Fahrlässige Drogenfahrt – allein Überschreitung des Grenzwertes reicht nicht für eine Verurteilung

anwalt24 Fachartikel
25.11.20151025 Mal gelesen
Mit seinem Beschluss vom 29. Dezember 2014 hat das Oberlandesgericht Celle entschieden, dass es für eine Verurteilung nach § 24 a Abs. 2 und 3 StVG (fahrlässige Drogenfahrt) nicht ausreichend ist, wenn allein die Überschreitung des Grenzwertes der jeweiligen Substanz im Blut festgestellt wurde. Das OLG Celle hat insofern der Rechtsbeschwerde des Betroffenen statt gegeben. Im vorliegenden Fall hätten detaillierte Feststellungen zur Vorstellung des Betroffenen unter Würdigung sämtlicher zur Verfügung stehenden Beweismittel erfolgen müssen, um den Fahrlässigkeitsvorwurf zu begründen.

Der Betroffene wurde zuvor vom Amtsgericht Stolzenau zu einer Geldbuße von 300 € verurteilt; ebenso wurde ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Der Betroffene war bei einer polizeilichen Routinekontrolle aufgefallen, da er eine blasse Gesichtsfarbe und eine gerötete Bindehaut hatte. Eine dem Betroffenen entnommene Blutprobe ergab eine THC-Konzentration von 1,3 mg/mL sowie eine THC-COOH-Konzentration von 8,1 mg/mL und somit eine Überscheitung der zulässigen Grenzwerte. Insofern erging ein Bußgeldbescheid gem. § 24 a Abs. 2 und 3 StVG, welcher durch das Urteil des AG Stolzenau bestätigt wurde. Das AG stütze seine Verurteilung im Wesentlichen auf die Tatsache, dass die Überschreitung der Grenzwerte der Substanzen im Blut vorlag. Dies reiche aus, um fahrlässiges Handeln anzunehmen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde.

Das OLG Celle hat der Rechtsbeschwerde insofern statt gegeben und hierdurch die bisherige oberlandesgerichtliche Rechtsprechung (OLF Frankfurt am Main vom 20.08.2010 sowie OLG Celle vom 09.12.2008) bestätigt.
Fahrlässigkeit im Rahmen des § 24 a StVG setze voraus, dass der Betroffene die Möglichkeit der fortbestehenden Wirkung des berauschenden Mittels bei Fahrtantritt für möglich gehalten habe oder zumindest hätte erkennen können und müssen. Dies sei beispielsweise dann der Fall, wenn nur ein geringer Zeitraum zwischen Drogenkonsum und Fahrtantritt liegt. Ebenfalls könne im Falle einer besonders hohen Überschreitung des Grenzwertes auf Fahrlässigkeit geschlossen werden.
Ein solcher Fall lag jedoch nicht vor. Da sich der Betroffene nicht zum Vorwurf äußerte, konnten keine Feststellungen bezüglich des zeitlichen Zusammenhanges getroffen werden. Auch lag eine nur geringfügige Überschreitung des Grenzwertes vor. Zwar wurden eine "blasse Gesichtsfarbe" sowie "gerötete Bindehäute" festgestellt. Dies spräche aber nicht zwingend für den Konsum von Cannabis. Insofern hätte es weiterer Ausführungen zum Zustand und Verhalten des Betroffenen bedurft.
Das Urteil wurde - mit Ausnahme der Feststellungen vom objektiven Tatbestand - aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Vgl. OLG Celle, Beschluss vom 29.12.2014

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Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Johlige, Skana & Partner in Berlin, Kurfürstendamm 173-174, 10 707 Berlin, Tel: 030/886 81 505.