Die Besonderheiten des Zivilprozessrechts für die grenzüberschreitenden Fälle

Die Besonderheiten des Zivilprozessrechts für die grenzüberschreitenden Fälle
26.02.2015300 Mal gelesen
Der grenzüberschreitende Zivilrechtsstreit ist in einem gesonderten Kapitel des chinesischen Zivilprozessgesetzes geregelt. Die gesetzgeberische Beachtung des grenzüberschreitenden Zivilrechtsstreits erstreckt sich auch auf die Erläuterung des Obersten Chinesischen Gerichts vom 30.01.2015, die ebenfalls eine bindende Wirkung für alle chinesischen Gerichte hat.

Welcher Rechtsstreit zu den grenzüberschreitenden Zivilfällen zählt, ergibt sich aus der Legaldefinition der Erläuterung. Nach Art. 522 der Erläuterung ist ein grenzüberschreitender Zivilrechtsstreit gegeben, wenn (1) zumindest eine der Parteien ein Ausländer, eine natürliche Person ohne Staatsangehörigkeit, ein ausländisches Unternehmen oder eine ausländische Organisation ist; (2) zumindest eine der Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort im Ausland hat; (3) sich der Streitgegenstand im Ausland befindet; (4) sich die Tatsache, die zur Begründung, Änderung oder Vernichtung eines Rechtsverhältnisses führt, im Ausland ereignet hat; (5) etc.

Zusammengefasst sind vor allem drei Besonderheiten des grenzüberschreitenden Rechtsstreits im Gesetz und in dessen Erläuterung spezifisch geregelt.

1. Zuständigkeit
Die Zuständigkeit eines chinesischen Gerichts ist in solchen Fälle umfassend. Laut Art. 265 des Zivilprozessgesetzes kann die Klage vor einem chinesischen Gericht erhoben werden, wenn der Vertrag in China abgeschlossen wird oder sich der Vertragsgegenstand bzw. das andere Vermögen des Beklagten in China befindet.
Die Zuständigkeitsvereinbarung der Parteien nach Art. 531 Absatz 1 der Erläuterung kann jedoch die vorgenannte Zuständigkeit des chinesischen Gerichts verdrängen. Ausgeschlossen ist die Zuständigkeitsvereinbarung nur dann, wenn der Rechtsstreit zu den besonderen Zuständigkeiten des chinesischen Gerichts zählt, Art. 531 Absatz 2 der Erläuterung.

Eine besondere Zuständigkeit ergibt sich aus den Fällen, die die folgenden Klagegegenstände haben: (1) Rechtsstreit um eine unbewegliche Sache; (2) Rechtsstreit infolge der Hafenarbeit; (3) Rechtsstreit um Erbe; (4) Rechtsstreit um den Gesellschaftsvertrag von Chinese-Foreign Equity Joint Venture, Chinese-Foreign Cooperation Joint Venture bzw. Cooperation Joint Venture für Erforschung und Entwicklung der natürlichen Ressourcen.

2. Zustellung
Die Zustellung der Klageschrift bzw. eines Versäumnisurteils erfolgt grundsätzlich durch öffentliche Bekanntmachung, wenn der Beklagte keinen Aufenthaltsort in China hat. Das Urteil ist rechtskräftig geworden, wenn der Beklagte nicht innerhalb 4 Monaten nach der Bekanntmachung Berufung einlegt.

Das chinesische Gericht kann, muss aber nicht, die Klageschrift bzw. das Urteil an die sog. Verantwortlichen eines ausländischen Unternehmens zustellen, selbst wenn das ausländische Unternehmen keine eigene Adresse in China hat. Solche verantwortliche Personen sind vor allem die Mitglieder des Board of Directors, des Board of Supervisors oder Manager.

Neben der öffentlichen Bekanntmachung und der Zustellung an die Verantwortlichen kann das chinesische Gericht die Zustellung per Post an eine ausländische Adresse anordnen. Das Gericht verpflichtet sich von Gesetzes wegen aber nicht, eine solche Anordnung immer vorzunehmen, selbst wenn dem Gericht eine erreichbare Adresse im Ausland eindeutig zur Verfügung gestellt wird.

Um die Schriftsätze von der Gegenpartei und vom Gericht nicht zu verpassen, sollte der ausländische Beklagte gemäß Art. 267 Nr. 4 des Zivilprozessgesetzes einen inländischen Prozessbevollmächtigten beauftragen, die Schriftsätze zu empfangen. Als Alternative ist dem Gericht eine zugängliche Faxnummer vorzulegen. Laut Art. 267 Nr. 7 des Zivilprozessgesetzes kann das Gericht die Zustellung in dem Fall durch Fax veranlassen.

3. Vollstreckung
Die Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung ist nach dem chinesischen Recht möglich. Die Anerkennung und Vollstreckung setzt aber voraus, dass die Entscheidung schon rechtskräftig geworden ist, der Gerichtsstaat eine Kooperationsvereinbarung mit China hat oder dem Prinzip der Gegenseitigkeit folgt und die Anerkennung und Vollstreckung nicht gegen die öffentlichen Interessen Chinas verstößt.

Deutschland hat zwar keine Kooperationsvereinbarung mit China abgeschlossen. Es gibt aber schon die Fälle, in denen das deutsche Gericht die Entscheidung des chinesischen Gerichts nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit anerkannt hat. Somit bestünde die Möglichkeit, dass die deutsche Entscheidung in China ebenfalls anerkannt und vollstreckt wird.

Der Antrag soll beim zuständigen Landgericht eingereicht werden. Sämtliche Dokumente, insbesondere das Versäumnisurteil und die vorherigen Klageschriftzustellungsurkunden müssen ins Chinesische übersetzt werden.

Wenn die Entscheidung des ausländischen Gerichts anerkannt wird, ist eine erneute Klage wegen des gleichen Gegenstandes vor einem chinesischen Gericht nicht mehr zulässig.