Flickr Abmahnung RA Schroeder für VSGE da! Was tun?

Flickr Abmahnung RA Schroeder für VSGE da! Was tun?
16.05.2016583 Mal gelesen
Auch bei uns meldeten sich bereits zahlreiche Webseiten- und Blogbetreiber, die eine urheberrechtliche Abmahnung von Rechtsanwalt Lutz Schroeder im Namen des Verbandes zum Schutz geistigen Eigentums (VSGE) erhalten haben.

Anlass ist stets die Nutzung von Bildern, die auf Flickr unter CC-Lizenzen zur kostenlosen Nutzung angeboten werden. Bei den uns vorliegenden Abmahnungen handelt es sich durchweg um Bilder des Berliner Fotografen Dennis Skley. Was können Sie tun?

Wer steckt hinter dem Verband zum Schutz geistigen Eigentums (VSGE)

Ausweislich der Abmahnungen betreibt der Verband zum Schutz geistigen Eigentums (VSGE) die unter www.bilderdiebstahl.de abrufbaren Webseiten. Wie den unter www.bilderdiebstahl.de abrufbaren Webseiten zu entnehmen ist, können Fotografen über die Webseiten dem VSGE Bilderklau melden. Meldet ein Fotograf einen Bilderklau schließt er mit dem VSGE einen Vertrag, ausweislich dessen der VSGE ermächtigt wird, im eigenen Namen und auf eigene Kosten gegen die Urheberrechtsverletzung vorzugehen, d.h. Unterlassung zu fordern. Ferner tritt der Fotograf an den VSGE seine Ansprüche auf Erstattung von Schadensersatz und Auskunft ab. Als Gegenleistung erhält der Fotograf einen pauschalen Abgeltungsbetrag von 40 EUR (für den ersten Bilderklau) bzw. 50 EUR (für jeden weiteren Bilderklau). Den Abmahnungen ist stets der entsprechende Vertrag zwischen VSGE und dem Fotografen beigefügt.

Entgegen den Angaben in den Abmahnungen sind die Fotografen daher nicht Mitglieder des Verbandes, sondern lediglich Vertragspartner. Ob der VSGE überhaupt ein Verband ist, darf daher bezweifelt werden. Weder in den Abmahnungen noch auf den Webseiten unter www.diebstahl.de wird ein wie auch immer gearteter Verbandszweck oder Verbandsstatuen noch die Rechtspersönlichkeit des "Verbandes" offengelegt.

Flickr Abmahnungen durch VSGE (Dennis Skley) wegen Verstoß gegen 2.0 CC-Lizenz

In den uns vorliegenden Abmahnungen des VSGE durch Rechtsanwalt Schroeder wird den Abgemahnten vorgeworfen, dass sie gegen Vorgaben der Version 2.0 der CC-Lizenzen (CC BY-ND 2.0) verstoßen haben, weil

  • die Bilder bearbeitet wurden, obwohl die CC-Lizenz ein Bearbeitungsverbot (ND) vorsieht
  • der Name des Fotografen und/oder der Titel des Bildes nicht genannt wurde, obwohl die CC-Lizenz eine Pflicht zur Namens- und Titelnennung (BY) vorsieht
  • kein Hinweis nebst Verlinkung auf die CC-Lizenz erfolgte, obwohl die CC-Lizenz einen solchen Hinweis vorsieht

Was fordert der VSGE in den Flickr Abmahnungen (Dennis Skley)

Neben der Unterlassung und Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung fordert Rechtsanwalt Lutz Schroeder im Namen des VSGE in den Flickr Abmahnungen stets Zahlung von Schadensersatz sowie Erstattung von Abmahnkosten. Den Schadensersatz berechnet der VSGE unter Rückgriff auf die MFM Tabellen. Diese sehen je nach Nutzungsart und Nutzungsdauer bestimmte Vergütungen vor. Der VSGE verlangt jedoch keine Auskunft, sondern geht in jeder Abmahnung von einer Fotonutzung "bis zu 1 Jahr" aus. In den uns vorliegenden Abmahnungen berechnet der VSGE den Schadensersatz wie folgt:

  • Fotonutzung auf einer Unterseite; bis zu 1 Jahr:                 310,00 EUR
  • Unterlassene Urheberbenennung; Aufschlag 100%:           310,00 EUR
  • Verwendung zu Werbezwecken; Aufschlag 50%:               155,00 EUR
  • Schadensersatz gesamt netto:                                            775,00 EUR
  • Umsatzsteuer 7 %:                                                                 54,25 EUR
  • Schadensersatz gesamt brutto:                                          829,25 EUR

Die Abmahnkosten werden nach einem Gegenstandswert von 6.826,25 EUR (Unterlassung: 6.000 EUR Schadensersatz: 829,25 EUR) berechnet und auf 546,50 EUR beziffert.

Angriffspunkte gegen Flickr-Abmahnunungen durch den VSGE

1. Flickr Abmahnung von RA Schroeder nur teilweise berechtigt

In der Abmahnung wird behauptet, dass die Lizenzbedingungen (CC BY-ND 2.0 ) vorsehen, dass das Bild nur unter der Voraussetzung genutzt werden darf, dass (neben einem Link zur Lizenz) der Urheber des Fotos so angegeben wird, wie er sich auf flickr.com benennt samt eines Links auf dessen Flickr-Seite, auf der das Foto veröffentlicht wurde. Diese Behauptung ist insoweit nicht richtig, als dass es keiner Verlinkung auf die Flickr-Seite bedarf. Ziffer 4b der CC-2.0 Lizenzbedingungen lautet nämlich (nur) wie folgt:

"Wenn Sie den Schutzgegenstand (...) öffentlich wiedergeben, müssen Sie alle Urhebervermerke für den Schutzgegenstand unverändert lassen und die Urheberschaft (...) in einer der von Ihnen vorgenommenen Nutzung angemessenen Form anerkennen, indem Sie den Namen(...) des Urhebers (...) nennen, wenn dieser angegeben ist. Dies gilt auch für den Titel des Schutzgegenstandes, wenn dieser angeben ist, sowie (...) für die mit dem Schutzgegenstand zu verbindende Internetadresse in Form des Uniform-Resource-Identifier (URI), wie sie der Lizenzgeber angegeben hat, sofern dies geschehen ist, es sei denn, diese Internetadresse verweist nicht auf den Urhebervermerk oder die Lizenzinformationen zu dem Schutzgegenstand."

Ziffer 4b fordert die Linkangabe hinsichtlich des Fotos auf flickr.com nur, wenn der Urheber eine solche Linkangabe vorgesehen hat. In den uns bekannten Fällen, hat Herr Dennis Skley hinsichtlich der jeweils streitgegenständlichen Fotos jedoch keine URL angegeben, die als Link hätte gesetzt werden sollen.

2. Schadensersatz ist nicht umsatzsteuerpflichtig

Weiterhin vergisst Herr Rechtsanwalt Schroeder bei der Berechnung des Schadensersatzes, dass Schadensersatz nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Sein Hinweis in der Abmahnung, dass die Lizenzgebühr gem. § 12 Abs. 2 Nr. 7 c UStG der ermäßigten Umsatzsteuer von 7% unterliegt, geht daher ins Leere, fordert der VSGE keine Lizenz, sondern Schadensersatz. Dieser wird zwar nach der Lizenzanalogie berechnet, es handelt sich aber dennoch um Schadensersatz.

3. VSGE fordert zu hohen Schadensersatz

Ungeachtet dessen, ist der vom VSGE unter Rückgriff auf die MFM-Tabellen berechnete und geforderte Schadensersatz unangemessen, wurden die Fotos auf Flickr.com kostenlos angeboten. Zudem erhalten die Fotografen vom VSGE je Bilderklau lediglich 50 EUR. Bereits dies spricht dagegen, dass vorliegend Schadensersatzbeträge von 800 EUR und mehr gerichtlich durchsetzbar sind.

So haben denn auch bereits mehrere Gerichte entschieden, dass bei der Urheberrechtsverletzung von unter CC-Lizenzen kostenlos angebotenen Fotos der Schadensersatz nicht nach den MFM-Tabellen zu berechnen ist. So hat z.B. das Kammergericht in seinem Beschluss vom 26.10.2015 entschieden, dass bei zur kostenlosen Nutzung angebotenen Fotos die MFM-Tabellen nicht anwendbar sind. Der Schadensersatz ist in diesen Fällen vielmehr weit geringer als der Lizenzbetrag, der sich nach den MFM-Tabellen ergäbe. Der vom Kammergericht behandelte Fall betraf ein auf pixelio unentgeltlich angebotenes Foto, bei dem gegen die Pflicht zur Urheberbenennung verstoßen wurde. Das Kammergericht erachtete einen Schadensersatz von 1.000 EUR für ausreichend. Die Ansicht des klagenden Fotografen, die MFM Tabelle sei anwendbar, wies das Kammergericht mit folgender Begründung zurück:

"Der im Wege der Lizenzanalogie aufgemachte Schadensersatzanspruch (§ 97 Abs.2 Satz 3 UrhG n.F.) wegen unterlassener Urheberbenennung (§ 13 UrhG) ist hier nicht an den MFM-Sätzen zu orientieren, da nicht daran vorbeigegangen werden kann, dass die unentgeltliche Lizenzierung des betroffenen Fotos über pixelio.de unter bloßer Urheberbenennungspflicht stark darauf hinweist, dass der Kläger im Verletzungszeitraum unter anderem dieses Foto nicht - schon gar nicht in nennenswertem Umfang - zu den MFM-Sätzen tatsächlich lizensieren konnte und lizensiert hat, sondern auf das dortige Geschäftsmodell mit unentgeltlicher Lizensierung unter Urheberbenennung ausweichen musste, etwa um sich zunächst einen gewissen Ruf zu erwerben."

4. Kein Anspruch des VSGE auf Abmahnkosten

Ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten steht dem VSGE nur zu, wenn ihm (aus abgetretenem Recht) ein Anspruch auf Unterlassung zusteht, d.h. er über die erforderliche Aktivlegitimation verfügt.

In welcher Rechtsform der VSGE organisiert ist, ist (wie beriets angeführt) weder den Flickr Abmahnungen von Rechtsanwalt Schroeder selbst noch den unter www.bilderdiebstahl.de abrufbaren Webseiten zu entnehmen. An der "rechtlichen Existenz" des VSGE darf daher zumindest gezweifelt werden.

Ferner ist den Flickr Abmahnungen des VSGE nicht zu entnehmen, welche Interessen der VSGE satzungsmäßig vertritt. Auf den unter www.diebstahl.de abrufbaren Webseiten wird weder eine Verbandstätigkeit beschrieben noch sind auf den Webseiten Statuten oder andere Verbandsgrundlagen abrufbar. Wie den bilderdiebstahl-Webseiten zu entnehmen ist, ist das Interesse des VSGE rein monetärer Art. Ein rechtliches Interesse an der Unterbindung von Urheberrechtsverstößen ist dagegen nicht gegeben. Vielmehr lebt der VSGE gerade vom Bilderdiebstahl.

Vor diesem Hintergrund darf daran gezweifelt werden, dass die in den mit den Fotografen abgeschlossenen Verträgen vorgesehene Einräumung der Befugnis zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen überhaupt zulässig ist.

So ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die isolierte Abtretung von urheberrechtlichen Unterlassungsansprüchen nicht zulässig ist, weil dies zu einer der gesetzlichen Regelung des § 97 Abs. 1 UrhG zuwiderlaufenden Vermehrung der Verfolgungsberechtigten führen würde. Zwar ist eine Abtretung urheberrechtlicher Unterlassungsansprüche zusammen mit anderen urheberrechtlichen Rechte oder geschützten Positionen möglich. Die Ermächtigung zur gerichtlichen Verfolgung von urheberrechtlichen Unterlassungsansprüchen zugunsten des Urhebers wird jedoch nur dann für zulässig erachtet, wenn der Ermächtigte an der Rechtsverfolgung ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse hat. Fehlt ein rechtliches Interesse an der Unterbindung der Urheberrechtsverletzung, ist der Ermächtigung unzulässig. Vor dem Hintergrund, dass der VSGE ausweislich seiner Webseiten unter www.bilderdiebstahl.de ein reines Geschäftsmodell betreibt, bestehen an der wirksamen Einräumung der Befugnis zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen erhebliche Zweifel. Sollte der VSGE nicht zur Verfolgung von Bilderdiebstählen befugt sein, steht ihm auch kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten zu. Ungeachtet dessen, darf bezweifelt werden, ob der VSGE sich gegenüber Herrn Rechtsanwalt Schroeder zur Zahlung der jeweils geltend gemachten Abmahnkosten tatsächlich verpflichtet hat.

Fazit

Haben auch Sie eine Flickr Abmahnung von Rechtsanwalt Lutz Schroeder aus Kiel im Namen des VSGE erhalten, sollten sie den darin geltend gemachten Forderungen nicht vorschnell nachkommen. Vielmehr sollten Sie einen im Urheberrecht spezialisierten Anwalt mit der Berechtigung der Abmahnung, insbesondere den Zahlungsforderungen beauftragen.

Aufgrund meiner konsequenten Spezialisierung im Urheberrecht sind mir die einschlägigen Urteile und mögliche Angriffspunkte gegen urheberrechtliche Abmahnungen bestens vertraut. Ich habe bereits zahlreiche wegen Urheberrechtsverletzungen an Fotos Abgemahnte außergerichtlich und gerichtlich vertreten und entweder Zahlungen vollständig zurückgewiesen oder angemessene Vergleiche mit der Gegenseite ausgehandelt.