BGH: Sedlmayr-Mörder darf in Online-Archiv mit vollständigem Namen genannt werden

Internet, IT und Telekommunikation
08.05.2012302 Mal gelesen
Inwieweit kann ein rechtskräftig verurteilter Mörder gegen die Nennung seines vollständigen Namens in einem ausländischen Online-Archiv vor einem deutschen Gericht vorgehen und sich auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen? Hierzu hat der Bundesgerichtshof heute eine Grundsatzentscheidung getroffen, die für die Betreiber von Online-Archiven von großer Bedeutung ist.

Vorliegend geht es um einen der beiden Mörder des bekannten Volksschauspielers Walter Sedlmayr, die vom Landgericht München I am 23.05.1993 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurden. Er forderte einen in Wien ansässigen Betreiber eines Online-Archives dazu auf, dass er eine Meldung aus seinem Online-Archiv entfernt. Darin wurde unter Nennung seines vollständigen Namens darüber berichtet, dass er gegen seine rechtskräftige Verurteilung Verfassungsbeschwerde eingelegt hatte. Darüber hinaus verlangte er die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. In dieser sollte sich der Betreiber dazu verpflichtet, künftig nicht mehr seinen Namen zu veröffentlichen. Als der Betreiber des Online-Dienstes die Unterzeichnung verweigerte, verklagte er ihn. Sowohl das Landgericht Hamburg und das Oberlandesgericht Hamburg gaben seiner Unterlassungsklage statt. Doch hiergegen legte der Betreiber des Online-Archives erfolgreich Revision ein.

Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidungen der Vorinstanz auf und wies mit Urteil vom 08.05.2012 (Az. VI ZR 217/08) die Klage des Sedlmayr-Mörders ab.

Die Richter begründen das laut aktueller Pressemitteilung zunächst einmal damit, dass hier das Recht des Online-Archiv-Betreibers auf freie Meinungsäußerung gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des verurteilten Mörders-als einer Person der Zeitgeschichte-vorrangig ist.

Darüber hinaus verweisen sie unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des EuGH vom 25.10.2011 (C-509/09) darauf, dass hier auch die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichtes gegeben ist. Der Bundesgerichtshof hatte in einem vorangegangenen Zivilverfahren im Rahmen einer Vorabfrage beim EuGH geklärt, dass bei einer behaupteten Persönlichkeitsverletzung durch eine Veröffentlichung im Internet das Gericht in dem Staat angerufen werden darf, in dem der Kläger seinen Wohnsitz hat. Dies ist hier der Sedlmayr-Mörder.

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