Haben Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einen Schulungsanspruch?

Haben Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einen Schulungsanspruch?
14.11.2016903 Mal gelesen
Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat müssen, um ihrer verantwortungsvollen Aufgabe gerecht werden zu können, über gewisse Mindestkenntnisse vor allem im betriebswirtschaftlich, steuerlich und juristisch für das Unternehmen relevanten Umfang verfügen.

Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat müssen, um ihrer verantwortungsvollen Aufgabe gerecht werden zu können, über gewisse Mindestkenntnisse vor allem im betriebswirtschaftlich, steuerlich und juristisch für das Unternehmen relevanten Umfang verfügen. Dabei sind die erforderlichen Kenntnisse im Einzelfall von Art und Größe des jeweiligen Unternehmens abhängig. Einen allgemein gültigen Maßstab gibt es folglich nicht.

Für die Arbeitnehmervertreter stellt sich in der Praxis regelmäßig die Frage, ob sie etwaige Schulungen selbst bezahlen müssen, oder ob das Unternehmen die Kosten übernehmen muss. Zunächst ist dabei festzuhalten, dass es einen § 37 Abs. 6 und 7 BetrVG entsprechenden Schulungsanspruch wie für Betriebsräte nicht gibt. Eine solche Regelung fehlt sowohl im DrittelbG als auch im MitbestG. Der Gesetzgeber hat bei Schaffung des DrittelbG und des MitbestG sowohl den Qualifizierungsbedarf der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, als auch die entsprechende betriebsverfassungsrechtliche Regelung gekannt. Insofern ist davon auszugehen, dass er bewusst von einer Normierung in der Unternehmensmitbestimmung abgesehen hat.

In der Praxis gewähren die meisten Unternehmen ihren Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat freiwillig jedenfalls Grundlagenschulungen zu rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Basiskenntnissen. Auch sie haben schließlich ein vitales Interesse an kompetenten Aufsichtsratsmitgliedern. Zudem dürften solche Schulungen regelmäßig als Bestandteil eines angemessenen Risikomanagementsystems anzusehen sein, welches heute zu jeder verantwortungsvollen Unternehmensführung gehört. 

Besteht für die Arbeitnehmervertreter über die Mindestkenntnisse hinaus, auf Grund eines speziellen Anlasses im Unternehmen, ein besonderer Schulungsbedarf, so kann ein Anspruch auf Kostenerstattung aus §§ 670, 675 BGB hergeleitet werden. Voraussetzung ist, dass das Aufsichtsratsmitglied die Kosten den Umständen des Einzelfalls nach für erforderlich halten durfte und diese angemessen sind. 

Ein Kostenerstattungsanspruch kann allerdings dann im Ergebnis ausscheiden, wenn ein Teil der Aufsichtsratsvergütung gewährt wird, um etwaige Schulungskosten auszugleichen, die Schulungskosten also mit der Vergütung abgegolten sein sollen.

Dr. Christian Velten, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Gießen