Gibt es einen Auskunftsanspruch gegen den Blogbetreiber bei persönlichkeitsrechtsverletzender Äußerung eines Dritten im Blog? OLG Dresden

Internet, IT und Telekommunikation
13.07.2012445 Mal gelesen
Nach Ansicht des OLG Dresden besteht bei einer persönlichkeitsrechtsverletzenden Äußerung durch einen Dritten in einem Blog ein Auskunftsanspruch darüber, wer den Blogeintrag verfasst hat, auch gegen den Blogbetreiber.

In einem Blog war ein Kommentar von einem Dritten gepostet worden, der nach Ansicht des Klägers dessen Persönlichkeitsrechte verletzte. Der Kläger verlangte von dem Blogbetreiber Auskunft darüber, wer den Kommentar verfasst hatte.

OLG Dresden

Das OLG Dresden entschied, dass grundsätzlich ein Auskunftsanspruch bestehen würde. Das ergibt sich aus § 242 BGB, wie das OLG Dresden in seinem Beschluss vom 08.2012,Az. U 1850/11, erläutert:

"In Betracht kommt allerdings der allgemeine bürgerlich-rechtliche Auskunftsanspruch gemäß §§ 242, 259, 260 BGB, der auch auf Dritte als Nicht-Verletzer anwendbar ist (BGH GRUR 2001, 841; Hartmann, Unterlassungsansprüche im Internet, S. 146). Er besteht grundsätzlich in jedem Rechtsverhältnis, in dem der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechtes im Ungewissen und der Verpflichtete unschwer zur Auskunftserteilung in der Lage ist (so bereits BGHZ 10, 385). Unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht der in Anspruch Genommene, sondern ein Dritter Schuldner des Hauptanspruchs ist, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung ermöglichen soll (BGH GRUR 2001, 841; GRUR 1995, 427; GRUR 1994, 635). Eine für den Anspruch erforderliche rechtliche Sonderverbindung folgt dann aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis. Stellt sich ein Kommentar in einem Blog als rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verletzten dar, unterliegt nämlich auch der Blogbetreiber ebenso wie ein Hostprovider unter bestimmten Voraussetzungen, namentlich bei Verletzung von Prüfpflichten der allgemeinen Störerhaftung (BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10 - zitiert nach Pressemitteilung; NJW 2011, 753; CR 2010, 458; Senat, Hinweisbeschluss vom 7.10.2011, 4 U 919/11 n.v.). Der Auskunftsanspruch ergibt sich dann als Minus zu den ansonsten bestehenden Ansprüchen auf Unterlassung und Löschung persönlichkeitsverletzender Einträge. Ob - wie das Landgericht unter Bezug auf die o.a. Entscheidung des OLG Hamm angenommen hat, einem solchen Auskunftsanspruch § 13 Abs. 6 S.1 TMG entgegenstünde, erscheint zweifelhaft, ist für das vorliegende Verfahren jedoch nicht entscheidungserheblich."

Nach Ansicht des OLG Dresden bestand hier nämlich ein Auskunftsanspruch  schon deswegen nicht, weil sich der streitgegenständliche Blog-Kommentar in verfassungsrechtlich zulässigen Grenzen halte - eine Pflicht zu dessen Löschung bestünde daher nicht.

OLG Hamm

Das OLG Hamm lehnt in der in dem Beschluss des OLG Dresden genannten Entscheidung einen Auskunftsanspruch ab, OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2010, 3 U 196/10. In der Entscheidung des OLG Hamm ging es darum, ob ein in einem Bewertungsportal durch eine Bewertung Betroffener gegen den Diensteanbieter einen Auskunftsanspruch über den Urheber der Bewertung hat. Dazu führt das OLG Hamm aus:

"Einem solchen Auskunftsanspruch steht die eindeutige Wertung des Gesetzgebers in § 13 Abs. 6 Satz 1 TMG entgegen, wonach ein Dienstanbieter - wie die Beklagte zu 1) - die Nutzung von Telemedien anonym oder unter pseudonym zu ermöglichen hat, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Soweit der Kläger sein Auskunftsbegehren in erster Instanz auf § 13 Abs. 7 TMG gestützt hat, ist von ihm übersehen worden, dass diese Norm lediglich dem Nutzer - vorliegend also der sich hinter der Bezeichnung "T X" verbergenden Person - einen Anspruch auf Auskunft über die zu seiner Person oder zu seinem Pseudonym gespeicherten Daten gewährt. Ein Auskunftsanspruch des Klägers vermag ferner nicht damit begründet zu werden, dass der deutsche Gesetzgeber Art. 15 Abs. 2 der E-Commerce-Richtlinie (ECRL) nicht umgesetzt hat; abgesehen davon, dass die in Art. 15 Abs. 2 ECRL vorgesehene Ermächtigung des europäischen Richtliniengebers nur eine Möglichkeit und keine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten vorsieht, bestimmte Informationspflichten für Dienstanbieter zu bestimmen (vgl. Hartmann, Unterlassungsansprüche im Internet, S. 143), begründet Art. 15 Abs. 2 ECRL allenfalls einen Auskunftsanspruch der zuständigen Behörden. Mangels Vorliegens einer planwidrigen Lücke kann daher ein Auskunftsanspruch des Klägers auch nicht im Wege einer analogen Anwendung des § 809 BGB oder aus § 242 BGB hergeleitet werden."

Rechtsanwältin Amrei Viola Wienen
Anwaltskanzlei Wienen, Kanzlei für Medien & Wirtschaft
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