Erbitterte Gesellschafterstreitigkeiten im Gesellschafterkreis führen in der letzten Konsequenz zu einem Ausschluss von Gesellschaftern aus der GmbH in der Form einer Einziehung (§ 34 GmbHG).
1. Konvergenzgebot
Durch die letzte große Gesetzesänderung hat der Gesetzgeber in § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG für das GmbH-Recht die sog. Konvergenzvorgaben verschärft. Die Vorschrift fordert, dass die Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile immer dem Betrag des Stammkapitals entsprechen muss. Da eine beschlossene Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils nach § 34 Abs. 2 GmbH zur Vernichtung führt, ergeben sich Probleme mit dem gesetzlichen Konvergenzgebot. Mit der Anteilsvernichtung entsteht grundsätzlich eine Divergenz von Stammkapital und der Summe der Nennbeträge aller verbleibenden Geschäftsanteile.
2. Anpassungsmaßnahmen, die die Konvergenz sicherstellen
Grundsätzlich lässt sich die von § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG vorgeschriebene Konvergenz durch begleitende Anpassungsmaßnahmen gewährleisten, wenn mit dem Einziehungsbeschluss eine Kapitalherabsetzung, Anteilsaufstockung, Anteilsneubildung beschlossen werden. Diese drei Anpassungsmaßnahmen warfen in der Vergangenheit viele ungeklärte Fragen auf (Formerfordernisse, Anforderungen an die Stimmmehrheit, Stimmverbote, etc.).
3. Die neue BGH-Entscheidung
Da sich im Streitfall der Ausschluss von Gesellschaftern durch eine Einziehung als sehr kompliziert erwies, entschied der BGH mit Urteil vom 02.12.2014 (Az II ZR 322/13), dass ein Beschluss über die Einziehung eines Geschäftsanteils nicht deshalb nichtig ist, weil die Gesellschafterversammlung nicht gleichzeitig Anpassungsmaßnahmen zur Sicherstellung der Konvergenz ergriffen hat. Der BGH vertrat die Meinung, dass die Anpassungsmaßnahmen in der Praxis auch zeitlich nach dem Einziehungsbeschluss gefasst werden können. Eine Gefahr für die Nichtigkeit der Einziehungsbeschlüsse entstehe z.B. bei einer später beschlossenen Anteilsaufstockung, die die Anpassung zwischen Geschäftsanteilen und Stammkapital sicherstelle, nicht.
4. Folgerungen für die Praxis
In der Vergangenheit haben die Landgerichte und Oberlandesgerichte unterschiedlich entschieden, wenn es darum ging, Einziehungbeschlüsse ohne Anpassungsmaßnahmen zu bewerten. Es musste immer auch mit einer Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit von Einziehungbeschlüssen gerechnet werden. Da jedoch die Wahl von Anpassungsmaßnahmen sowie die verfahrensmäßige Umsetzung dieser sich als fehleranfällig in der Praxis erwies, waren die Gesellschafterausschlüsse mit zusätzlichen Risiken und Rechtsunsicherheit verbunden. Auf der Grundlage der neuen BGH-Entscheidung wurde diese Rechtsunsicherheit beseitigt. Nunmehr lassen sich "nackte" Einziehungbeschlüsse fassen. Die Konvergenz kann in einer späteren Gesellschafterversammlung beschlossen werden.
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Dr. Boris Jan Schiemzik
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht?
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