Hamburg beschließt die Beschlagnahme von privaten gewerblichen Immobilien. Eingriff in Art. 14 GG.

Staat und Verwaltung
02.10.2015454 Mal gelesen
Die Hamburger Bürgerschaft hat das umstrittene "Gesetz zur Sicherung der Flüchtlingsunterbringung in Einrichtungen" verabschiedet. Dies stellt einen erheblichen Eingriff in die Eigentumsfreiheit dar.

Das Gesetz gilt ab kommender Woche und soll bis März 2017 befristet sein. Das Gesetz wurde in zweiter und letzter Lesung mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken beschlossen. Damit können leer stehende private Immobilien beschlagnahmt werden. Privatwohnungen sollen nicht betroffen sein. Insbesondere aufgrund dergestalter Nutzung solcher Immobilien ist mit einer erheblicher Wertminderung und Verschlechterung des Zustandes zu rechnen. Maßnahmen aufgrund dieses Gesetzes kommen einem enteignungsgleichen Eingriff nahe.

Unabhängig von humanitären oder moralischen Fragen ist gesetzlich bestimmt: Personen, die über sichere Drittstaaten eingereist sind, können sich nach Art. 16a, Abs. 2 Satz 1 GG, i. V. m. § 26a, Abs. 1 AsylVfG in der Regel nicht auf das Asylrecht nach Art. 16a Grundgesetz berufen, da nach dem Willen des Gesetzgebers schon in dem sicheren Drittstaat die Möglichkeit bestand, Asyl zu beantragen, womit keine Notwendigkeit einer Asylbeantragung in der Bundesrepublik Deutschland mehr gegeben sei. Ist der sichere Drittstaat, über den die Einreise erfolgte, bekannt, so kann die betreffende Person sofort dorthin abgeschoben werden. Sichere Drittstaaten sind alle Länder der europäischen Union, Norwegen und die Schweiz. Hinzu kommt nach § 16 AsylVfG: "Die Identität eines Ausländers, der um Asyl nachsucht, ist durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu sichern, es sei denn, dass er noch nicht das 14. Lebensjahr vollendet hat." Die Norm macht dazu umfangreiche Ausführungen.

Die Frage ist, ob das in Kraft tretende Gesetz verfassungsgemäß ist, insbesondere vor dem Hintergrund, daß die deutsche Regierung, die Bundesländer bzw. die deutschen Behörden und letztlich der Staat gegen diese Rechtslage verstoßen hat (Duldung bzw. Förderung unregistrierter Einreise über sichere Drittstaaten).

Vorwürfe, daß mit dem Gesetz auch der Zugriff auf Privatwohnungen möglich werden könnte, wies die Hamburger Regierung einem Bericht des "Hamburger Abendblatts" nach zurück. "Die Regelung bezweckt ausdrücklich nicht die Inanspruchnahme kleiner privater ungenutzter Wohnungen oder die Einquartierung von Flüchtlingen in ungenutzten Teilen von Wohnungen, wie dies nach dem Krieg der Fall war."

Die Frage stellt sich, was dann mit großen privaten Wohnungen geschehen kann oder soll. Es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß mit diesem Gesetz der Zugriff auf sämtliche private Immobilien, auch zu Wohnzwecken, eröffnet sein kann. Medienberichten zur Folge sind jedenfalls Fälle bekannt, daß Bewohner von städtischen Wohnungen vereinzelt Eigenbedarfskündigungen erhalten haben.

Eine Gefahrenlage, die nach den Landespolizeigesetzen Eingriffe in die Eigentumsfreiheit rechtfertigen kann (erhebliche, gegenwärtige Gefahr für Gesundheit, Leib oder Leben) ist derzeit nicht erkennbar.

Sofern die Behörden auf Ihre Immobilie zugreifen wollen, oder Sie eine Eigenbedarfskündigung erhalten haben, sollten Sie sich umgehend anwaltlichen Beistandes versichern.


Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein.

Mail:kanzlei@anwalthesterberg.de