LAG Hamm: Arbeitgeber darf bei Kündigung womöglich auf Chatprotokolle vom PC am Arbeitsplatz zurückgreifen

Arbeit Betrieb
01.08.2012524 Mal gelesen
Ein Arbeitnehmer sollte sich gut überlegen, welche persönlichen Daten er seinem PC am Arbeitsplatz anvertraut und worüber er mit seinen Kollegen chattet. Denn die betreffenden Daten dürfen unter Umständen gegen ihn verwendet werden, wenn der Arbeitgeber ihm kündigt. Dies ergibt sich aus einem aktuellen Urteil des Landesarbeitsgerichtes Hamm.

Vorliegend hatte ein Arbeitnehmer die Kündigung erhalten mit der Begründung, dass er seinen Arbeitgeber durch ein Vermögensdelikt geschädigt habe. Hiermit war der Arbeitnehmer jedoch nicht einverstanden und reichte Kündigungsschutzklage ein. Im Folgenden legte der Arbeitgeber zum Nachweis für eine angeblich begangene Vermögensstraftat Chatprotokolle vor, die der Mitarbeiter auf seinem Büro - PC abgespeichert hatte.

 

Demgegenüber konterte der Arbeitnehmer, dass diese Daten gar nicht verwertet werden dürfen. Denn der Arbeitgeber habe kein Recht gehabt, auf die Chatprotokolle eigenmächtig zuzugreifen. Hierdurch habe er insbesondere gegen den Datenschutz verstoßen.

 

Das Landesarbeitsgericht Hamm wies die Klage des Arbeitnehmers mit Urteil vom 10.07.2012 (Az. 14 Sa 1711/10) ab. Die Richter räumten ein, dass der Arbeitgeber möglicherweise durch seinen Zugriff auf den Rechner und die Sicherung der Chatprotokolle gegen § 206 StGB, § 88 TKG. § 32 BDSG und § 87 Absatz 1 Nummer 1 und 6 BetrVG verstoßen hat. Ein Verstoß gegen den Datenschutz muss jedoch nicht zwangsläufig zu einem Beweisverwertungsverbot führen. Die Verwertung ist unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Dies setzt zunächst einmal voraus, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer lediglich eine gelegentliche private PC-Nutzung erlaubt hat. Darüber hinaus muss er seinen Mitarbeiter darauf aufmerkam gemacht haben, dass er bei einer Abwicklung persönlicher Angelegenheiten über den Rechner und über das Netzwerk der Kollegen keine Vertraulichkeit erwarten darf. Dabei muss er gleichzeitig darauf hinweisen, dass der Arbeitgeber die Nutzung überwachen und bei gegebener Notwendigkeit die vom Mitarbeiter angelegten beziehungsweise ausgetauschten Daten einsehen kann. Dies ist nach den Feststellungen des Gerichtes hier der Fall gewesen.

 

Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Landesarbeitsgericht Hamm hat gegen diese Entscheidung die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

 

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