Klage wegen fehlerhafter Behandlung durch den Durchgangsarzt nach einem Arbeitsunfall ist gegen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu richten

Klage wegen fehlerhafter Behandlung durch den Durchgangsarzt nach einem Arbeitsunfall ist gegen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu richten
31.01.2017993 Mal gelesen
Der sog. Durchgangsarzt entscheidet über die weitere Behandlung eines Patienten nach einem Arbeitsunfall. Der BGH hatte darüber zu befinden, ob bei einem Diagnosefehler der Durchgangsarzt oder die Berufsgenossenschaft zu verklagen ist.

Klage wegen fehlerhafter Behandlung durch den Durchgangsarzt nach einem Arbeitsunfall ist gegen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (hier: Berufsgenossenschaft) zu richten

Dies hat der BGH durch Urteil vom 29.11.2016 - VI ZR 208/15 entschieden.

Folgendes war passiert:

Der Kläger war nach einem Arbeitsunfall in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Die Untersuchung erfolgte durch eine Ärztin, durch sich der beklagte in seiner Funktion als Durchgangsarzt vertreten ließ, ohne dass sie zur ständigen Vertreterin bestellt war.

Die Ärztin stufte den Kläger als arbeitsfähig ein un ordnete als Heilbehandlung allgemeine Heilbehandlung durch einen anderen Arzt an.

Etwa eine Woche später stellte ein anderer Durchgangsarzt, den der Kläger aufgesucht hatte, einen Lendenwirbelbruch fest. Er wurde vier Tage später operiert und ihm eine vorläufige Erwerbsminderungsrente in Höhe von 20% gewährt.

Die gegen den Durchgangsarzt gerichtete Klage auf Schadenersatz sowie die Berufung des Klägers waren erfolglos.

Zu Recht, so der BGH. Nicht der Beklagte, sondern die Berufsgenossenschaft als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung sei passivlegitimiert.

Zwar sei ärztliche Heilbehandlung in der Regel nicht Ausübung eines öffentlichen Amtes, dies gelte auch nicht für ärztliche Behandlung nach einem Arbeitsunfall.

Die Tätigkeit eines Durchgangsarztes sei hingegen nicht in vollem Umfang dem Privatrecht zugeordnet. Er entscheide, ob die allgemeine oder eine besondere Heilbehandlung erforderlich sei. Bei dieser Entscheidung erfülle er eine Aufgabe der Berufsgenossenschaft und übe daher ein öffentliches Amt aus. Bei fehlerhafter Entscheidung hafte der Durchgangsarzt nicht persönlich, sondern die Berufsgenossenschaft.

Die bislang höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage, ob der Durchgangsarzt auch bei der Diagnoseerstellung während der  durchgangsärztlichen Eingangsuntersuchung ein öffentliches Amt ausübe, sei zu bejahen. Durchgangsärztliche Untersuchungen, Befunderhebungen und Diagnosen bildeten die unabdingbare Grundlage für die hoheitliche Entscheidung der Berufsgenossenschaft, ob eine allgemeine oder eine besondere Heilbehandlung durchgeführt werde.

Die fehlerhafte Diagnose habe sich vorliegend notwendigerweise so ausgewirkt, dass die Erforderlichkeit einer besonderen Heilbehandlung und die Notwendigkeit einer Operation verneint wurden.

Angesichts des engen inneren Zusammenhanges zwischen Diagnosestellung und die öffentlich-rechtliche Entscheidung über die Heilbehandlung sei die Diagnosestellung ebenfalls als öffentlich-rechtliche Aufgabe des Durchgangsarztes einzuordnen. Die gegenteilige Auffassung des III. Zivilsenates (Urteil vom 9. Dezember 1974 - III ZR 131/72) werde von diesem nicht mehr aufrechterhalten (BGH, Beschluss vom 10. November 2016 - III ARZ 2/16).

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