Gefahr einer neuen Abmahnwelle gebannt? LG Berlin erteilt "Like-Button-Abmahnung" erste Abfuhr (Facebook-Einbindung bei Webshops)

Abmahnung Filesharing
01.04.2011364 Mal gelesen
Wir hatten bereits Anfang Februar über die Gefahr einer neuen Abmahnwelle wegen der Facebook-Einbindung "Like Button" in Webshops berichtet. Es hat wie erwartet nicht lange gedauert, bis sich die Gerichte mit dieser Frage auseinandersetzen mussten.

Vor dem Landgericht Berlin wurde nun erstmals versucht, eine einstweilige Verfügung gegen einen Shopbetreiber zu erwirken. Der Antrag lautete dabei wie folgt:

Die Antragstellerin beantragt,

dem Antragsgegner zur Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung gerichtlich festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr im Internet den Kauf von Sterntaufen anzubieten und dabei den facebook-Button "Gefällt mir" auf seiner Seite .... zu verwenden, wenn er dabei die Besucher der Seite nicht zugleich ausdrücklich auf die damit verbundene Datenübertragung an facebook informiert, wenn dies wie in Anlage AS 6 dargestellt geschieht.

Das Landgericht Berlin hat dem Ansinnen des Antragstellers jedoch eine Abfuhr erteilt und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen (vgl. LG Berlin, Beschl. v. 14.03.2011, Az.: 91 O 25/11). Dreh und Angelpunkt war dabei die Frage, ob es sich bei § 13 TMG um eine sog. "Marktverhaltensregel" handelt. Dies verneinten die Richter vorliegend:

Dies ist indes nicht der Fall. Nach der Rechtsprechung des BGH handelt gemäß  § 4 Nr. 11 UWG unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die verletzte Norm muss daher jedenfalls auch die Funktion haben, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen (vgl. BGH in GRUR 2000,Seite 1059 - Abgasemissionen). Es reicht nicht aus, dass die Vorschrift ein Verhalten betrifft, das dem Marktverhalten vorausgegangen ist oder ihm erst nachfolgt. Fällt der Gesetzesverstoß nicht mit dem Marktverhalten zusammen, ist eine zumindest sekundäre wettbewerbsbezogene Schutzfunktion der verletzten Norm erforderlich (vgl. BGH in GRUR 2000, Seite 1076 - Abgasemissionen und in GRUR 2010, Seite 656 - Zweckbetrieb). Die Vorschrift muss das Marktverhalten außerdem im Interesse der Marktteilnehmer regeln. Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm dann, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt ( Köhler/Bornkamm, UWG, 29.Auflage, § 4 Randnummer 11.35c). Nach diesen Grundsätzen ist die Vorschrift des § 13 TMG nicht als Marktverhaltensvorschrift zu qualifizieren. Nach dem Gesetzeswortlaut hat der Diensteanbieter " den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die Verarbeitung seiner Daten in Staaten außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. EG Nr. L 281 S. 31) in allgemein verständlicher Form zu unterrichten, sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist". Im Kern dienen die Vorschriften zum Datenschutz wie auch der § 13 TMG anders als Verbraucherschutzvorschriften zum Internethandel dem Persönlichkeitsschutz der Betroffenen und nicht dazu, für ein lauteres Verhalten am Markt zu sorgen. So hat das OLG Hamburg in seiner Entscheidung vom 9.Juni 2004 zu 5 U 186/03 entschieden, dass die Vorschrift des § 28 Abs.4 Satz 2 BDSG, wonach der Versender eines Werbeschreibens die Empfänger darüber zu belehren hat, dass sie einer Verwendung ihrer Daten widersprechen können, keine Marktverhaltensregel sei, weil es sich um eine Datenschutzbestimmung handele.

Hätte das Landgericht Berlin anders entschieden, wäre wohl tatsächlich mit einer Abmahnwelle zu rechnen. Ob sich die Auffassung der Berliner Richter bundesweit durchsetzen wird, bleibt jedoch abzuwarten. Problematisch ist vorliegend der Umstand, dass bei Wettbewerbsverletzungen im Internet regelmäßig jedes (sachlich zuständige) Gericht angerufen werden kann, in dessen Gerichtsbezirk die Verletzung bestimmungsgemäß feststellbar war. Dies ist im Internet quasi überall. Der Kläger / Antragsteller hat folglich meist die frei Wahl (sog. fliegender Gerichtsstand, Forum Shopping). Gerade im Wettbewerbsrecht ist die Rechtsprechung bundesweit jedoch sehr uneinheitlich.

Es ist daher nicht davon auszugehen, dass sich die Problematik des "Like Button" mit der Berliner Entscheidung ausgestanden ist. Vielmehr ist zu erwarten, dass findige Abmahner zukünftig andere Gerichte bemühen werden, um deren Rechtsprechung "auszutesten".

Die Entscheidung wurde vom Kollegen Solmecke veröffentlicht.

Ihr Aleksandar Silic, LL.M.