Gesetzliche Unfallversicherung: Versicherungsschutz für Selbständige, wenn diese für einen Drittbetrieb wie ein Beschäftigter tätig werden

Schaden, Versicherung und Haftpflicht
30.01.20101967 Mal gelesen
 
Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung hängt die Entscheidung, ob ein Arbeitsunfall versichert ist, häufig von der Frage ab, ob der Verletzte selbständig oder in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig war.
 
Ein Beispiel findet sich in der Entscheidung des Sozialgerichts Hannover vom 03.07.2008. Auch das Bundessozialgericht erkannte mit Urteil vom 30.01.2007 die Versicherungspflicht eines Stukkateurmeisters an, der hauptsächlich als selbständiger Alleinunternehmer Stukkateur-, Putz- und Estricharbeiten verrichtete. Von der für diese Tätigkeit bestehenden Unternehmerpflichtversicherung hatte er sich befreien lassen. Der Unfall ereignete sich, als ihn ein selbständiger Malermeister um Mithilfe an einem Bauvorhaben bat, weil er die Auftragsarbeiten mit den ihm zur Verfügung stehenden Angestellten nicht bewältigen konnte. Der Stukkateuer sollte bei der Durchführung der Außenputzarbeiten behilflich sein. Auf der Baustelle wollten der Stukkateurmeister, der Malermeister und zwei seiner Angestellten gemeinsam den Außenputz an dem Wohnhaus anbringen. Weil eine Putzmaschine nicht ordnungsgemäß funktionierte, wollte der Stukkateurmeister den Schneckenmantel auswechseln. Während er an der geöffneten Maschine arbeitete, stellte der Malermeister, der davon nichts bemerkt hatte, die Maschine wieder an. Durch die Bewegung der Mischwelle wurden dem Stukkateur die Finger der linken Hand abgetrennt.
 
Das Bundessozialgericht stellte fest, dass der Unfall ein versicherter Arbeitsunfall war:
 
"Nach § 8 Abs 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger am Unfalltag auf der Baustelle als "Beschäftigter" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII tätig war und den Unfall bei einer Verrichtung - der Reparatur der Putzmaschine - erlitten hat, die der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV, der für alle Bereiche der Sozialversicherung gilt. In der hier maßgeblichen (...)Fassung bestimmte er, dass Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis ist."
 
Der Stukkateur sei für die Arbeiten an dem Bauvorhaben in den Betrieb des Malermeisters eingegliedert gewesen. Er habe keinen, von der handwerklichen betrieblichen Tätigkeit des Malermeisters getrennten und unterscheidbaren Werk- bzw Arbeitsauftrag gehabt, sondern am Unfalltag an dem gesamten Haus als Mitglied einer Verputzerkolonne gearbeitet. Deshalb sei er am Unfalltag auf der Baustelle als "Beschäftigter"  tätig gewesen und habe den Unfall bei einer Verrichtung - der Reparatur der Putzmaschine - erlitten, die der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist.
 
Bundessozialgericht, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 6/06 R
 
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