Eine Erhebliche Differenz zwischen abgegebenen Stimmenzettel und Stimmzettel in der Urne macht eine Betriebsratswahl anfechtbar

Eine Erhebliche Differenz zwischen abgegebenen Stimmenzettel und Stimmzettel in der Urne macht eine Betriebsratswahl anfechtbar
13.06.2013384 Mal gelesen
Die Wahl eines Betriebsrats ist nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts anfechtbar, wenn die Zahl der in den Wahlurnen befindlichen Stimmzettel mit der Zahl der Stimmabgabevermerke in der Wählerliste nicht übereinstimmt und die Differenz so groß ist, dass sie das Ergebnis beeinflussen konnte.

Acht wahlberechtigte Arbeitnehmer und eine Arbeitnehmerin, die als Wahlbewerber für den Betriebsrat auf dem Vorschlag 5 (Liste Opposition) kandidiert haben, fochten die Betriebsratswahl im Werk Hannover des Volkswagenwerkes an. Sie begründen die Anfechtung zur Wahl des Betriebsrates vor allem damit, dass die Zahl der Stimmzettel in der Urne und die Zahl laut Wählerliste abgegebenen Stimmzettel differiert. Es läge eine Differenz von 105 Stimmzetteln vor.

Während das Arbeitsgericht Hannover  die Anfechtung für berechtigt hielt, wies das Landesarbeitsgericht die Anfechtung als unbegründet zurück. Das Bundesarbeitsgericht gab den Antragstellern Recht.

Die Wahl eines Betriebsrats kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Verfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist. Das gilt nicht, wenn durch den Verstoß das Ergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Eine wesentliche Vorschrift über das Verfahren ist die Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz (WO). Danach wirft der Wähler den Wahlumschlag, in den der Stimmzettel eingelegt ist, in die Wahlurne ein, nachdem die Abgabe des Stimmzettels in der Wählerliste vermerkt worden ist. Durch den in der Wählerliste anzubringenden Stimmabgabevermerk wird verhindert, dass nicht berechtigte Personen einen Stimmzettel abgeben oder Wahlberechtigte mehrfach wählen. Bei elektronisch geführten Wählerlisten kann die Stimmabgabe auch elektronisch vermerkt werden. Eine spätere Ergänzung oder Berichtigung der Stimmabgabevermerke ist nicht zulässig. Die Stimmabgabe der Wähler kann auch nicht auf andere Weise als durch die Vermerke in der Wählerliste festgestellt oder bewiesen werden.

Ergibt sich nach Abschluss der Wahl, dass sich in den Wahlurnen mehr Stimmzettel befinden, als die Wählerliste an abgegebenen Stimmzetteln ausweist, lasse sich der hieraus folgende Verstoß gegen die Wahlordnung  nicht nachträglich heilen. Insbesondere könne nicht auf andere Weise, etwa durch nachträgliche Auswertung von Protokollierungsdateien oder durch Befragung von Zeugen, der Nachweis geführt werden, dass weitere Wähler als diejenigen, deren Stimmabgabe in der Wählerliste vermerkt ist, ihre Stimme abgegeben haben.

Bei der vorliegenden Wahl befanden sich 105 mehr Stimmzettel in den Wahlurnen als Stimmabgabevermerke in der elektronischen Wählerliste. Hierdurch konnte das Wahlergebnis beeinflusst werden. Der später unternommene Versuch, durch Auswertung von Protokollierungsdateien und Befragung von Arbeitnehmern die Differenz zu erklären, war nicht zulässig.

Die Betriebsratswahl im Werk Hannover war somit erfolgreich angefochten.

  

(Quelle: Bundesarbeitsgericht, PM Nr. 38/13, Beschl. vom 12.06.2013; 7 ABR 77/11

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschl. vom 12.09.2011; 13 TaBV 16/11

davor: Arbeitsgericht Hannover, Beschluss vom 11.11.2010; 11 BV 9/10)

 

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