Hinterziehungszinsen muss nur derjenige entrichten, der auch wusste, dass er Steuern hinterzogen hat

Hinterziehungszinsen muss nur derjenige entrichten, der auch wusste, dass er Steuern hinterzogen hat
25.07.2013476 Mal gelesen
Eine Veranlagung zu Hinterziehungszinsen nach strafbefreiender Selbstanzeige kommt nach Ansicht des Finanzgerichts Düsseldorf dann nicht in Betracht, wenn den Anzeigenden überhaupt nicht in den Sinn gekommen war, Steuern hinterzogen zu haben.

Ein Ehepaar mit türkischer Staatsangehörigkeit lebt seit 1973 in Deutschland. Sie hatten schon seit Jahren bei der türkischen A-Bank Geld angelegt. Die Mitarbeiter der A-Bank hatten unserem Ehepaar erklärt, dass sie als Türken auf in der Türkei erwirtschafte Kapitalerträge die türkische Abschlagssteuer zu entrichten hätten. Außerhalb der Türkei müssten sie hierfür nicht auch noch zusätzlich Steuern bezahlen.

Diese Auskunft klang für unser Ehepaar einleuchtend und logisch. Die aus der Kapitalanlage erzielten Zinserträge erklärte unser Ehepaar im Rahmen ihrer deutschen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1997 bis 2001 folgerichtig nicht.

Aufgrund einer Ermittlung der Steuerfahndung bei der (deutschen) C-Bank erfuhr diese von Geldanlagen von Türken bei türkischen Banken, die dazu führten, dass das Finanzamt für Straf- und Bußgeldsachen auch gegen unser Ehepaar ein Ermittlungsverfahren einleitete.

Die Eheleute reichten daraufhin eine strafbefreiende Selbstanzeige ein und erklärten die Zinserträge aus den Geldanlagen bei der türkischen A-Bank nach.

Die Einkommensteuerbescheide 1997, 1999, 2000 und 2001 wurden mit Bescheiden vom 3. Dezember 2004 geändert. Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt. Mit Bescheid vom 18. August 2005 setzte das Finanzamt Hinterziehungszinsen wegen hinterzogener Einkommensteuer und hinterzogenem Solidaritätszuschlag 1997, 1999, 2000 und 2001 in Höhe von insgesamt 1.384 EUR fest.

Die Eheleute legten Einspruch wegen der Hinterziehungszinsen ein.

Sie hätten keine Steuern "hinterzogen". Hinterziehung setzte Vorsatz voraus. Sie hätten nicht gewusst, dass sie als Türken für in der Türkei angelegte und dort auch noch versteuerte Kapitalerträge auch noch in Deutschland Steuern zahlen müssten.

Das Finanzamt will von fehlendem Vorsatz nichts wissen und wies den erhobenen Einspruch zurück.

Beim Finanzgericht beantragten sie erst mal die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide.

Das Finanzgericht setzte den Vollzug der Einkommensteuerbescheide aus.

Das Gericht der Hauptsache kann die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts wegen ernstlicher Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit aussetzen. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken.

Im Streitfall bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Hinterziehungszinsbescheides in tatsächlicher Hinsicht. Hinterzogene Steuern sind zu verzinsen. Mithin muss der objektive und subjektive Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt sein. Der objektive Tatbestand ist erfüllt, der subjektive Tatbestand setze jedoch Vorsatz voraus. Dazu fehlen einzelfallbezogene Feststellungen des Finanzamts.

Nach den vorliegenden Unterlagen, insbesondere einem Vermerk der Steuerfahndungsstelle vom 8. Januar 2004, sei sogar davon auszugehen, dass diese weder eine vorsätzliche Steuerhinterziehung noch eine leichtfertige Steuerverkürzung angenommen habe.

Das Finanzamt trage im Übrigen hinsichtlich der Voraussetzungen für die Steuerhinterziehung die Feststellungslast.

Der Vollzug des Bescheides war mithin vorläufig auszusetzen.

(Quelle: Finanzgericht Düsseldorf, Beschluss vom 01.01.2006; 18 V 4520/05)

 

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