Grundsätze zum Kündigungsschutz der leitenden Angestellten

Arbeit Betrieb
02.02.20081808 Mal gelesen

Die leitenden Angestellten stellen eine besondere Gruppe der Arbeitnehmer dar, weil sie vorrangig Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen, nämlich Unternehmeraufgaben mit eigenem (meist erheblichen) Entscheidungsspielraum. Gleichwohl bietet die Differenzierung in der Praxis immer wieder neue Angriffsfläche und gibt Anlass zur Diskussion. In der Rechtsprechung ist jedoch nur wenig Bewegung zu verzeichnen.

Der leitende Angestellte genießt im Grundsatz Kündigungsschutz, welcher im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) jedoch einige Besonderheiten erfährt. Ebenfalls gelten im Betriebsverfassungsrecht (BetrVG) Besonderheiten.

 
Zunächst steht jeweils die Qualifizierung des betroffenen Arbeitnehmers als leitender Angestellter - oder als Arbeitnehmer, der nicht als solcher zu qualifizieren ist.


§ 14 KSchG bestimmt für die Einstufung der Angestellte in leitender Stellung:

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht

  • 1. in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
  • 2. in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen.

(2) Auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme des § 3 Anwendung. § 9 Abs. 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung bedarf.

Nach Maßgabe des § 2 ArbGG i.V.m. § 5 ArbGG sind die Arbeitsgerichte für Kündigungsstreitigkeiten leitender Angestellter ausschließlich zuständig. Im Falle der Kündigung des Vertragsverhältnisses können Leitende Angestellte somit keinen Einspruch beim Betriebsrat einlegen, soweit sie zu den leitenden Angestellten i.S.d. § 5 Abs. 3 Satz 1 BetrVG gehören.

 

Das Betriebsverfassungsgesetz nimmt die leitenden Angestellten von seinem Geltungsbereich aus, § 5 Abs 3 und 4 BetrVG

 
§ 5 Abs 3 und 4 BetrVG bestimmt Folgendes: (.)

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

  • 1. zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
  • 2. Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
  • 3. regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere auf Grund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

  • 1. aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
  • 2. einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
  • 3. ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
  • 4. falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges  Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

 
Zu beachten ist unbedingt, dass die Einordnung im KSchG und im BetrVG somit verschiedene Wege geht und nicht stets zum selben Ergebnis führt. Hieraus können erhebliche taktische Vorteile für die Rechtverfolgung oder Rechtsverteidigung folgen!

 
Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG gilt, dass § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG mit der Maßgabe Anwendung findet, dass der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung keiner Begründung bedarf. Dies gilt aber nur dann, wenn das Gericht die Sozialwidrigkeit der Kündigung feststellt. Aus Sicht der Darlegungs- und Beweislast muss der Arbeitgeber dann nicht darlegen und beweisen, dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht mehr erwartet werden kann. Die vom Gericht festzusetzende angemessene Abfindung richtet sich in diesen Fällen nach § 10 KSchG. Hier muss prozesstaktisch agiert werden, um die etwaige Zweifelsfrage der Einordnung positiv zu nutzen.