Filesharing: Berufung auf fliegenden Gerichtsstand kann Rechtsmissbrauch sein

Abmahnung Filesharing
20.11.2013230 Mal gelesen
Auch vor Inkrafttreten des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken durften Rechteinhaber nicht ohne Weiteres in Filesharing-Sachen weit entfernte Gerichte anrufen und sich dabei auf den fliegenden Gerichtsstand berufen. Dies ergibt sich aus einer aktuellen Entscheidung des schleswig-holsteinischen OLG.

Vorliegend war ein Tauschbörsennutzer aus der Umgebung wegen Filesharing durch Verbreitung von Raubkopien eines urheberrechtlich geschützten Computerspiels abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Zahlung eines Pauschalbetrages in Höhe von 900 € aufgefordert worden.

Weil der Anschlussinhaber jedoch die Zahlung verweigerte weil er angeblich nicht der Täter sei, erhob der Rechteinhaber im Mai 2013 schließlich Klage vor dem Amtsgericht Norderstedt. Doch dieses Gericht erklärte sich mit Beschluss vom 06.08.2013 für örtlich nicht zuständig und verwies die Sache an das Amtsgericht Hamburg. Nach Ansicht des Gerichtes war die Wahl des angerufenen Gerichtes rechtsmissbräuchlich, weil weder die Prozessparteien noch die Rechtsanwälte in diesem Gerichtsbezirk angesiedelt sind. Vielmehr sei die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichtes Hamburg gegeben, weil dort der Rechtsanwalt des Rechtsinhabers seinen Sitz hat.

Als das Amtsgericht Hamburg sich im Folgenden ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt hatte, legte das Amtsgericht Norderstedt die Sache zur Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht vor.

Normalerweise findet fliegender Gerichtsstand bei Altfällen Anwendung

Das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht entschied mit Beschluss vom 13.09.2013 (Az. 2 AR 28/13), dass das Amtsgericht Norderstedt für dieses Filesharing-Verfahren örtlich zuständig ist. Hierzu führte das Gericht aus, dass bei Urheberrechtsverletzungen im Internet normalerweise die Figur des fliegende Gerichtsstand Anwendung findet, nach der gewöhnlich der Rechteinhaber bis zum Inkrafttreten des sich das örtliche Gericht aussuchen durfte.

Fliegender Gerichtsstand: Keine Schikane erlaubt

Allerdings darf diese Möglichkeit der Wahl nicht vom Rechtsinhaber missbraucht werden. Die Ausnutzung eines formal gegebenen fliegenden Gerichtsstandes ist dann rechtsmissbräuchlich, wenn sie aus sachfremden Gründen erfolgt, insbesondere in der Absicht, den Gegner zu schädigen. Hierfür sag das Gericht hier keine Anhaltspunkte. Denn es handele sich um kein Gericht, was sich in einem weit entfernten oder verkehrsmäßig schlecht zu erreichenden Gebiet befand. Es handelt sich um einen benachbarten Gerichtsstand zum Amtsgericht Hamburg. Von daher werde für den Anschlussinhaber als dem Beklagten auch nicht die Rechtsverteidigung erschwert.

Fliegender Gerichtsstand wurde beim Filesharing abgeschafft

Nach Inkrafttreten des Gesetzes gegen unlautere Geschäftspraktiken am 09.10.2013 hat sich die Situation sich zugunsten der abgemahnten Tauschbörsennutzer grundlegend verbessert. Seitdem darf der Rechteinhaber in Filesharing-Verfahren normalerweise nur noch das Gericht anrufen, in dessen Bezirk der Beklagte zum Zeitpunkt der Klageerhebung seinen Wohnsitz hat. Falls es diesen nicht gibt, ist gewöhnlich der gewöhnliche Aufenthaltsort maßgeblich. Dies ergibt sich aus der Regelung von § 104a UrhG.

Anders sieht die Situation nur aus, wenn der Gesetzgeber des jeweiligen Bundeslandes eine abweichende Regelung getroffen hat. Hierzu ist er nach § 105 UrhG berechtigt. Der Gesetzgeber darf hiernach bestimmen, dass in Urheberrechtssachen für den Bezirk mehrerer Amtsgerichte oder Landgerichte jeweils ein bestimmtes Amtsgericht oder Landgericht zuständig ist. Von dieser Möglichkeit wurde beispielsweise in Nordrhein-Westfalen Gebrauch gemacht.

Keine Willkür bezüglich des Gerichtsstandes bei alter Abmahnung

Wichtig ist, dass Rechteinhaber auch bei alten Abmahnungen vor Inkrafttreten des neuen Anti-Abzock-Gesetzes nicht mehr nach ihrem Gutdünken ein bestimmtes Gericht aussuchen dürfen, an dem sie den Verbraucher verklagen.

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