Das ACTA-Abkommen: Fluch oder Segen?

Internet, IT und Telekommunikation
27.02.2012366 Mal gelesen
Soll das ACTA-Abkommen ratifiziert werden? Diese Frage ist momentan in aller Munde und sorgt für viel Zündstoff.

Am Wochenende zogen wieder tausende Menschen auf die Straße und haben dagegen demonstriert. Sogar Wikipedia hat bereits in der Vergangenheit sich einen Tag lang abgeschaltet und Google trug einen Zensurbalken. Was genau ist das ACTA-Abkommen und was bedeutet das Abkommen für uns?

Das ACTA-Abkommen

 Das ACTA-Abkommen (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) ist ein internationales Abkommen zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen. Damit sollen Produkt- und Markenpiraterie wirksamer bekämpft werden.

 Die USA und Japan hatten das ACTA-Abkommen damals initiiert. Die Verhandlungen über ACTA begannen im Jahr 2006 am Rande des EU-Gipfels im russischen Sankt Petersburg und fanden 2007 dann auf Ministerebene statt. Wohlgemerkt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Weder die Welthandelsorganisation WTO noch die Weltorganisation für geistiges Eigentum WIPO nahmen an den Verhandlungen teil. Bis zum heutigen Tag fehlen noch die Unterschriften von Polen, Slowakei, Lettland, Bulgarien, Österreich, Tschechien und Deutschland. Doch aufgrund vieler juristischer  Bedenken, wurde die Unterzeichnung zunächst verweigert. Nun wird der Text dem EuGH vorgelegt und dieser soll prüfen, ob das Abkommen mit den europäischen Grundrechten vereinbar ist. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach hier von einer klugen Entscheidung. Die Richter am EuGH sollen klären, ob eine Verletzung des EU-Rechts auf Meinungs- und Informationsfreiheit, dem Datenschutz sowie dem Schutz des geistigen Eigentums in Betracht kommen könnte.

 

Die Unterzeichner des Ankommens verpflichten sich, Technik zur Überwindung des Kopierschutzes zu verbieten und zu verfolgen. Dies entspricht schon der aktuellen Lage in Deutschland. In früheren Fassungen des Abkommens wurde sogar vorgesehen, dass Internetanbieter, alle die von ihnen übertragenen Daten überwachen müssen. Dies würde bedeuten, dass ein Internetanbieter auch rechtlich dafür verantwortlich ist, wenn seine Kunden in einem Internetportal zum Beispiel Raubkopien online stellen. Wolle er sich also nicht straf- oder haftbar machen, müsse er die ganze Zeit seine Kunden überwachen und ggf. den Internetzugang sofort sperren. Dies hätte zur Folge, dass der Internetanbieter letztendlich für die Durchsetzung des Urheberrechts verantwortlich wäre, was aber eine rein staatliche Aufgabe darstellt und nicht den Privaten obliegt. Dieser Passus ist jedoch nicht mehr enthalten!

 Welche Bedeutung hat ACTA für uns?

 Weiterhin stellt sich die Frage, welche Bedeutung das Abkommen für uns hätte. ACTA hat momentan für Deutschland und Europa noch keine Auswirkungen auf die bestehende Rechtslage und es wurde auch mehrfach betont, dass das Abkommen zu keinen Veränderungen im europäischen oder deutschen Recht führen wird. Dies wurde in einem unabhängigen Gutachten des Rechtsdienstes des Europäischen Parlaments bereits vor einigen Monaten bestätigt und auch das Bundesjustizministerium hat dies noch mal bekräftigt. Trotz dieser Aussagen, bleibt dies jedoch abzuwarten.

Was sind die Pro und Contra des Abkommens?

Pro

  • ACTA enthält weder verpflichtende Netzsperren noch zwingende Haftungserweiterungen für Internetprovider.
  • Die Zunahme von Piraterie gerade für Deutschland, sei es für die Unternehmen oder für die Verbraucher, stelle eine große Gefahr dar und daher brauchen sie diesen Schutz.
  • Mit dem Abkommen werden zudem wesentliche Rechtsregeln der EU auf andere Staaten übertragen. Dies dient auch dem Verbraucherschutz.
  • In einigen Fällen geht zudem auch von Produktfälschungen eine Gesundheitsgefahr aus, weil in der Regel Qualitätsstandards überhaupt nicht eingehalten werden.
  • Die begangenen Rechtsverletzungen führen dazu, dass der Anreiz für Innovation und Forschung zurückgeht.
  • Die Beschlagnahmezahlen des europäischen Zolls machen deutlich, dass das Piraterieproblem nur durch eine Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit in den Griff zu bekommen sei.

 Contra

 Das Abkommen ist im Wege geheimer Verhandlungen und somit undemokratisch zustande gekommen. Dies hat verhindert, dass bereits im Vorfeld, eine konstruktive Diskussion möglich ist.

  • Es sollen zwar Marken und Patente besser geschützt werden, aber warum setzt die Regierung die bisherigen nicht besser um, bevor sie neue sucht.
  • Das derzeitige Urheberrecht schützt einseitig die Interessen der Verwertungsgesellschaften und ACTA verstärkt diesen Schutz.
  • Durch zum Teil unbestimmte und komplexe Formulierungen besteht eine hohe Missbrauchsgefahr und eine große Rechtsunsicherheit.

Ausblick

Es bleibt weiterhin spannend um das Vorankommen von ACTA. Weitere Demonstrationen dagegen sind geplant. Zunächst muss aber erstmal abgewartet werden, bis ein Urteil des EuGH vorliegt. Nach Einschätzung des Bundesjustizministeriums wird sich der Ratifizierungsprozess dadurch um ein bis zwei Jahre verzögern.  Zum Teil wird auch die Kommission kritisiert, weil man ihr vorwerfe, sie spiele auf Zeit, bis die Demonstrationen wieder abgenommen haben. EU-Justizkommissarin Viviane Reding, die für die Grundrechte zuständig ist, betont:

"Copyright-Schutz kann niemals eine Aufhebung der Meinungs- oder Informationsfreiheit rechtfertigen."

Ob dies beides in Einklang zu bringen ist, bleibt abzuwarten.


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