Fahrverbot - Aufbauseminar kann Fahrverbot verhindern helfen

Strafrecht und Justizvollzug
29.12.20072379 Mal gelesen

Auf ein Fahrverbot kann gegen eine Erhöhung der Geldbuße sogar dann noch verzichtet werden, wenn ein Autofahrer schon mit zahlreichen erheblichen verkehrsrechtlichen Verstößen vorbelastet ist, sofern das Fahrverbot mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Verlust des Arbeitsplatzes führen würde. Voraussetzung ist allerdings, dass seit dem letzten Verstoß eine längere Zeit unbeanstandeter Verkehrsteilnahme liegt und der Betroffene außerdem ernsthaft an seiner Einstellung zur Einhaltung der Verkehrsregeln gearbeitet hat.
Dies geht aus einer aktuellen Entscheidung des Amtsgericht Essen hervor.

Es hatte über den Geschwindigkeitsverstoß eines im Außendienst tätigen Mannes zu entscheiden, der jährlich für seinen Betrieb ca. 50.000 km zurücklegen musste, und schon sieben Voreinträge mit erheblichen Geschwindigkeits- und Abstandsverstößen auf seinem Konto hatte. Wegen einer neuerlichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 40 km/h innerorts drohte ihm nun erneut ein einmonatiges Fahrverbot. Die letzte eingetragene Verkehrssünde lag zum Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung schon über ein Jahr zurück und war zudem nicht ganz so heftig.

Der Mann hatte inzwischen auch freiwillig an einem Aufbauseminar und einer verkehrspsychologischen Beratung teilgenommen.
Außerdem konnte er über eine Bescheinigung seines Arbeitgebers belegen, dass für diesen Fall eine Kündigung seines Arbeitsplatzes nicht ausgeschlossen war. Ferner konnte er glaubhaft machen, dass ihm ein Urlaub von mehr als zwei Wochen am Stück nicht möglich war und er im Betrieb für die Dauer des Fahrverbotes auch nicht durch einen Kollegen ersetzt werden konnte. 

Aufgrund des freiwilligen Bemühens des Betroffenen um die Verbesserung seiner Einstellung im Straßenverkehr und gegen eine drastische Erhöhung der Geldbuße von der Verhängung des eigentlich vorgesehenen Fahrverbotes ausnahmsweise abzusehen.

Wie die begrüßenswerte Entscheidung des Amtsgericht Essen zeigt, können Betroffene durch die freiwillige Teilnahme an gesetzlich normierten und anerkannten Punktetilgungskursen für Kraftfahrer (ASP/ASK), sog. Punktetilgungskurse, die von bestimmten, nachweislich qualifizierten Fahrschulen durchgeführt werden, nicht nur Punkte abbauen (je nach Punktestand bis zu 4 Punkten), sondern auch eine Verbesserung ihrer Einstellung im Straßenverkehr nachweisen. Letzteres gilt auch für die freiwillige Teilnahme an einer individuellen verkehrspsychologischen Beratung, wie sie in § 4 Abs.4 S.2 StVG normiert ist. Einen Punkteabzug kann man durch die Teilnahme an den genannten Aufbaukursen jeweils aber nur einmal in fünf Jahren erreichen.  Auskünfte und Listen der zugelassenen Spezialfahrlehrer bzw. Verkehrspsychologen erteilen auf Anfrage alle Führerscheinbehörden.    

Die Berücksichtigung einer solchen Kursteilnahme im Hinblick auf ein Fahrverbot verdient auch deshalb Anerkennung, weil Sie dem Charakter des Fahrverbotes als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme, deren Zweck einzig und allein in der angestrebten Erziehungswirkung und keinesfalls in einer Bestrafung des Betroffenen liegt (vgl. OLG Hamm, 4 Ss OWi 891/07), Rechnung trägt.   

Wenn der Betroffene die Mängel in seiner Einstellung zum Straßenverkehr nachweislich aktiv durch die Kursmaßnahme beseitigt hat, bedarf es m.E. nicht mehr einer Denkzettelmaßnahme in Form eines Fahrverbotes.  Mit einer Kursteilnahme dürfte überdies dem Rechtsgut Verkehrssicherheit in der Regel weitaus effektiver gedient sein, als dies durch die Verhängung eines Fahrverbotes möglich ist.     

  
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Hinweis des Verfassers : Der Beitrag nimmt Bezug auf eine Entscheidung des Amtsgericht (AG) Essen (Urt. v. 25.11.2005, 49 OWi 82 Js 1374/05-626/05) in DAR 2006, 344,345.