Grundsätzliches zur Betrieblichen Altersvorsorge: Welche Möglichkeiten gibt es überhaupt? (Update)

Soziales und Sozialversicherung
17.07.20071524 Mal gelesen

Im Zuge der allgemeinen Unsicherheit bei der gesetzlichen Rente erhält die betriebliche Altersvorsorge als zweite Rente eine immer größere Bedeutung, wie sich bereits an den Versicherungszahlen zeigt.

Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung geht man von einem jährlichen Beitragsvolumen von ca. 330 Milliarden Euro aus, wobei allein auf die Direktversicherungen 157 Milliarden Euro und auf die Rückdeckungsversicherungen noch einmal 92 Milliarden Euro entfallen (2006).


Im Jahre 2006 wurden allein ca. 1,1 Millionen Neuverträge abgeschlossen, sodass der Gesamtbestand inzwischen bei ca. 11,5 Millionen Verträgen liegt.


Grundsätzlich sind für die betriebliche Altersvorsorge zwischenzeitlich fünf verschiedene Durchführungswege möglich:


Üblicherweise ging von man von den vier "klassischen" Durchführungswegen aus:


? Direktzusage.


? Direktversicherung.


? Pensionskasse.


? Unterstützungskasse.


In den letzten Jahren kam als fünfter Durchführungsweg der seit dem 01. Januar 2002 zulässige Pensionsfond hinzu, welcher allerdings weit hinter den in ihn gesetzten hohen Erwartungen zurückblieb.


Die Durchführungswege/Versorgungsformen werden im Folgenden noch im Detail erläutert.


Rechtsgrundlage:


Rechtsgrundlage ist im Wesentlichen das "Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung" (Betriebsrentengesetz) BetrAVG.


1. Persönlicher Geltungsbereich, gem. § 17 BetrAVG


Voraussetzung ist das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, wobei sowohl Arbeitnehmer, freie Mitarbeiter als auch arbeitnehmerähnliche Personen erfasst sein können.


Darüber hinaus gilt es auch (zum Teil mit Einschränkungen) für Vorstände und Geschäftsführer, jedoch nicht für Unternehmer.


2. Sachlicher Geltungsbereich gem. § 1, 1 a BetrAVG


Seit dem 01.01.2002 besteht ein gesetzlicher Rechtsanspruch auf eine betriebliche Altersversorgung.

Aktuell sind jetzt auch die Begünstigungen für Arbeitnehmer über die zunächst geltende Befristung zum 31. Dezember 2008 hinaus verlängert worden, damit ist die Entgelt-Umwandlung auch steuerlich interessant geblieben.


Dies bedeutet im Klartext, dass jeder sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer inzwischen verlangen kann, dass ein Teil seines Gehaltes steuerbegünstigt in Beiträge zur Altersvorsorge umgewandelt wird.


3. Die Legaldefinition der betrieblichen Altersversorgung


findet sich in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG.


Danach liegen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in folgenden Fällen vor:


. Es erfolgt eine Zusage zum Zwecke der Versorgung.


. Die Leistung ist von einem Versorgungsfall abhängig.


. Die Zusage ist im konkreten Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis erfolgt.


Im Einzelnen:


1.) Direktzusage:


Bei der Direktzusage zahlt der Arbeitgeber selbst die Pension aus der eigenen Tasche, sodass neben einem hohen betrieblichen Verwaltungsaufwand in der Bilanz Rückstellungen gebildet werden müssen.


Als unerwünschter Nebeneffekt erhöht sich dadurch die Bilanzsumme im Verhältnis zum Eigenkapital, was sich letztlich auf die Kreditwürdigkeit auswirkt.


2.) Direktversicherung:


Die Direktversicherung ist in der Praxis beliebt, weil einfach zu handhaben.
Die Beiträge werden in eine sicherheitsorientierte Lebens- oder Rentenversicherung gezahlt, ohne weiteren Aufwand für den Arbeitgeber. Sie findet sich daher tendenziell bei kleineren Unternehmen, bzw. ist oftmals die Wahl des Arbeitnehmers.
Entsprechend entfielen 2006 mehr als 40 Prozent der Neuverträge auf die Direktversicherung.


3.) Pensionskasse:


Die Pensionskasse ist ein Klassiker, bei dem ebenfalls praktisch kein Risiko besteht.
Diese ist eine rechtlich selbständige Einrichtung, meist als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) organisiert.
Sie erbringt dann die Versorgungsleistungen im Rechtsverhältnis zu den Arbeitnehmern eines einzelnen Unternehmens oder üblicherweise eines Konzerns.


Die Arbeitnehmer sind dann regelmäßig unmittelbare Mitglieder der Pensionskasse.


Als entscheidender Unterschied zur Unterstützungskasse besteht gegenüber der Pensionskasse ein unmittelbarer Rechtsanspruch auf Erbringung der Leistung und diese unterliegt der Versicherungsaufsicht.


4.) Unterstützungskasse:


Die Unterstützungskasse ist eine rechtlich selbständige Einrichtung, welche die Versorgungsleistungen an die Arbeitnehmer eines oder mehrer Unternehmen erbringt. Hierbei ist auch eine Rückdeckung durch eine Versicherung (Rückdeckungsversicherung) üblich.


Historisch begründet ist zu beachten, dass kein Rechtsanspruch auf die Leistungen besteht!
Dies erfolgte im Hinblick auf die gesetzliche Notwendigkeit der Versicherungsaufsicht.


Allerdings besteht ein Leistungsverweigerungsrecht nur aus sachlich berechtigten Gründen und es besteht die Subsidiärhaftung des Arbeitgebers im Falle der Leistungsverweigerung; dieser muss also zahlen, wenn die Unterstützungskasse nicht zahlen kann oder will.
Allerdings ist ein Widerruf durch den Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes möglich (BAG-Urteil vom 17.11.1992).


Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorliegt, der Arbeitgeber allerdings die Zahlungen an die Unterstützungskasse leistet, welche wiederum an den Arbeitnehmer die Leistung erbringt.


5.) Pensionsfond:


Der Pensionsfond ist risikoreicher: das gesamte Kapital kann in Aktien angelegt werden und bis zu 30 Prozent auch in fremden Währungen, z.B. in kolumbianischen Koka-Pesos.


Entsprechend muss der Arbeitgeber aber auch für Verluste einstehen und der Pensionsfond ist mit weniger als 10 Prozent Marktanteil das Schlusslicht bei den Neu-Abschlüssen.
Allerdings ist tendenziell mit einer höheren zukünftigen Rente zu rechnen und Pensionsfonds sind als durchaus seriöse Altersvorsorge anzusehen, welche insbesondere in anglo-amerikanischen Staaten weit verbreitet sind.


Der Arbeitnehmer hat also zunächst die Qual der Wahl.


Bietet der Arbeitgeber aber bereits eines der Modelle an, muss der Arbeitnehmer dieses annehmen; Anarchie ist von Gesetzes wegen nicht erwünscht.


Ulf Linder
Magister rer. publ.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht


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