Fahrtauglichkeit bei akuten und chronischen Krankheiten

Strafrecht und Justizvollzug
07.08.2015643 Mal gelesen
Insbesondere nach einer längeren Krankheit sollten Sie Ihre Fahrtauglichkeit von einem Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation abklären lassen. Das gilt auch, wenn Sie chronisch erkranken.

Nach § 31 StVZO muß jeder Autofahrer in der Lage sein, ein Fahrzeug selbständig und sicher zu führen. Das gilt auch, wenn Sie als Fahrzeughalter Ihr Fahrzeug einem anderen Fahrer überlassen:

"§ 31 Verantwortung für den Betrieb der Fahrzeuge

(1) Wer ein Fahrzeug oder einen Zug miteinander verbundener Fahrzeuge führt, muss zur selbstständigen Leitung geeignet sein.

(2) Der Halter darf die Inbetriebnahme nicht anordnen oder zulassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muss, dass der Führer nicht zur selbstständigen Leitung geeignet oder das Fahrzeug, der Zug, das Gespann, die Ladung oder die Besetzung nicht vorschriftsmäßig ist oder dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die Besetzung leidet."

Andernfalls kann die Fahrerlaubnis entzogen werden oder der Versicherungsschutz wegen grober Fahrlässigkeit gefährdet sein. Wer aufgrund einer akuten oder chronischen Erkrankung den Verkehr gefährdet, wird wie ein Alkoholsünder bestraft. Dies normiert das Strafgesetzbuch (§ 315c StGB) als Gefährdung des Straßenverkehrs.

"§ 315c Gefährdung des Straßenverkehrs

(1) Wer im Straßenverkehr

  1. ein Fahrzeug führt, obwohl er
  2. a) infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder
  3. b) infolge geistiger oder körperlicher Mängel

nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen..

....wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist der Versuch strafbar.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

  1. die Gefahr fahrlässig verursacht oder
  2. fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

Körperliche Mängel sind insbesondere in Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) aufgeführt:

  • Mangelhaftes Sehvermögen
  • Bewegungsbehinderungen
  • Herz- und Gefäßerkrankungen (Herzinfarkt, Bluthochdruck, u. a.)
  • Diabetes mellitus
  • Krankheiten des Nervensystems (Parkinson, Epilepsie, Multiple Sklerose, u. a.)
  • Psychische Störungen (Psychosen, Demenz, Schizophrenieu. a.)
  • Alkohol
  • Betäubungsmittel, u. a.
  • Arzneimittel
  • Nierenerkrankungen

Besonders gefährlich ist in diesem Zusammenhang, daß unter "Drogenmissbrauch" auch Medikamente wie Psychopharmaka oder Benzodiazepine fallen können. Denn auch diese können Zweifel an der Fahreignung aufkommen lassen. Dies gilt selbst bei Bluthochdruck bzw. der Einnahme von Betablockern. Bei ständigem diastolischen Werten über 130 mmHg ist die Fahreignung nicht gegeben. Bei ständigem diastolischen Werten zwischen 100 und 130 mmHg sind Nachuntersuchungen zur Auflage zu machen. Solche Medikamente beeinträchtigen regelmäßig die Fähigkeit, Maschinen zu bedienen oder am Straßenverkehr teilzunehmen. Die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit hindert nicht die Tatsache, daß der behandelnde Arzt diese Medikamente verschrieben hat. Das gleiche gilt für lediglich apothekenpflichtige Medikamente, wie Mittel gegen Erkältung usw. .

Oft belastet sich der Betroffene bei einer Kontrolle oder Vernehmung durch die Polizei infolge seiner Aussage selbst. Da z.B. nach Verkehrsunfällen u. a. Zweifel an der Eignung zum Führen eines Kfz auftreten können (s.o), erfolgt i.d.R. bereits im Ermittlungsverfahren durch die Polizei die Mitteilung an die zuständige Führerscheinstelle, was weitaus größere Rechtsfolgen nach sich ziehen kann, als die Tat selbst. Neben dem Ermittlungsverfahren und den dahingehenden Rechtsfolgen (Bußgeldverfahren, Strafverfahren) kann die Führerscheinstelle aufgrund des gleichen Sachverhalts grundsätzlich eigene Maßnahmen ergreifen. Die Führerscheinstelle ist an die Entscheidungen anderer Behörden (z. B. Staatsanwaltschaft) und Gerichte nicht gebunden.

Daher ist im Ermittlungs- und Verwaltungsverfahren dringend die Beauftragung eines Rechtsanwalts anzuraten, der Akteneinsicht nehmen und das weitere Vorgehen mit dem Beschuldigten im Strafverfahren und im Verwaltungsverfahren abstimmen kann. Bis dahin sollte der Beschuldigte zu den Tatvorwürfen schweigen.

Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein.

Mail:kanzlei@anwalthesterberg.de