Freie Mitarbeit - Werkvertrag

Freie Mitarbeit - Werkvertrag
25.10.2016328 Mal gelesen
Der Arbeitsmarkt erfordert immer mehr Flexibilität – ganz besonders von Selbständigen, die ihre Kunden nicht direkt bedienen, sondern sich Unternehmen als freie Mitarbeiter oder im Rahmen so genannter Werkverträgen anbieten.

Dieses Verhältnis unterscheidet sich grundsätzlich von normalen Angestellten-Verhältnissen mit Arbeitsverträgen, und zwar bezüglich der Sozialversicherungspflichten, der Vertragslaufzeit und der Vertragsbeendigung.

Um Planungs- und Rechtssicherheit zu erhalten, wird die Beschäftigung freier Mitarbeiter oft durch Vertragswerke begleitet.

Freie Mitarbeit bietet Unternehmern viele Vorteile, z.B. größere Flexibilität, zudem müssen keine arbeitsrechtlich relevanten Aspekte wie KündigungsschutzUrlaub oder Krankheit berücksichtig werden.

Aber ganz so einfach ist das natürlich alles nicht, denn der Gesetzgeber hat dem Wunsch von Arbeitgebern nach Vereinfachung der Beschäftigungsverhältnisse zum Schutz der angestellten Arbeit einen Riegel vorgeschoben.

Man spricht von "Scheinselbständigkeit", wenn sich das "gelebte" Beschäftigungsverhältnis nicht von befristeten und unbefristeten Arbeitsverträgen mit unselbständig beschäftigen Personen unterscheidet. Dies kann zutreffen, wenn Selbständige nur für einen Arbeitgeber arbeiten, bzw. wirtschaftlich abhängig von einem Arbeitgeber sind. Weiter steht Scheinselbständigkeit im Raum, wenn ein freier Mitarbeiter exakt die gleiche Arbeit ausführt wie ein angestellter Mitarbeiter und dies nicht mit besonderen Umständen erklärt werden kann.

Scheinselbständigkeit wird vielfach über einen längeren Zeitraum ausgeübt. Oft bringt eine Prüfung durch Sozialversicherungsträger wie die Rentenversicherung den unzulässigen Umstand ans Licht. Meist mit erheblichen Folgen für alle Beteiligten. Arbeitgeber müssen z.B. für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses Sozialabgaben nachzahlen, soweit sie sich nicht auf Verjährung berufen können. Der Mitarbeiter selbst kann mit Ansprüchen seiner Krankenversicherung konfrontiert werden.

Scheinselbständigkeit tritt auch dann zutage, wenn betroffene Mitarbeiter darauf hinweisen und den Umstand öffentlich machen und aus langjähriger freier Mitarbeit einen Festanstellungsanspruch ableiten und diesen auch arbeitsrechtlich durchsetzen.

Im Vorsatzfall müssen Arbeitgeber Sozialabgaben bis zu 30 Jahre nachbezahlen, in der Regel werden allerdings nur bis zu 4 Jahre berechnet. Auch Säumniszuschläge addieren die Gesamtforderung zu üblicherweise empfindlich hohen Nachzahlungen. Neben Kranken- und Rentenversicherung ist das Finanzamt ein weiterer Anspruchsteller für zu wenig gezahlte Lohnsteuer, Berufsunfallversicherer schließen sich gern an. Böse Überraschungen kann es geben, wenn Selbständigen Umsatzsteuerprüfungen ins Haus stehen und ihr Einkommen, bzw. die Steuerlast aufgrund einer vorliegenden Selbständigkeit urplötzlich neu berechnet wird. Experten warnen: "Die Aufdeckung einer Scheinselbständigkeit kann einen Rattenschwanz an unangenehmen Folgen auslösen!"

Rechtsanwalt Joachim Schwarz aus Neuss ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und weiß: "Das kann unter Umständen bei kleineren Unternehmen eine Bedrohung die Existenz bedeuten. Unter Umständen kann sich ein Unternehmer auch strafrechtlich angreifbar machen und muss mit entsprechender Strafverfolgung mit hohen Strafen rechnen.

Arbeitnehmer haben eigentlich eher die Vorteile auf ihrer Seite. Sie können - sobald die Scheinselbständigkeit offensichtlich wird - Arbeitnehmerschutzrechte in Anspruch nehmen.
Rechtsanwalt Schwarz (Neuss): "Arbeitgeber und freie Mitarbeiter müssen immer die Gesamtumstände im Auge behalten. Allein die vertragliche Abmachung ist nicht entscheidend, sondern die Tatsache, wie sich das Verhältnis entwickelt hat und wie freie Mitarbeit funktioniert." Heißt: Auch, wenn ein unstrittiges Verhältnis vereinbart ist, können die Parteien in die Scheinselbständigkeit hineinrutschen und alle Bedingungen dafür erfüllen, auch wenn der abgeschlossene Vertrag das eigentlich ganz anders geregelt hatte.

Für die ungewollte Scheinselbständigkeit gibt es einige Warnsignale: Ist der Arbeitnehmer weisungsgebunden und erscheint er zu vorgeschriebenen Uhrzeiten an der Firmenadresse? Aber es kann auch komplizierter sein, z.B. wenn es darum geht, ob der freie Mitarbeiter Leistung oder Erfolg verspricht für sein Entgelt.

Kleinste Anzeichen für Scheinselbständigkeit sind bereits eine eigene Durchwahl im Firmen-Netz oder eine persönliche E-Mail-Adresse auf dem Firmenserver. Relativ sicher kann man von einer Scheinselbständigkeit ausgehen, wenn ein festes Gehalt regelmäßig gezahlt wird.

Je mehr Aspekte grundsätzliche Zweifel nähren, umso wahrscheinlicher ist es, dass es sich nicht um einen freien Mitarbeiter, sondern um einen Arbeitnehmer handelt. Bereits bei Vertragsschluss muss eindeutig klar sein, dass der freie Mitarbeiter auch wirklich selbstständig ist und es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt. 

Fachanwälte für Arbeitsrecht sind in der Lage, die Art des Beschäftigungsverhältnisses verlässlich einzuordnen. Die Diskussion um Scheinselbständigkeit ergibt sich natürlich auch für Freelancer, die im Rahmen so genannter Werkverträge für Unternehmen tätig sind. Werkverträge definieren Lohn und Leistung z.B. für ein bestimmtes Projekt. Werden Werkverträge regelmäßig verlängert oder umschreiben sie arbeitnehmerähnliche Verhältnisse, dann kann auch hier von einer Scheinselbständigkeit ausgegangen werden.


Rechtsanwalt Joachim Schwarz ist als Fachanwalt für Arbeitsrecht und als Partner von AJT Neuss oft befasst mit der Thematik Scheinselbständigkeit und steht als Ansprechpartner gern zur Verfügung.


Mehr Informationen: https://www.ajt-neuss.de/arbeitsrecht-fachanwalt-fuer-neuss-umgebung