Filesharing – Anschlussinhaber darf nicht unter Generalverdacht gestellt werden

Filesharing – Anschlussinhaber darf nicht unter Generalverdacht gestellt werden
18.02.2017268 Mal gelesen
Das AG Mannheim hat der Täterschaftsvermutung beim Filesharing eine Absage erteilt. Dabei kritisiert es die einschlägige Rechtsprechung des BGH.

Die Kanzlei .rka Rechtsanwälte hatte eine Mutter wegen Filesharing eines Computerspiels eine Abmahnung zukommen lassen. Die Anwälte warfen ihr im Auftrag von der Koch Media GmbH vor, dass sie das PC-Spiel illegal über eine Tauschbörse im Internet verbreitet haben soll.

Doch die Mutter weigerte sich zu zahlen. Sie berief sich darauf, dass sie noch nie ein PC-Spiel gemacht hat. Ferner sei sie zum Zeitpunkt der angeblichen Urheberrechtsverletzung gar nicht an Ihrem Rechner gewesen. Des Weiteren gab sie an, dass sowohl ihr Ehemann als auch ihre beiden volljährigen Söhne ihren Internetanschluss mit ihren eigenen Rechnern genutzt haben. Diese Familienangehörigen hätten bei ihr gewohnt.

Hiermit gab sich die Kanzlei rka. Rechtsanwälte nicht zufrieden. Sie verklagte die Anschlussinhaberin auf Zahlung von Schadensersatz. Darüber hinaus wollte sie die Abmahnkosten ersetzt haben.

Das Amtsgericht (AG) Mannheim wies die Klage der Abmahnanwälte mit Urt. v. 18.01.2017, Az. U 10 C 1780/16 ab.

Filesharing: Täterschaftsvermutung ist lebensfern

Das Gericht verneinte eine Heranziehung der Mutter im Rahmen der Täterhaftung. In diesem Rahmen kritisierte die vom Bundesgerichtshof (BGH) anerkannte Figur der sogenannten Täterschaftsvermutung. Diese besagt, dass bei einem Anschlussinhaber zunächst einmal die tatsächliche Vermutung besteht, dass er das festgestellte Filesharing auch selbst begangen hat. Diese Annahme ist nach Auffassung des AG Mannheim bei einem Familienanschluss nicht hinnehmbar. Denn sie steht nicht mit der heutigen Lebenswirklichkeit im Einklang.

Selbst wenn man wie der BGH von einer Täterschaftsvermutung ausgeht, so hat die Mutter hier ihrer sekundären Darlegungslast Genüge getan. Hierzu reicht es aus, dass sie die zugangsberechtigten Familienangehörigen angibt und die Begehung von Filesharing leugnet. Sie braucht hingegen keine eigenen Nachforschungen über die tatsächliche Nutzung anzustellen. Das damit verbundene Bespitzeln von Familienangehörigen verstößt gegen Art. 6 GG. Darüber hinaus sind derartige Nachforschungen nach dem tatsächlichen Nutzungsverhalten der einzelnen Angehörigen wie sie einige Gerichte fordern im Nachhinein gar nicht mehr möglich.

Keine Störerhaftung unter Erwachsenen

Eine Haftung der Anschlussinhaberin im Wege Störerhaftung lehnt das AG Mannheim ebenfalls ab. Hiergegen spricht, dass es sich um erwachsene Angehörige handelt. Hier ist normalerweise weder eine Belehrung, noch eine Überwachung bei der Nutzung des Internet erforderlich.

Fazit:

Diese Entscheidung des Amtsgerichtes Mannheim ist zu begrüßen. Auch nach unserer Auffassung widerspricht bereits die Annahme einer Täterschaftsvermutung der allgemeinen Lebenserfahrung. Das gilt vor allem in einem Mehrpersonenhaushalt.

Denn die Nutzung des Internets durch Angehörige, Freunde und auch Gäste ist in der heutigen Zeit normal. Auf diese Weise können Privathaushalte durch die Flatrate Tarife viel Geld sparen. Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof in einer von unserer Kanzlei erstrittenen Entscheidung (BGH, Urt. v. 06.10.2016, Az. I ZR 154/15) festgestellt, dass Anschlussinhaber nicht ihre Angehörigen bespitzeln und an die Abmahnindustrie auszuliefern brauchen. Dem haben sich auch andere Gerichte angeschlossen.

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