Gewinn zu erzielen. Ab diesem Zeitpunkt wird aus jedem privaten Blog bzw. jeder privaten Internetseite eine gewerbliche.

Worum ging es im konkreten Fall vor dem LG Hamburg?

Nun hat erstmalig ein deutsches Gericht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Deutschland umgesetzt. Das Landgericht Hamburg entschied mit Beschluss vom 18. November 2016 (Az. 310 O 402/16) im Ergebnis gegen den Betreiber einer Webseite, der einen Link zu einer fremden Seite gesetzt hatte, auf welcher ein bearbeitetes Foto des Antragstellers (Urheber des Fotos) eingebunden war.

Konkret ging es um einen deutschen Fotografen der im Internet einen Artikel gefunden hatte, welcher mit einem bearbeiteten Foto illustriert war, an dem er selbst die ursprünglichen Urheberrechte besaß. Das ursprüngliche Foto stand unter einer Creative-Commons-Lizenz, was bedeutet, dass das Foto eigentlich von jedermann hätte kostenfrei genutzt werden können, sofern man sich an die korrekten Quellenangaben gehalten hätte. Das jedoch war unterblieben. Zudem hatte der Betreiber der Webseite das Foto vor Verwendung noch bearbeitet. Erst durch die fehlende Urhebernennung und Bearbeitung wurde die Verwendung illegal. Dies wäre auch nach aktueller Rechtsprechung vermutbar eine Urheberrechtsverletzung gewesen.

Der Fotograf stellte allerdings darüber hinaus fest, dass auch auf der Webseite eines Dritten, dem Antragsgegner im Verfahren, ein Link auf die Webseite mit dem unberechtigt genutzten Foto gesetzt war. Hiergegen ging der Fotograf vor dem LG Hamburg vor.

Der Beschluss des LG Hamburg

Die Richter am Landgericht Hamburg beschlossen nun unter Berücksichtigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs, dass auch die bloße Verlinkung auf eine nicht lizenzierte Fotografie eine eigene Urheberrechtsverletzung sein kann.

In der Verlinkung bestehe eine eigene öffentliche Wiedergabe des Fotos, die ohne Einwilligung des Urhebers erfolge. Durch die Verlinkung wird nach Ansicht der Richter der Zugriff auf ein neues Publikum eröffnet, an das der Urheber nicht gedacht hatte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe des Fotos erlaubte.

Eine solche Haftung sei allerdings nur dann anzunehmen, wenn "die Linksetzung schuldhaft in dem Sinne erfolge, dass der Linksetzer um die Rechtswidrigkeit der verlinkten Zugänglichmachung wusste oder hätte wissen müssen".

Das soll insbesondere dann gelten, wenn der Webseitenbetreiber mit Gewinnerzielungsabsicht handelt. Dabei müsse sich die Gewinnerzielungsabsicht nicht auf den konkret gesetzten Link beziehen, sondern es reiche bereits aus, wenn die verlinkende Seite im Ganzen einer Gewinnerzielungsabsicht diene. In diesem Fall sei dem verlinkenden Webseitenbetreiber zuzumuten, dass er sich durch Nachforschungen vergewissere, ob der verlinkte Inhalt rechtmäßig zugänglich gemacht wurde.

Irrelevant sei dabei die Tatsache, so das LG Hamburg, dass der Linksetzer keinerlei Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Nutzung des Fotos auf der anderen Webseite hatte. Für ein Verschulden, so die Richter, reiche es bereits aus, dass er die ihm zumutbaren Nachforschung zur Frage der Rechtmäßigkeit der Zugänglichmachung der Umgestaltung des Fotos in vorwerfbarer Weise unterlassen habe.

Fazit von IT-Anwalt Christian Solmecke:

Der Beschluss des LG Hamburg bedeutet im Ergebnis, dass der Verlinkende voll für die Urheberrechtsverletzung haften soll, auf die er verlinkt. Eine extrem weitreichende Entscheidung, wenn man sich das Gesagte in die Praxis umdenkt. Für Webseitenbetreiber heißt das, dass sie für jede Webseite auf die sie verlinken wollen, zuvor eine Überprüfung durchführen müssen und nachfragen müssen, ob dort auch tatsächlich alle Inhalte korrekt eingekauft und veröffentlicht wurden, oder ob sich eventuell doch ein illegales Bild auf der Seite befindet.

Eine in meinen Augen sehr unsägliche Entscheidung, die nun vor dem LG Hamburg erwirkt wurde. Daraus ergibt sich das Problem, dass nun niemand mehr so Recht weiß, wie man im Internet noch rechtmäßig verlinken kann, ohne direkt in eine potenzielle Haftung zu gelangen.

Das gilt natürlich nicht nur für Internetseiten, sondern auch für soziale Netzwerke wie Facebook. Wer dort auf illegale Inhalte verlinkt, für den gilt das Gleiche, mit der Einschränkung, dass es sich um eine professionelle, sprich gewerblich betriebene Seite handelt.

Was leider nicht geklärt worden ist, ist die Frage, ob Aussagen des Gerichts nur für Links auf die direkte Seite gelten, auf der sich die urheberechtsverletzenden Inhalte befinden, oder ob auch Links betroffen sind, bei denen erst eine Unterseite der verlinkten Seite irgendwelche illegalen Inhalte beinhalten würde. Ein solches Ausmaß wäre katastrophal.

Wichtig: Eine Haftung für Verlinkende kommt nur dann in Betracht, wenn im Internet nirgends eine legale Version des Bildes zu finden ist, auf das verlinkt wird. Findet sich im Netz auch eine legale Version des Bildes, dann scheidet eine Haftung wegen der Verlinkung auf die illegale Quelle aus, da man dann durch die Verlinkung keinem neuen Personenkreis den Zugriff eröffnet. Das Bild befand sich ja bereits zuvor legal im Netz.

Gesagt werden muss auch deutlich, dass der Beschluss leider im Rahmen einer einstweiligen Verfügung erwirkt wurde, bei der eine ordentliche Verteidigung in der Regel nicht möglich ist. Dies lässt sich im konkreten Fall auch daran erkennen, dass der Antragsgegner sofort eine Abschlusserklärung abgegeben hat und sich dem Beschluss fügte. Eine weitergehende Verteidigung fand überhaupt nicht statt. Rechtssicherheit jedenfalls wurde durch den Beschluss nicht geschaffen, da der Fall nun nicht durch die Instanzen gehen wird. Interessant wäre jedoch wäre vor allem gewesen, wie der Bundesgerichtshof diesen Fall beurteilt hätte. Somit ist leider dem ganzen Internet ein Bärendienst erwiesen worden. Zurück bleibt eine zunächst eine große Unsicherheit.