Ein Pkw Porsche 911 kann durchaus nur betrieblich genutzt sein!

Steuern und Steuerstrafrecht
14.02.20131118 Mal gelesen
In seinem Urteil vom 4. Dezember 2012 – VIII R 42/09 – hatte der BFH bei einer Rechtsanwalts-GbR zu entscheiden, ob für einen im Betriebsvermögen der Gesellschaft stehenden, auf den einen Gesellschafter zugelassener Pkw Porsche 911 ein privater Nutzungsanteil zu berücksichtigen ist.

Der BFH führt nachvollziehbar aus:

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG sei die private Nutzung eines Kfz, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Diese Bewertungsregel komme nicht zum Tragen, wenn eine private Nutzung nicht stattgefunden habe. Das Finanzgericht müsse sich deshalb grundsätzlich die volle Überzeugung davon bilden, dass eine private Nutzung tatsächlich stattgefunden habe.

 

Nach allgemeiner Lebenserfahrung würden dienstliche oder betriebliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt. Dafür spreche der Beweis des ersten Anscheins. Etwas anderes gelte, wenn es sich um ein Fahrzeug handele, das typischerweise zum privaten Gebrauch nicht geeignet sei. Soweit keine besonderen Umstände hinzutreten, könne das Finanzgericht aufgrund der Anscheinsbeweisregel regelmäßig davon ausgehen, dass eine private Nutzung stattgefunden habe.

 

Der Beweis des ersten Anscheins könne durch den sog. Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu sei der Vollbeweis des Gegenteils nicht erforderlich. Der Steuerpflichtige müsse also nicht beweisen, dass eine private Nutzung des Porsche 911 nicht stattgefunden habe. Erforderlich aber auch ausreichend sei, dass ein Sachverhalt dargelegt (und im Zweifelsfall nachgewiesen) werde, der die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehens ergebe. Der Anscheinsbeweis werde im Regelfall noch nicht erschüttert, wenn lediglich behauptet werde, für privat veranlasste Fahrten hätten private Fahrzeuge zur Verfügung gestanden. Auch ein eingeschränktes privates Nutzungsverbot vermöge den Anscheinsbeweis regelmäßig nicht zu entkräften.

 

Es sei davon auszugehen, dass dem Steuerpflichtigen vergleichbare Fahrzeuge zur Verfügung gestanden hätten. Dies gelte zunächst für den im Privatvermögen des Steuerpflichtigen befindlichen und im gesamten Streitjahr auf diesen zugelassenen Porsche 928 S4, ein Fahrzeug, welches mit einer Motorleistung von unstreitig 235 kw, einen Hubraum von 4898 ccm und einer Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h den im Betriebsvermögen befindlichen Porsche 911 sowohl in Ausstattung, Fahrleistung und unter Prestige-Gesichtspunkten in etwa vergleichbar sei. Die Folgerungen des Finanzgerichts, bei Gleichwertigkeit beider Fahrzeuge sei keine nachvollziehbare Veranlassung ersichtlich, für Privatfahrten das dienstliche bzw. betriebliche Fahrzeug zu nutzen, sei daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Gegen eine private Nutzung des Porsche 911 sprächen zudem die familiären Verhältnisse des Steuerpflichtigen und der Umstand, dass auf ihn noch ein Kombi Volvo V70 T5 zugelassen gewesen sei, ein ebenfalls stark motorisiertes und gut ausgestattetes Fahrzeug. Zwar habe theoretisch auch die Ehefrau des Steuerpflichtigen die Möglichkeit, für private Fahrten den Porsche 911 neben den auf ihren Ehemann zugelassenen Porsche 928 S4 bzw. Volvo V70 T5 zu nutzen. Zu berücksichtigen sei indes, dass der Steuerpflichtige mit seiner Ehefrau fünf minderjährige Kinder hatte, die im Streitfall 4 bis 11 Jahre alt gewesen seien. Nach allgemeiner Lebenserfahrung müssten Eltern kleinerer Kinder des Öfteren Transportaufgaben oder größere Einkäufe erledigen. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass für derartige Aufgaben eher ein Auto mit größerem Platzangebot und großem Kofferraum, wie z.B. ein Kombi Volvo V70 T5, gewählt werde als ein Sportwagen.

 

Angesichts der beiden privat zur Verfügung stehenden Fahrzeuge Porsche 928 S4 und Volvo V70 T5 sei der Anscheinsbeweis für die private Nutzung des Porsche 911 erschüttert. Die Beweislastfür die private Nutzung des Pkw Porsche 911 liege daher bei Finanzamt. Diesen Beweis habe das Finanzamt nicht erbracht.