Kein Erlöschen des urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs bei rechtsmissbräuchlicher Abmahnung

Geistiges Eigentum und Urheberrecht
23.02.2013275 Mal gelesen
Führt eine missbräuchliche Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung automatisch zum Erlöschen des Unterlassungsanspruchs oder zur Unzulässigkeit einer nachfolgenden Klage? Diese Frage hatte der BGH zu beantworten und verneinte sie in einer nun bekannt gewordenen Entscheidung.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann jedenfalls ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden, wenn dieser im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG außergerichtlich missbräuchlich geltend gemacht wurde (BGH I ZR 215/98).

 

BGH: Wettbewerbsrechtliche Grundsätze nicht auf das Urheberrecht übertragbar

 

Obwohl eine Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung, ebenso wie eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung, rechtsmissbräuchlich sein kann, hat der BGH nun entschieden, dass die im Wettbewerbsrecht entwickelten Grundsätze nicht analog auf das Urheberrecht zu übertragen sind (Urteil vom 31.5.2012 - I ZR 106/10 "Ferienluxuswohnung.de").

 

Alleiniger Unterlassungsgläubiger im Urheberrecht

 

Nach der Ansicht des BGH fehle zwar eine dem § 8 UWG entsprechende Regelung im Urheberrechtsgesetz, jedoch läge keine planwidrige Regelungslücke vor, die eine analoge Anwendung rechtfertige. § 8 Abs. 4 UWG habe die Funktion eines Korrektivs gegenüber der Masse möglicher Anspruchsberechtigter (vgl. § 8 Abs. 3 UWG). Ein Wettbewerbsverstoß könne durch eine Vielzahl von Anspruchsstellern verfolgt werden, sodass der Anspruchsgegner der Gefahr mehrerer Abmahnungen und gerichtlicher Verfahren ausgesetzt sei. Daher bedürfe es insbesondere im Fall missbräuchlicher Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche einer Handhabe. Bei Urheberrechtsverletzungen dagegen sei nach § 97 Abs. 1 UrhG allein der Verletzte berechtigt, Ansprüche geltend zu machen. Wäre die gerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im Fall einer missbräuchlichen Abmahnung also ausgeschlossen, müsste der Anspruchsberechtigte die Rechtsverletzung endgültig hinnehmen. Dies führe zu einer unzumutbaren Einschränkung seiner Rechte.

 

Unterlassungsanspruch im Urheberrecht (auch mit einer Klage)weiter durchsetzbar

 

Das Urteil des Bundesgerichtshofs stellt letztlich klar, dass der Rechteinhaber an einer gerichtlichen Durchsetzung seines missbräuchlich geltend gemachten urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs nicht gehindert ist. Allerdings berechtigt eine missbräuchliche Abmahnung den Anspruchssteller nicht zur Geltendmachung etwaiger Ersatzansprüche nach § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG.